Im Keller
alle Verwandten hierher zum Essen eingeladen.“
„Und Hovenbitzer ist tatsächlich gekommen?“
„Er wollte mich so oft wie möglich sehen.“ Eine Träne lief über ihre Wange.
„Sagen Sie mal, nehmen Sie eigentlich Tabletten gegen Unruhe oder Angstzustände?“
Diese doch eher harmlose Frage schleuderte die Frau regelrecht in die Sprachlosigkeit. Ihr Mund öffnete sich leicht, und sie schaute Arthur an, als habe er sie nach ihren ehelichen S exualpraktiken befragt. Sie schaute die Wände an, sie kaute auf ihrer Unterlippe herum, und sie schien hände- bzw. gehirnringend nach einer Antwort zu suchen.
„Das ist doch nichts Schlimmes“ , half er ihr. „Das tun doch viele Menschen.“
„Ich weiß, aber ich möchte damit aufhören“, murmelte sie, und Arthur begann zu ahnen, warum ,Berti‘ mit der Schachtel Tabletten auf sie gewartet hatte. Die Frage war nur, wo er sie herhatte.
„Wer verschreibt Ihnen denn immer dieses Medikament?“ , fragte Arthur nach. Anscheinend hatte er ins Schwarze getroffen, obwohl er noch nicht wusste, wieso.
Jedenfalls machte die Hovenbitzer innerlich endgültig alle Schotten dicht, das merkte er an der Art, wie sie durch die Zähne presste: „Dazu möchte ich nichts sagen.“
„Ist ok, kein Problem“, beruhigte er sie schnell, bevor sie gar keine Informationen mehr herausrückte. „Noch was anderes, kennen Sie einen Martin Dornsiefer? Oder wissen Sie, ob Ihr Mann mal mit ihm zu tun hatte?“
„Dornsiefer?“ Sie dachte nach. „Hat der nicht den Baumarkt von dem alten Kirchfeld übe rnommen? Kann sein, dass Berti da mal was gekauft hat. Ich glaub aber nicht, dass die zwei sich kannten. Aber was weiß ich denn ...“ Sie schaute Arthur immer noch nicht an.
„Eine letzte Frage - haben Sie vielleicht irgendeine Idee, wer Ihren Mann ermordet haben könnte?“
Schweigend starrte sie eine Weile in die Ferne und schüttelte dann den Kopf.
„Danke für Ihre Auskünfte. Und für den leckeren Kuchen und den Kaffee“ , verabschiedete sich Arthur, nachdem er sich erhoben hatte. „Jemand meldet sich bei Ihnen, sobald die Leiche Ihres Mannes freigegeben ist.“
Sie begleitete ihn zur Tür und fragte dann doch noch zaghaft: „Was ist denn überhaupt mit ihm pa ssiert?“
„Er wurde erhängt aufgefunden.“
Als sie sich ein Taschentuch auf den Mund drückte und ihre Augen groß und feucht wurden, suchte Arthur schleunigst das Weite. Im Auto atmete er erst einmal tief durch und hatte auf einmal das Bedürfnis, die Geschehnisse des Tages mit jemandem zu besprechen. Und zwar nicht mit einem Kollegen, sondern (zumindest soweit er durfte) mit Claudia Schmitz, der Erbin des Gruselhauses.
*
Claudia hängte ihre Jacke in der Diele auf einen Kleiderbügel, klopfte nacheinander an die Zimmertüren von Tochter und Sohn, um zu melden, dass sie vom Dienst zurück sei, und machte sich in die Küche erst einmal einen Kaffee.
Während die Maschine lief, sah sie die Post durch, die sie gerade mit nach oben gebracht ha tte. Werbung, Werbung, Regionalzeitung, Stromanbieter. Könnte die Jahresabrechnung sein ... wie viel musste sie diesmal nachzahlen? Claudia bekam Magenschmerzen.
Sie legte den Brief ungeöffnet beiseite, setzte sich mit dem fertigen Kaffee ins Wohnzimmer und schaltete den Fernseher ein. Eine Stunde Pause musste jetzt sein, das wus sten auch die Kinder. Nicht aber der Mensch, der sie anrief, kaum dass sie den ersten, herrlichen Schluck Kaffee zu sich genommen hatte. Eigentlich wollte sie nicht an den Apparat gehen, sie kannte auch die angezeigte Nummer nicht, aber dann dachte sie, vielleicht war es eine Nachbarin oder ein Krankenhaus, die sie informieren wollten, dass ihrer kränkelnden Mutter etwas zugestoßen war.
„Schmitz“ , meldete sie sich knapp.
„Kommissar Schüller hier. Freut mich, dass ich Sie mal erwische, ich hab’s schon ge stern ein paar Mal versucht.“
„Stellen Sie sich vor, ich musste arbeiten, und zwar länger, als ich dachte!“ , gab Claudia nicht eben freundlich zurück, aber plötzlich sah sie diese faszinierend schokobraunen Augen des Kommissars vor sich und fügte schnell ein wenig milder hinzu: „Um was geht’s denn?“
„Wir haben heute M orgen einen Heribert Hovenbitzer erhängt in seinem Garten aufgefunden. Sagt Ihnen der Name was?“
„Hovenbitzer?“ Claudia dachte nach. „Wohnte
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