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Im Land der Orangenbluten

Im Land der Orangenbluten

Titel: Im Land der Orangenbluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: belago
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störte Klara nicht weiter. »So schlimm ist es hier doch nun wirklich nicht. Das Wetter ist gut, man muss sich nicht überarbeiten, und so viele Kranke gibt es auch nicht.«
    In der Tat war es verdächtig ruhig in der Station. Erika vermutete, dass Klara auf die Menschen hier möglicherweise abschreckend wirkte. Die Sklaven der Mission schrumpften immer um einige Zoll, wenn Klara vorüberschritt. Dabei tat sie ihnen nichts. Eigentlich war sie ein guter Mensch, wenn da nur nicht diese beachtliche Größe wäre.
    Erika brannte natürlich eine ganz andere Sache auf der Seele. »Hat Josefa vielleicht eine Nachricht für mich hinterlassen? Oder ... oder hat sich sonst jemand gemeldet hier?«
    Klara runzelte die Stirn und schien nachzudenken, dann sagte sie knapp: »Nein.«
    Erika sackte traurig in sich zusammen. Reinhard hatte sich also nicht bei der Mission in der Stadt gemeldet.
    »Erwartest du denn Nachricht, Schwester?«
    Erikas trübsinniger Gesichtsausdruck schien in Klara doch irgendetwas zu regen.
    »Ja, eigentlich schon. Ich hatte gehofft, mein Mann Reinhard hätte sich gemeldet. Er ging vor zwei Jahren ins Hinterland, seitdem habe ich nichts von ihm gehört.«
    »Hm.« Klara zog nur die Augenbrauen hoch und ließ einen kurzen tadelnden Blick auf Erikas wachsendem Babybäuchlein ruhen.
    Erika senkte beschämt den Kopf. Das konnte sie Klara nicht erklären, und sie wollte es auch nicht.
    »Reinhard sagst du? Hm.« Klara ließ sich auf eines der Betten nieder, das prompt ein knarrendes Geräusch von sich gab und sich sichtlich durchbog. »Da gab es mal eine Nachricht aus Batavia. Ist vielleicht ein Jahr her. Der Bruder dort schrieb, er habe nun Unterstützung bekommen. Da ich keinen anderen Bruder wüsste, der vermisst wird oder dessen Verbleib ungeklärt wäre, seit ich hier bin ...«
    »Batavia?«, fragte Erika hoffnungsvoll. »Das ist doch eine Missionsstation am Fluss Coppename? Da könnte ich doch ...«
    Klara erhob sich, stemmte die Hände in die Hüften und betrachtete Erika streng. »Schwester, wie lange bist du schon im Land?«
    »Ungefähr zwei Jahre.« Klara schnaubte. »Na, viel hast du hier noch nicht gelernt, oder?« Ihr tadelnder Ton war nicht zu überhören. »Batavia ist eine Station der Mission, ja, aber eine Leprastation. Schlag dir also aus dem Kopf, dorthin zu fahren!«
    »Lepra?« Erika wurde blass. »Aber ...«
    »Da gibt es kein Aber, Mädchen, wer da erst mal ist ... Die Kolonieverwaltung sieht es nicht so gern, wenn man dann wiederkommt.«
    »Aber irgendwie muss man doch herausfinden können, ob Reinhard wirklich da ist!«
    Klara wiegte sich etwas und überlegte. »Wir könnten es mit einem Brief versuchen.«
    »Brief?« Erika schnaubte. »Ich habe seit zwei Jahren nichts von meinem Mann gehört. Vielleicht ist er krank, vielleicht braucht er meine Hilfe? Ich muss dahin!«
    »Dann überleg dir gut, wie du das anstellen willst, zumal du nicht reisen solltest in deinem ... Zustand.« Erika blickte schuldbewusst an sich herab. Das Kind. Sie verdrängte ihre Schwangerschaft immer noch, obwohl es sich natürlich auch nach außen schon lange nicht mehr verleugnen ließ. Klaras Gesicht bekam einen etwas milderen Ausdruck. »In der Zwischenzeit kannst du mir ja hier helfen.«

Kapitel 7
    Es hatte funktioniert! Es hatte in der Tat funktioniert, auch wenn es sehr lange gedauert hatte. Kiri war sich sicher, dass ihr nächtliches Ritual nun endlich Früchte trug: Die Geister hatten sie erhört, die Misi war schwanger. Die Misi hatte es ihr zwar noch nicht direkt gesagt, aber Amru hatte merkwürdige Andeutungen gemacht. Und dann war da noch die allgegenwärtige Übelkeit der Misi ... Kiri kannte das von den Sklavenfrauen. Es war ein eindeutiges Zeichen.
    Kiri wunderte es allerdings, dass die Misi anscheinend noch niemandem von ihrer Schwangerschaft erzählt hatte. Selbst Amru, die es sicherlich wusste, war offiziell nicht eingeweiht. Es stand Kiri nicht zu, darüber zu urteilen, aber ein bisschen ungeduldig wurde sie mit der Zeit schon. Beschwingt schritt sie nun zwischen den Hütten des Sklavendorfes hindurch. Es war schon spät am Abend, sie hatte der Misi noch ein Bad hergerichtet und dann gehen dürfen.
    Jetzt würde sich einiges ändern, da war Kiri sich sicher. Wenn der Masra endlich mit der Misi ein Kind hatte, am besten einen Sohn, dann würde der Masra ganz sicher nicht mehr einmal in der Woche nach Paramaribo fahren. Kiri wusste nur zu gut, was er dort trieb. Aber vor allem würde Masra

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