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Im Land der weissen Rose

Im Land der weissen Rose

Titel: Im Land der weissen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Söhne
ließen sich an zwei Händen abzählen – und sie
waren sämtlich entweder bereits verlobt, verheiratet oder viel
zu jung für Fleurette. Der Sohn des jungen Lord Barrington zum
Beispiel war gerade mal zehn, und George Greenwoods Ältester
sogar erst fünf Jahre alt. Wenn Geralds Wut erst verraucht war,
würde auch ihm das klar werden. Die Gefahr im eigenen Hause
erschien Gwyn da viel realer, aber wahrscheinlich sah sie auch hier
Gespenster. Gerald hatte sie in all den Jahren nur einmal angerührt,
volltrunken und im Affekt, und er schien es bis heute zu bereuen.Also
gab es keinen Grund, die Pferde scheu zu machen.
    Gwyneira zwang sich zur Ruhe und mahnte auch Fleurette zur
Gelassenheit. Wahrscheinlich würde die leidige Angelegenheit in
einigen Wochen vergessen sein.
    Doch hier täuschte sie sich. Zwar geschah vorerst nichts,
aber acht Wochen nach RubensAbritt machte Gerald sich auf den Weg zu
einem Viehzüchtertreffen in Christchurch. Offizielle Begründung
für dieses »Festessen mit anschließendem Besäufnis«,
wie Gwyneira es nannte, waren die stetig zunehmenden Viehdiebstähle
in den Canterbury Plains. In den letzten Monaten waren um die tausend
Schafe allein in ihrer Region verschwunden, und nach wie vor war der
Name McKenzie im Gespräch.
    Â»Weiß der Himmel, wohin er mit den Viechern
verschwindet!«, polterte Gerald. »Aber er steckt bestimmt
dahinter! Der Kerl kennt das Hochland wie seine Westentasche. Wir
werden noch mehr Patrouillen ausschicken, eine regelrechte Miliz
werden wir aufstellen!«
    Gwyneira zuckte die Schultern und hoffte, dass niemand ihr
anmerkte, wie heftig ihr Herz noch heute schlug, wenn sie an James
McKenzie dachte. Im Stillen lächelte sie über seine
Husarenstückchen und darüber, was er wohl zu ein paar
weiteren Patrouillen in den Bergen sagen würde. Bislang waren
nur Teile des Voralpenlandes erschlossen; die Region war riesig und
mochte noch ganze Täler und Weidegründe verbergen. Die
Tiere hier zu bewachen war gänzlich unmöglich, obwohl die
Viehzüchter zumindest der Form halber Viehhüter ins
Hochland schickten. Die verbrachten dann das halbe Jahr in
primitiven, speziell dafür erstellten Blockhütten, meist zu
zweit, um nicht völlig zu vereinsamen. Dabei vertrieben sie sich
die Zeit mit Kartenspielen, Jagen und Fischen, weitgehend
unkontrolliert von ihren Arbeitgebern. Die Zuverlässigeren von
ihnen hielten die Schafe dabei imAuge, andere sahen sie so gut wie
nie. Ein Mann und ein guter Hütehund konnten jeden Tag Dutzende
Tiere wegtreiben, ohne dass es unmittelbar auffiel. Wenn James
tatsächlich einen noch unbekannten Zufluchtsort und vor allem
ein Vertriebssystem für das gestohlene Vieh gefunden hatte,
würden die Schaf-Barone ihn nie finden – höchstens
durch Zufall.
    Dennoch boten McKenzies Aktivitäten immer Gesprächsstoff
und willkommene Anlässe, sich zu Viehzüchtertreffen oder
gemeinsamen Expeditionen ins Hochland zusammenzutun.Auch diesmal
würde man wieder viel reden, aber wenig erreichen. Gwyneira war
froh, dass sie selbst nie zur Teilnahme aufgefordert wurde. Sie
leitete zwar de facto die Schafzucht auf Kiward Station, aber ernst
genommen wurde nur Gerald. Sie atmete auf, als er vom Hof ritt, im
Schlepptau erstaunlicherweise Paul. Der Junge und sein Großvater
waren sich seit der Geschichte mit Ruben und Fleurette näher
gekommen. Anscheinend begriff Gerald endlich, dass es nicht reichte,
einen Erben zu zeugen. Der zukünftige Besitzer von Kiward
Station musste auch in die Arbeit auf der Farm eingeführt werden
– und in die Gesellschaft von seinesgleichen. Nun ritt Paul
stolz neben Gerald nach Christchurch, und Fleurette konnte sich
endlich ein bisschen entspannen. Nach wie vor schrieb Gerald ihr
streng vor, wohin sie gehen und wann sie nach Hause zu kommen hatte;
Paul beobachtete Fleur dabei und verriet seinem Großvater jeden
kleinsten Verstoß gegen seine Anordnungen. Nach den ersten paar
Schimpftiraden trug Fleurette das zwar mit Fassung, aber belastend
war es doch. Immerhin hatte das Mädchen viel Freude an seinem
neuen Pferd. Gwyneira hatte ihr Igraines letzte Tochter, Niniane, zum
Zureiten anvertraut.Die Vierjährige glich in Temperament und
Aussehen ihrer Mutter – und wenn Gwyn ihre Tochter auf Ninianes
Rücken über die Weiden stieben sah, überkam sie wieder
das ungute Gefühl wie vor

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