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Im Land der Mond-Orchidee

Im Land der Mond-Orchidee

Titel: Im Land der Mond-Orchidee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Witt de
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Hartes in ihr
heran.
    Sie machte sich selber Vorwürfe, dass diese Feindseligkeit von ihr
ausginge, nicht von dem unschuldigen Kind; dass der Zorn, den sie gegen den
Vater empfand, sich auf das Kind übertrug, aber sie hatte ihre Zweifel daran.
Das Kind mochte sie nicht. Frieder hatte etwas in ihr hinterlassen, das ihr mit
Abneigung begegnete, noch ehe es richtig Gestalt angenommen hatte. Hatte er es
schon in dem Bewusstsein gezeugt, dass er sie loswerden wollte? Hatte er in
dieser Nacht schon den Plan gehegt, sie mit einem so gemeinen Trick aus seinem
Leben zu werfen? Warum hatte er sich nicht wenigstens von ihr fernhalten und
ihr diese Belastung ersparen können?
    Sie wagte nicht, mit irgendjemand darüber zu sprechen. Dr. Anderlies
würde sie zweifellos mit dem Hinweis zu trösten suchen, dass Schwangere von
allerlei unüblichen Gelüsten und Gefühlen geplagt würden, da der ganze Körper
durch die Reifung des Kindes durcheinandergebracht wurde. Und Paula war in
diesen Dingen noch unerfahrener als sie selber – sie hatte bislang ja noch
nicht einmal einen Mann gehabt. Und würde wohl auch keinen mehr abkriegen,
setzte Neele in Gedanken hinzu. Mit vierundzwanzig Jahren war sie längst eine
alte Jungfer.
    Jeden Morgen aß sie ihr Frühstück und hätte genauso gut darauf
verzichten können, denn nach dem letzten Bissen stürzte sie zumeist auf die
Plumpstoilette und gab alles wieder von sich. Dabei hatte sie noch Glück, wenn
der Abtritt nicht gerade besetzt war und sie die schwankende Hühnertreppe
hinaufrennen musste, um sich oben über die Reling zu beugen. Viele Passagiere
litten an Seekrankheit oder Durchfall, sodass die Nachfrage groß war, und kaum
hatte sie die Tür hinter sich geschlossen, polterte schon jemand dagegen. Sie
wagte sich gar nicht vorzustellen, wie das in den Zeiten gewesen sein mochte,
als es gerade einmal ein Dutzend sanitärer Einrichtungen für hundert oder
zweihundert Passagiere gegeben hatte. Als sie über diesen Mangel an Hygiene
klagten, musste ihnen Lennert sagen, dass ihnen noch Schlimmeres bevorstand.
»Wirklich gefährlich wird es erst in den heißen Gegenden«, sagte er. »Da
gedeihen die Erreger, und sobald man in einem Hafen anlegt, überlaufen sie das
Schiff. So viel schrubben kann man gar nicht, dass man sie fernhält. Und
heutzutage setzt man wenigstens alles dran, die Schiffe sauber zu halten und
auch die Zwischendeckpassagiere ordentlich zu versorgen – früher starben bei
jeder Reise drei von hundert Auswanderern, so jämmerlich ging es auf den
Schiffen zu.«
    Den größten Teil der Zeit fühlte Neele sich so elend, dass sie
zuerst kaum merkte, wie sich die Welt um sie herum veränderte – wie es
zusehends sommerlicher wurde. Nachdem die Meisje Mariaan die Straße von Gibraltar passiert hatte und ins Mittelmeer eingefahren war
wurde es wundervoll warm und sonnig. Die Zwischendeckpassagiere saßen jetzt oft
den ganzen Tag an Deck, genossen die frische Luft, lachten und scherzten. Die
üble Laune, die sich bislang breitgemacht hatte, war verschwunden. Man freute
sich allgemein an den warmen Tagen und den milden Nächten mit den großen,
glänzenden Sternen. Lennert warnte die beiden Frauen jedoch, dass es nicht so
bleiben würde. Jetzt waren die Tage angenehm, nicht zu heiß und nicht zu kalt,
aber wenn sie erst die Tropen erreichten, würde das vom Maschinenraum her
ohnehin aufgeheizte Zwischendeck sich in eine feuchtheiße Hölle verwandeln, in
der das Schlafen nachts nahezu unmöglich war. Neele wurde angst und bang bei
dieser Ankündigung, denn mit jedem Tag, mit dem ihre Schwangerschaft
fortschritt, würde sie auch schwerer zu ertragen sein.
    In Algier sah sie zum ersten Mal einen afrikanischen Hafen. Die Meisje Mariaan ankerte dort einen Tag und eine Nacht lang,
um Kohle für die Maschinen zu bunkern, Vorräte an Bord zu nehmen und die Ratten
auszuräuchern. Die afrikanische Hafenstadt bot ein wunderbar buntes Bild mit
ihrer Unzahl von Farben und Würzgerüchen und dem teils melodischen, teils
ohrenzerreißenden Lärm, der aus den engen Hafengassen heraufhallte. Händler
rannten hin und her und boten lockend ihre wundervollen Stoffe und Schmuckstücke
an, wobei einer den anderen mit den Preisen unterbot. Die meisten Passagiere
lechzten nach der endlosen feuchten Tristesse auf See danach, an Land zu gehen,
aber der Kapitän

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