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Im Land der weissen Rose

Im Land der weissen Rose

Titel: Im Land der weissen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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für sich und
bewahrte James’ verstohlene, zärtliche Blicke im Alltag
wie einen Schatz. Nie wieder würde er ihr jetzt geheimnisvoll
zuzwinkern. Nie wieder beiläufig »Guten Tag, Miss Gwyn«
oder »Aber sicher, Miss Gwyn«, murmeln, wenn sie einander
in Gesellschaft trafen.
    Nie wieder würde er ihr einen raschen Kuss rauben, wenn
gerade niemand hinsah, und nie wieder würde sie ihn dafür
tadeln, solche Risiken einzugehen.
    Sie zögerte den Augenblick der Wahrheit immer weiter hinaus.
    Dann aber ging es nicht mehr anders. Gwyneira war eben vom Reiten
zurückgekommen, als James ihr winkte und sie lächelnd in
eine leere Pferdebox zog. Er wollte sie küssen, doch Gwyn entzog
sich seiner Umarmung.
    Â»Nicht hier, James ...«
    Â»Aber morgen, im Ring der steinernen Krieger. Ich treibe die
Mutterschafe aus. Wenn du magst, kannst du mitkommen. Ich habe Mr.
Gerald gegenüber schon erwähnt, dass ich Cleo gut brauchen
könnte.« Er zwinkerte ihr vielsagend zu. »Das war
nicht mal gelogen. Wir überlassen ihr und Daimon die Schafe, und
wir zwei spielen ein bisschen ݆berleben in der
Wildnis‹.«
    Â»Tut mir Leid, James.« Gwyn wusste nicht, wie sie es
anfangen sollte. »Aber das geht nicht mehr...«
    James runzelte die Stirn. »Was geht nicht mehr? Hast du
morgen keine Zeit? Kommt wieder ein Besucher? Mr. Gerald hat gar
nichts gesagt ...«
    Gerald Warden schien sich in den letzten Monaten zunehmend einsam
zu fühlen. Auf jeden Fall lud er immer häufiger Leute nach
Kiward Station ein, oft Wollhändler oder betuchte Neusiedler,
denen er tagsüber seine Musterfarm vorführen konnte und die
abends mit ihm zechten.
    Gwyneira schüttelte den Kopf. »Nein, James, es ist
nur... Ich bin schwanger.« Jetzt war es heraus.
    Â»Du bist schwanger? Das ist ja wundervoll!« Spontan
nahm James sie in die Arme und schwenkte sie herum. »Oh ja, du
hast auch schon zugenommen«, neckte er sie. »Bald werde
ich euch beide nicht mehr hochheben können.«
    Als er sah, dass sie nicht lächelte, wurde er schlagartig
ernst. »Was ist, Gwyn? Freust du dich denn gar nicht?«
    Â»Natürlich freue ich mich«, sagte Gwyn und wurde
rot. »Aber es tut mir auch ein bisschen Leid. Es... es hat mir
Spaß gemacht mit dir.«
    James lachte. »Also gibt es vorerst keinen Grund, damit
aufzuhören.« Er wollte sie küssen, doch sie wehrte
ihn ab.
    Â»Es geht nicht um Lust!«, sagte sie heftig. »Es
geht um Moral. Wir dürfen es nicht mehr.« Sie sah ihn an.
In ihrem Blick stand Trauer, aber auch Entschlossenheit.
    Â»Gwyn, verstehe ich das richtig?«, fragte James
betroffen. »Du willst Schluss machen, alles wegwerfen, was wir
gemeinsam hatten? Ich dachte, du liebst mich!«
    Â»Um Liebe geht es doch gar nicht«, sagte Gwyneira
leise. »Ich bin verheiratet, James. Ich darf keinen anderen
Mann lieben. Und wir waren uns doch von Anfang an einig, dass du mir
nur helfen willst, meine ... meine Ehe mit einem Kind zu segnen.«
Sie hasste es, so pathetisch zu klingen, aber sie wusste nicht, wie
sie es sonst ausdrücken sollte. Und sie wollte auf keinen Fall
weinen.
    Â»Gwyneira, ich liebe dich, seit ich dich zum ersten Mal
gesehen habe. Das ist einfach ... passiert, so wie es regnet oder die
Sonne scheint. Man kann es nicht ändern.«
    Â»Bei Regen kann man sich unterstellen«, sagte Gwyneira
leise. »Und bei Sonne in den Schatten gehen. Ich kann Regen und
Hitze nicht verhindern, aber ich muss nicht nass werden oder mir die
Haut verbrennen ...«
    James zog sie an sich. »Gwyneira, du liebst mich doch auch.
Komm mit mir. Wir gehen weg von hier und fangen irgendwo anders neu
an ...«
    Â»Und wohin gehen wir, James?«, fragte sie spöttisch,
um nicht verzweifelt zu klingen. »Auf welcher Schaffarm willst
du arbeiten, wenn erst bekannt wird, dass du Lucas’ Wardens
Frau entführt hast? Die ganze Südinsel kennt die Wardens.
Glaubst du, Gerald lässt dich damit durchkommen?«
    Â»Bist du mit Gerald verheiratet oder mit Lucas? Und egal wer
von den beiden – gegen mich hat weder der eine noch der andere
eine Chance!« James ballte die Fäuste.
    Â»Ach ja? Und in welcher Disziplin willst du dich mit ihnen
messen? Faustkampf oder Pistolenschießen? Und dann fliehen wir
in die Wildnis und leben von Nüssen und Beeren?« Gwyneira
hasste es, mit ihm zu streiten. Sie hatte

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