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Im Land der weissen Rose

Im Land der weissen Rose

Titel: Im Land der weissen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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falsch mache. Und
ich sollte Babykleider häkeln. Glaubst du, das kann man in neun
Monaten lernen?«
    Â 

11
    Gwyneiras Schwangerschaft verlief ohne jegliche Zwischenfälle.
Sogar die berühmte Übelkeit in den ersten drei Monaten fiel
glimpflich aus. So nahm sie auch die Warnungen ihrer Mutter nicht
ernst, die sie praktisch seit ihrer Eheschließung beschwor, nun
doch um Himmels willen mit dem Reiten aufzuhören. Stattdessen
nutzte Gwyn fast jeden schönen Tag, um Helen oder Mrs. Candler
zubesuchen – und damit James McKenzie aus dem Weg zu
gehen.Anfangs schmerzte jeder Blick, den sie auf ihn richtete, und
soweit es eben ging, versuchten beide, sich gar nicht erst zu
begegnen. Wenn sie aber doch aufeinander trafen, schauten beide
betreten weg, bemüht, den Schmerz und die Trauer in den Augen
des anderen nicht sehen zu müssen.
    So verbrachte Gwyn viel Zeit mit Helen und dem kleinen Ruben,
lernte ihn zu wickeln und Wiegenlieder zu singen, während Helen
Babyjäckchen für Gwyneira strickte.
    Â»Bloß kein Rosa!«, bemerkte Gwyn entsetzt, als
Helen einen bunten Strampler in Angriff nahm, um Wollreste zu
verbrauchen. »Es wird doch ein Junge!«
    Â»Woher willst du das denn wissen?«, erwiderte Helen.
»Und ein Mädchen wäre doch auch nett.«
    Gwyneira graute vor der Vorstellung, den erwünschten
männlichen Erben nicht liefern zu können. Sie selbst hatte
sich eigentlich noch nie über ein Kind Gedanken gemacht. Erst
jetzt, da sie sich um Ruben kümmerte und täglich
miterlebte, dass der Winzling schon ziemlich genaue Vorstellungen
davon hatte, was er mochte und was nicht, wurde ihr klar, dass sie
nicht einfach den Erben von Kiward Station in sich trug. Was da
wuchs, war ein kleines Wesen mit einer einzigartigen Persönlichkeit,
das durchaus weiblich sein konnte – und das sie jetzt schon
dazu verurteilt hatte, mit einer Lüge zu leben. Wenn Gwyneira zu
viel nachdachte, spürte sie Gewissensbisse gegenüber dem
Kind, das seinen wirklichen Vater nie kennen lernen sollte. Also
grübelte sie besser gar nicht erst, sondern half Helen bei deren
schier endloser Hausarbeit – Gwyneira konnte melken – und
in der Schule der Maori-Kinder, die immer größer wurde.
Helen unterrichtete jetzt zwei Klassen, und zu ihrer Verwunderung
traf Gwyn drei der Nackedeis wieder, die sonst im See von Kiward
Station planschten.
    Â»Die Söhne vom Häuptling und seinem Bruder«,
erklärte Helen. »Ihre Väter wollen, dass sie etwas
lernen, deshalb haben sie die Kinder zu Verwandten in das hiesige
Dorf geschickt. Ein ziemlicher Aufwand. Es fordert den Kindern
einiges ab. Wenn sie Heimweh haben, gehen sie nach Hause – zu
Fuß! Und der Kleine da hat dauernd Heimweh!«
    Sie wies auf einen hübschen Jungen mit lockigen schwarzen
Haaren.
    Gwyneira fielen James’ Bemerkungen zu den Maoris wieder ein
und dass zu kluge Kinder den Weißen gefährlich werden
könnten.
    Helen zuckte die Schultern, als Gwyn ihr davon erzählte.
»Wenn ich sie nicht unterrichte, tut es jemand anders. Und wenn
es nicht diese Generation lernt, dann die nächste.Außerdem
ist es ein Ding der Unmöglichkeit, Menschen die Bildung zu
verweigern!«
    Â»Nun reg dich nicht auf.« Gwyneira hob beschwichtigend
die Hand. »Ich bin die Letzte, die dich hindert.Aber es wäre
auch nicht gut, wenn es Krieg gäbe.«
    Â»Ach, die Maoris sind friedlich«, winkte Helen ab.
»Sie wollen von uns lernen. Ich glaube, sie haben erkannt, dass
Zivilisation das Leben leichter macht.Außerdem ist es hier
sowieso anders als in den sonstigen Kolonien. Die Maoris sind keine
Ureinwohner. Sie sind selbst Einwanderer.«
    Â»Im Ernst?« Gwyneira staunte. Davon hatte sie noch nie
gehört.
    Â»Ja. Natürlich sind sie schon viel, viel länger da
als wir«, sagte Helen. »Aber nicht seit undenklichen
Zeiten. Es heißt, sie kamen ungefähr Anfang des 14.
Jahrhunderts. Mit sieben Doppelkanus, das wissen sie noch genau. Jede
Familie kann ihre Herkunft auf die Besatzung eines dieser Kanus
zurückverfolgen ...«
    Helen sprach inzwischen recht gut Maori und lauschte Matahoruas
Erzählungen mit zunehmendem Verständnis.
    Â»Also gehört ihnen das Land auch nicht?«, fragte
Gwyneira hoffnungsvoll.
    Helen verdrehte die Augen. »Wenn es hart auf hart kommt,
werden sich wahrscheinlich beide Teile auf das Recht des

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