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Im Land der gefiederten Schlange

Im Land der gefiederten Schlange

Titel: Im Land der gefiederten Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: carmen lobato
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zeigte, sondern erklärte, August Messerschmidt sei schließlich auch für seine Kathi gut genug, hatte sie ihm und Marthe in die Gesichter geschrien: »Glaubt ihr nicht, dass ihr zwei mir zumindest so viel schuldig seid?«
    Am nächsten Morgen hatte Peter Traude in sein Büro in der Brauerei bestellt und ihr einen Anteil am Geschäft überschrieben. Eine Woche später war Stefan mit dem Überseekoffer, mit dem sein Großvater nach Veracruz gekommen war, in eine Postkutsche gestiegen, um nach Mexiko-Stadt zu reisen.
    Marthe zuckte zusammen. Wie lange schwiegen sie und Christoph einander schon an? Sein Gesicht war ihr vor den Augen verschwommen, jetzt aber sah sie es wieder scharf. Die ewige Müdigkeit, die Leidensmiene. »Es geht uns gut«, wiederholte sie munter. »Euch doch auch, Christoph? Wenn nicht, du weißt, du brauchst nur ein Wort zu sagen, ich kann jederzeit mit Peter sprechen.«
    Christoph verzog den Mund zu einem halben Lächeln. »Danke, du Liebe. Du hast natürlich recht. Ich mache mir höchstens ein bisschen Sorgen um diesen amerikanischen Präsidenten, der wohl keine Ruhe geben wird, ehe er uns Kalifornien abgenommen hat.«
    »Nicht uns«, fiel ihm Marthe ins Wort. »Nur Mexiko. Weshalb soll es uns kümmern, was dieses Land mit seinen Nordgebieten macht? Kalifornien oder Texas, was bedeutet das uns? Wir haben uns etwas aufgebaut. So viel, dass wir vielleicht irgendwann …« Sie brach ab. Keiner von ihnen sprach es mehr aus.
    Christoph nickte beflissen. »Ja, das stimmt, wir haben uns etwas aufgebaut.«
    »Dann sieh gefälligst nicht so sauertöpfisch drein.«
    »Weshalb denn sauertöpfisch? Sehe ich nicht immer so drein?«
    »Nein, nicht immer«, widersprach Marthe heftiger als beabsichtigt. »Du warst einmal anders, hast du das völlig vergessen? Der Schwarm der Mädchen warst du – so wie sie jetzt Traudes Klappergestell den schönen Stefan nennen, haben sie dich den feschen Christoph genannt.«
    Heiser und unfroh lachte Christoph auf. »Das ist ein Leben lang her, Marthe.«
    »In der Tat«, versetzte sie. »Es war, bevor du Inga geheiratet hast, die genauso sauertöpfisch dreinsieht wie du. Und merkt ihr beide eigentlich nicht, dass eure Tochter sich das längst von euch abgeschaut hat? Hier, gib dem armen Mädchen ein wenig Farbe.« Sie warf ihm den Schal zu, eins von den zahllosen Stücken, die sie für Katharina angeschafft hatte. »Wir feiern kein Begräbnis, sondern einen Tanz zum Advent, auch wenn ich nicht weiß, wie Traude das in ihrem Kämmerchen hinbekommen will.«
    Christoph fing den Schal und betrachtete das Muster in Rottönen. »Du kannst doch nicht Inga die Schuld geben«, murmelte er. Dann aber hob er den Kopf und fügte lauter hinzu: »Und meine Jo ist ein feines Mädchen. Es kann nicht jede ein Hansdampf wie Jette oder ein Bündel Leben wie Kathi sein.«
    »Wenn ich so etwas sage, dann nur, weil ich Jo helfen will«, verteidigte sich Marthe, und das entsprach der Wahrheit. Darüber, ob sie Jo mochte, dachte sie nie nach. Sie war ihre Nichte, sie war ein Mitglied der Familie. Wie Katharina entwuchs sie den Kinderschuhen, also würde man sich um ihre Heiratschancen kümmern müssen. Wenn es mit den Beziehungen zwischen der Hanse und Mexiko weiter gut lief, würden renommierte Händler aus der Heimat ihre Söhne hersenden. Auf diese Söhne hoffte Marthe – für Katharina, für Jo und auch für Jette, Luise und Helene. Sie hatten den Kindern so vieles unter Wert geboten, sie durften sie nicht auch noch unter Wert verheiraten und ihnen damit den Rückweg versperren. Auch wenn wir es vielleicht nicht mehr erleben, die Kinder müssen es schaffen!
    Der heutige Abend war ein Anfang, obgleich er in Traudes beengter Klitsche stattfand. Der neue Konsul samt Familie war geladen, und er würde noch einen Verwandten seiner Frau mitbringen, einen Handelsagenten aus Mexiko-Stadt, der dem Adel entstammte. In der Fremde rückten die Hanseaten zusammen, kleine Unterschiede in Rang und Stand wurden ausgelöscht. »Christoph«, begann Marthe noch einmal, »ich meine es doch gut.«
    »Ich weiß.« Sein Lächeln wirkte noch immer verkrampft. »Und ich gebe mir Mühe, das verspreche ich. Jetzt beeile ich mich besser, damit ich fertig werde, ehe Inga mit den Jungen heimkommt und man in diesem Haus keinen ruhigen Winkel mehr findet.«
    »Wo ist denn Inga?«, entfuhr es Marthe.
    Christoph zuckte mit den Schultern. »Sie muss Torben und Friedrich beschäftigen. Es sind Zwillinge, das ist, als bräche

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