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Im Land der Orangenbluten

Im Land der Orangenbluten

Titel: Im Land der Orangenbluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: belago
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kleine Handarbeiten durchzuführen. Wenn du mir schon Gesellschaft leistet, dann sollst du dich auch beschäftigen, hatte sie ihr erklärt.
    Beide erschraken, als Karl plötzlich tropfnass durch die Tür gepoltert kam.
    »Was sitzt du hier rum, Juliette? Komm nach unten, die Sachen müssen weggeräumt werden. Na los!«, donnerte er, während er auf die Misi zustapfte, wobei seine Stiefel große matschige Pfützen auf dem Holzboden hinterließen, und sie vom Sessel hochzog. »Du auch!«, bellte er. Als er die Misi schon zur Tür schob, gab er Kiri einen Fußtritt. Sie sprang auf und eilte sich, den beiden zu folgen.
    »Karl, was ist denn los, lass mich los!« Misi Juliette löste sich aus dem Griff des Masra. Kiri sah, dass er ihr trotzdem noch einen ungelenken Schubs in Richtung Treppe gab.
    »Was hier los ist?«, blaffte er. »Das Haus steht gleich unter Wasser, und du sitzt da oben seelenruhig rum. Los! Sag den Mädchen, was sie wegschaffen müssen. Ich muss zurück auf die Felder, bleib im Haus, am besten gehst du nach oben zu Martina und Pieter!«
    »Wegschaffen?« Es war Misi Juliette deutlich anzusehen, dass sie kein Wort von dem verstand, was er sagte.
    Masra Karl fluchte nur und stürmte an ihnen vorbei nach unten und aus dem Haus. Unten an der Treppe standen bereits die Hausmädchen mit großen verängstigten Augen. So richtig schien keiner zu wissen, was zu tun war. Dann kam Amru durch den hinteren Flur gestürzt.
    »Los, los!« Sie fuchtelte mit den Armen. »Alles was ihr tragen könnt, in die obere Etage.« Nun kam Leben in die Mädchen, sie eilten sofort in die einzelnen Räume.
    »Amru, was ist denn los, um Himmels willen?« Misi Juliette stand immer noch auf der untersten Treppenstufe, Kiri regungslos daneben.
    »Der Fluss, das Wasser steigt, schnell!«, antwortete Amru knapp.
    Kiri sah aus den Augenwinkeln, wie die Misi zusammenzuckte. »Wird es bis zum Haus kommen?«, fragte sie ängstlich, aber Amru war bereits im Speisezimmer verschwunden. Kiri hatte so einen Aufruhr noch nicht erlebt. Die Hausmädchen hasteten unterdessen vollbepackt mit Tischwäsche, Vorhängen und dem guten Tafelgeschirr an ihr und der Misi vorbei in die obere Etage. Dass der Fluss gar bis zum Plantagenhaus steigen würde ... Kiri konnte sich das nicht vorstellen. So heftig konnte der Regen doch nicht sein, es regnete immer mal, aber bis hinauf zum Haus ... und dass dabei Dinge weggeschwemmt wurden ...
    Amru tauchte sichtlich besorgt im Türrahmen auf. »Misi Juliette sollte besser nach oben gehen.«
    Die jedoch bewegte sich keinen Millimeter. »Amru, was ist mit dem Sklavendorf?« Die Sorge war ihrer Stimme anzuhören.
    Amru zuckte nur die Achseln und verschwand.
    Plötzlich kam Leben in ihre Misi. »Kiri, komm!«, sagte sie laut, raffte ihren Rock und marschierte schnurstracks aus dem Haus.
    »Oh, Misi, ich weiß nicht, ob das gut ist ...« Kiri wusste, dass sie ihrer Misi folgen musste, wagte aber trotzdem einen leisen Protestversuch. Sie warf angsterfüllt einen Blick auf den Garten, durch den sich schon das Wasser schob. Der Fluss schien sich in dieser kurzen Zeit um das Doppelte verbreitert zu haben.
    Die Misi jedoch ließ keinen Einwand zu. »Wir müssen zum Dorf, die Hütten ...« Sie lief los.
    Kiri stolperte und rutschte hinter ihrer Misi her. Der Boden war knöcheltief aufgeweicht, und immer noch schüttete es wie aus Kübeln. Sturmböen rissen an den Palmen und peitschten das Wasser zusätzlich auf.
    Im Dorf standen die Frauen mit ihren Kindern auf dem Arm und an den Händen unschlüssig vor ihren Hütten. »Wo sind eure Männer?«, schrie die Misi atemlos durch den Sturm, als sie vor ihnen standen.
    »Der Masra hat alle auf die Felder geschickt, die Gräben müssen freigehalten werden, sonst ...«
    »Sonst was?«, rief die Misi aufgebracht. »Hier steht gleich alles unter Wasser, und der Masra hat Sorge um seine Felder?« Sie schien einen Moment fassungslos, dann rief sie mit entschlossener Stimme: »Kiri, los! Schick alle zum Gästehaus, alle Frauen und Kinder! Dass mir keiner hier im Dorf bleibt. Und alle in die obere Etage!« Zunächst zögerten die Sklavenfrauen. Was die Misi von ihnen verlangte, war ungeheuerlich: Sie sollten sich in das Gästehaus begeben, das Haus für die Weißen? Unschlüssig blieben sie im Schlamm stehen, während die Misi einer Frau ihr Baby abnahm, damit die Mutter ihre anderen beiden Kinder bei der Hand nehmen konnte. Das Wasser stand allen bereits bis zu den Knöchel und stieg

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