Im Koenigreich der Traeume
zerknitterte Hemd schloß und mit zitternden Händen das hoffnungslos zerzauste Haar zu glätten versuchte. Es wäre schon schlimm genug gewesen, hätte er sie gezwungen, ihm zu Willen zu sein - aber er hatte keinerlei Gewalt angewendet! Als wäre sie einem Zauberbann erlegen, war sie leichtfertig und ohne jede Gegenwehr auf seine Verführung eingegangen.
Der Schock über das, was sie getan hatte - beinahe getan hatte schüttelte ihren Körper. Aber als sie versuchte, ihm die Schuld an allem zu geben, spielte ihr das Gewissen einen Streich.
Fieberhaft überlegte sie, was sie sagen oder tun könnte, wenn er zurückkam, denn trotz ihrer Naivität war ihr klar, daß er dort würde weiter machen wollen, wo er aufgehört hatte. Ihr Herz hämmerte vor Angst - nicht vor ihm, sondern vor sich selbst.
Die Minuten verstrichen, wurden zu Stunden, und ihre Angst verwandelte sich in Erstaunen und schließlich in gnädige Erschöpfung. Jenny rollte sich auf den Fellen zusammen, die Augen fielen ihr zu. Erst nach Stunden wurde sie wieder wach und sah, daß Royce neben ihr stand.
Argwöhnisch erforschte sie seine harten, unnachgiebigen Gesichtszüge, und ihr schlaftrunkener Verstand erfaßte, daß der »Geliebte«, der sie vor langer Zeit allein gelassen hatte, ebenso wenig erpicht darauf war, seine Verführung fortzusetzen, wie sie selbst.
»Es war ein Fehler«, sagte er ausdruckslos, »für uns beide. Es wird nicht wieder geschehen.«
Das war das letzte, was sie von ihm erwartet hätte. Und als er sich umdrehte und das Zelt mit schnellen Schritten verließ, mutmaßte sie, daß diese Worte seine Art waren, sie für das in einem schwachen Augenblick geschehene um Verzeihung zu bitten. Sie öffnete überrascht den Mund, schwieg aber und machte schnell die Augen zu, als Gawin hereinkam und sich auf seine Schlafstelle neben dem Eingang legte.
Kapitel sieben
Bei Sonnenaufgang wurden die Zelte abgebaut. Donnerndes Getöse erfüllte bald die Luft, als fünftausend Ritter, Söldner und Knappen durch das Tal marschierten, und dahinter ratternd die mit Bombarden, Mörsern, Rammböcken, Katapulten und all den anderen Ausrüstungsgegenständen der Streitmacht schwer beladenen Wagen rollten.
Für Jenny, die neben Brenna ritt und an beiden Seiten von bewaffneten Rittern bewacht wurde, war alles um sie herum nur noch ein Nebel aus Lärm, Staub und innerer Verwirrung. Sie wußte nicht, wohin sie ritt oder wo sie sich befand, ja, nicht einmal mehr, wer sie eigentlich war. Ihr kam es vor, als wäre die ganze Welt auf den Kopf gestellt, als hätten sich alle Menschen über Nacht verändert. Heute mußte Brenna ihre Schwester beruhigen und zuversichtlich lächeln, während Jenny, die sich immer für einigermaßen intelligent gehalten hatte, sich dabei ertappte, wie sie ständig um sich schaute, in der Hoffnung, einen Blick auf Royce Westmoreland zu erhaschen.
Sie sah ihn tatsächlich einige Male, wenn er die Reihen seiner Männer abritt, aber auch er schien ein gänzlich anderer zu sein. Auf seinem riesigen Schlachtroß und vollkommen in Schwarz gekleidet - angefangen von den hohen Stiefeln bis zu dem Umhang, der um seine breiten Schultern hing und sich hinter ihm mächtig aufblähte war er die furchterregendste, bedrohlichste Gestalt, der Jenny je begegnet war, ein todbringender Fremder, versessen darauf, ihre Familie, ihren Clan und alles, was sie liebte, zu zerstören.
In dieser Nacht lag sie neben Brenna, starrte in den Sternenhimmel und versuchte nicht an den häßlichen Belagerungsturm zu denken, der seinen unheilvollen Schatten auf die Wiese warf. Dieser Turm würde bald neben der alten Festungsmauer von Merrick in Stellung geschoben werden. Jenny hatte ihn schon in dem Tal zwischen den Bäumen gesehen, war aber nicht sicher gewesen, was das sein sollte - oder sie hatte nicht darüber nachgedacht, weil sie ihre Ängste nicht bestätigt wissen wollte.
Jetzt konnte sie kaum an etwas anderes denken und klammerte sich verzweifelt an Brennas Voraussage, daß König Jakob Truppen senden würde, die ihrem Clan in der Schlacht beistanden. Während der ganzen Zeit konnte ein winziger Teil von ihr nicht glauben, daß es je zu einer Schlacht kommen würde, weil es für sie unfaßbar war, daß der Mann, der sie so zart liebkost und leidenschaftlich geküßt hatte, imstande sein könnte, ihre Familie und ihren Clan praktisch im nächsten Atemzug kalt und gefühllos niederzumetzeln. Ihr naives Herz weigerte sich, anzunehmen, daß jemand, der sie
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