Im Land der Orangenbluten
größere Ration, die kranken Kinder brauchen gutes Essen.«
Misi Martina schien kurz darüber nachzudenken. Als Masra Pieter von den Feldern kam, wagte sie es, ihn darauf anzusprechen, aber Masra Pieter erstickte Amrus Vorschlag im Keim. »Ach, faul herumliegen und sich dann noch fettfressen – das täte den Negern so passen! Nichts da! Wer wenig arbeitet, muss auch nur wenig essen.«
»Aber Pieter, vielleicht ... ich meine ... die Kinder?«
»Unsere Neger haben alle Kostäcker – sollen sie sich doch selbst versorgen! Wenn die jetzt schon zu faul sind, ihre eigenen Gärten zu beackern ... Martina, der Plantage geht es wirtschaftlich gerade nicht so gut, dass ich die durchfüttern könnte wie die Maden. Ich werde es noch einmal mit den Medikamenten versuchen, ich habe da aus Europa eine neue Rezeptur ...«
Misi Martina war dabei ganz offensichtlich nicht wohl. »Aber beim letzten Mal ...«
Ihr Einwand führte nicht dazu, dass Masra Pieter sich beruhigte, im Gegenteil. »Was weißt du schon! Die Zusammensetzung wurde nochmals verbessert. Diesmal wird es keine Probleme geben. Zudem gibt es eine kleine Entschädigung von dort, wenn wir die Mittel hier an unseren Sklaven erproben.«
Als Kiri Amru berichtete, wie das Gespräch ausgegangen war, gab Amru nur ein unwirsches Prusten von sich.
»Wenn der Masra so weitermacht, hat er bald gar keine Sklaven mehr.«
Auch Kiri fühlte sich zunehmend schlapper. Sie war inzwischen im sechsten Monat der Schwangerschaft, und durch das unangenehme Wetter hatte sie das Gefühl, aufzuquellen wie ein Schwamm. Manchmal fühlte sie sich am Abend fiebrig. Sorgfältig umlegte sie ihre Beine dann mit kühlen Wickeln. Sie durfte nicht krank werden, nicht solange Misi Juliette nicht wieder da war.
Um sie herum jedoch verschlimmerte sich die Situation. So viele Sklaven waren noch nie vom Fieber gepackt worden. Fast in jeder Hütte lag eine kranke Person.
Es dauerte nicht lange, bis Masra Pieter die Kranken in das Versammlungshaus bringen ließ und ihnen seine Spritzen setzte. Jeder, der sich weigerte, wurde gnadenlos ausgepeitscht, bis er freiwillig den Arm hinhielt.
In der Nacht zuvor hatten zwei junge Burschen, mit Fieber, aber noch fähig zu laufen, versucht, die Plantage zu verlassen.
»Lieber sterben wir im Wald als durch diese Medizin des weißen Mannes«, hatten sie gesagt. Als die Basyas merkten, dass es Flüchtige gab, ließen sie die Hunde los.
Amru hatte Masra Pieter beschworen, noch abzuwarten. »Das Fieber kommt und geht jedes Jahr!« Aber er schickte sie weg.
Wenige Tage, nachdem Masra Pieter die Männer behandelt hatte, ging es einigen noch schlechter. Zum Fieber kamen Erbrechen und ein Delirium; sie wussten nicht mehr, wo sie waren, die Kinder schrien ununterbrochen oder waren gar nicht mehr ansprechbar.
Im Sklavendorf brach Chaos aus.
Kapitel 9
Als Julie ein paar Tage später im Haus von Suzanna eintraf, trug diese bereits einen Korb mit Früchten in die Küche.
»Suzanna, meinen Sie, Sie sind dafür schon wieder kräftig genug? Sie müssen das doch gar nicht, ich bringe Ihnen etwas mit ...«
»Juliette, ich habe das nicht für mich geholt. Wissen Sie, ich muss ja irgendwie meinen Lebensunterhalt bestreiten.« Suzanna sprach Julie seit dem ersten Tag beim Vornamen an, der Name Leevken schien ihr nicht über die Lippen kommen zu wollen. Julie war nicht böse darum. Im Grunde wäre es ihr lieber gewesen, sie hätte diese Frau unter anderen Umständen kennengelernt. Seit ihrem ausführlichen Gespräch über Karl vermieden sie es beide, seinen Namen zu erwähnen. Was gesagt werden musste, war gesagt.
Suzanna stellte den Korb mit den Früchten auf den Tisch und zog sich einen Stuhl heran, auf den sie sich erschöpft niederließ. Die Anstrengung war ihr anzusehen, das Fieber hatte sie vermutlich stärker geschwächt, als sie wirklich zugeben wollte.
»Ich muss damit morgen zum Markt.«
»Meinen Sie wirklich, dass das geht?« Auch Julie setzte sich an den Tisch.
»Wenn ich die Früchte verderben lasse, hilft mir das auch nicht.«
»Gehört ... der Kostacker, gehört der zum Haus?«
Julie bekam plötzlich Angst, dass Suzanna nicht nur das Dach über dem Kopf verlieren könnte, sondern auch ihre Lebensgrundlage.
Suzanna schüttelte den Kopf. »Nein. Den habe ich damals von meiner Mutter übernommen. Er ist nicht groß, reicht aber gerade aus, um uns zu ernähren und ein bisschen was zu verkaufen.«
Julie überlegte, wie sie Suzanna helfen konnte. Geld würde
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