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Im Land der tausend Sonnen

Titel: Im Land der tausend Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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könnten Sie es versuchen. Ich komme morgen noch einmal wieder. Heute Nacht bleibe ich bei Pastor Beitz an der Taylor's Road«, erklärte er trotzig und bereute es unverzüglich.
            »Gut«, fuhr Stenning ihn an. »Gehen Sie hin und sagen Sie diesem Ochsen Walther Badke, dass ich ihn mit der Peitsche jagen werde, wenn er nicht die Finger von meiner Tochter lässt. Und Sie brauchen morgen nicht wieder herzukommen. Die Antwort wäre doch dieselbe.«
             
            Beitz war sehr erfreut, ihn zu sehen. »Ah, Jakob, mein lieber Mann. Wie schön, dich endlich wiederzusehen. Wie es aussieht, hat der Herr es gut mit dir gemeint. Und wie geht es Karl und Frieda? Komm. Setz dich. Wir haben so viel zu besprechen.«
            Jakob sah mit Staunen, wie viel Land sie bereits gerodet hatten. Zur Straße hin war eine gute halbe Meile Busch abgetragen worden, und das Gebiet sah sehr einladend, beinahe parkähnlich aus mit den großen alten Bäumen, die sie stehen hatten lassen, und den zahlreichen farbenfrohen einheimischen Stauden, von denen er einige schon aus eigener Erfahrung identifizieren konnte, wenngleich eigentlich Frieda die Expertin war. Als er über das Land des alten Pastors schritt, musste er unwillkürlich den herrlichen Garten bewundern, den sie angelegt hatten. Leuchtender Hibiskus, rote und goldene Grevilleas und Banksien, Kohlpalmen, sogar Orchideen – wie in Friedas Buch über die australische Fauna.
            Und natürlich waren jetzt, da ein Zugang zu diesem Zauberwald mit all seinen Schätzen geschaffen war, Vögel in allen Formen, Farben und Größen zu sehen. Jakob beobachtete ganz benommen Hunderte von graurosa Papageien, die im Gras nach Nahrung suchten.
            Beitz eilte ihm nach. »Wo warst du denn plötzlich? Ich dachte, du folgst mir. Jakob, wenn du weiter in diese Richtung gehst, könntest du dich verirren. Der Dschungel da drinnen, unser Dschungel, ist erbarmungslos, glaub mir. Verschluckt dich mit Haut und Haaren. Komm zurück, hier entlang. Hier haben wir gebaut, um unter uns und näher am Bach zu sein. So, da sind wir. Wie findest du das?«
            Es war ein kleines Dorf mit sechs strohgedeckten Hütten, alle recht groß, alle aus Gestrüpp und kahlen Ästen statt aus Bauholz errichtet. Türen gab es nicht, in manchen Fällen bestanden die Hütten sogar nur aus drei Wänden. Mitten zwischen den Hütten stand ein langer Tisch unter dem Schutz eines Strohdachs, das sie an Seilen befestigt hatten, die von Baum zu Baum gespannt waren.
            Jakob vergaß, den Mund zu schließen. Sie lebten ja wie Eingeborene. Es war ihm peinlich, dass der traurige Rest ihrer Gemeinde so tief gesunken war. Auf der Stelle würde er seinen Zehnten entrichten und alle anderen drängen, es ebenso zu halten.
            »Haben die Eingeborenen euch die Hütten gebaut?«, fragte er zaghaft, und Beitz brach in fröhliches Gelächter aus.
            »Du liebe Zeit, nein. Oh Gott, nein! Sie halten unsere Unterkünfte für ziemlich prächtig. Zu prächtig. Das beeindruckt sie kein bisschen. Für sie besteht eine Unterkunft lediglich aus einem Dach, ohne all diesen Luxus. Komm, schau es dir an, mein Haus ist wirklich schön geworden.«
            Jakob holte tief Luft. Er schüttelte den Kopf, als wollte er sein Gehirn zurechtrücken, als müsste er sich anstrengen, um zu begreifen, was hier vor sich ging. Beitz sah zehn Jahre jünger aus und verhielt sich auch so. Er trug immer noch das Kreuz an einer Kette um den Hals, aber der schwarze Lutherrock war verschwunden. Verschlissen, überlegte Jakob und dachte schmerzvoll an seinen eigenen schwindenden Bestand an Kleidung. Jetzt trug Pastor Beitz ein grobes Leinenhemd und Leinenhosen, die von einem dünnen Seil gehalten wurden. Aber er wirkte glücklich. Vorbei war es mit dem gelehrten, hochtrabenden Tonfall, den er früher gepflegt hatte. Stattdessen vernahm Jakob das in der Gegend gebräuchliche Englisch mitsamt seinem trockenen Unterton, als verberge sich hinter allem irgendein Scherz. Wie auch immer, Beitz lächelte von einem Ohr zum anderen.
            Und der Pastor sah außerdem gesund aus, und das lange graue Haar sowie der Bart beeinträchtigten in keiner Weise die Lebhaftigkeit seiner strahlenden braunen Augen. Beitz hatte endlich, in den späten Siebzigern, sein lebenslang angestrebtes Ziel vor Augen: Missionar zu sein, eine eigene Mission weit, weit weg im Land der Wilden

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