Im Land Der Weissen Wolke
neuerlichen Hundetrial angesetzt – diesmal nicht nur, um mit dem sagenhaften Können der Tiere anzugeben, sondern auch als eine Art Werbeveranstaltung. Die ersten Nachkommen von Daimon und Dancer standen zum Verkauf, und die Schafzüchter der Gegend zahlten Höchstpreise für reinrassige Border Collies. Selbst die Mischlinge mit Geralds alten Sheepdogs waren heiß begehrt. Geralds Leute brauchten jetzt auch keine Hilfe mehr von Seiten Gwyneiras und Cleos, um eine perfekte Show zu bieten. Die jungen Hunde trieben die Schafe auf McKenzies Pfiffe hin reibungslos durch den Parcours. Gwyneiras elegantes Festkleid, ein Traum aus himmelblauer Seide mit Applikationen in goldfarbener Lochstickerei, blieb deshalb sauber, und auch Cleo verfolgte das Geschehen nur vom Rand des Platzes aus, wobei sie beleidigt fiepte. Ihre Welpen waren endlich abgesetzt, und die kleine Hündin sehnte sich nach neuen Aufgaben. Heute wurde sie allerdings wieder in die Ställe verbannt. Auf seinem Fest wollte Lucas keine herumtollenden Hunde, und Gwyneira war mit der Betreuung der Gäste voll beschäftigt. Doch ihr Flanieren durch die Menge und die freundlichen Gespräche mit den Damen aus Christchurch glichen mehr und mehr einem Spießrutenlauf. Sie fühlte, dass man sie beobachtete und dass die Gäste mit einer Mischung aus Neugier und Mitgefühl auf ihre immer noch schlanke Taille blickten. Am Anfang fiel nur gelegentlich eine Bemerkung; dann aber sprachen die Herren – allen voran Gerald – dem Whiskey immer fleißiger zu, und ihre Zunge lockerte sich.
»Na, Lady Gwyneira, nun sind Sie doch schon ein Jahr verheiratet!«, tönte Lord Barrington. »Wie sieht’s mit Nachwuchs aus?«
Gwyneira wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Sie errötete ebenso tief wie der junge Viscount, dem das Verhalten seines Vaters peinlich war. Er versuchte denn auch gleich das Thema zu wechseln und fragte Gwyneira nach Igraine und Madoc, an den er sich immer noch gern erinnerte. Bislang hatte er hier in der neuen Heimat kein vergleichbares Pferd gefunden. Gwyn lebte sofort auf. Bei den Pferden war die Zucht schließlich erfolgreich verlaufen, und dem jungen Barrington hätte sie gern ein Fohlen verkauft. So ergriff sie die Gelegenheit, Lord Barrington zu entkommen, indem sie den Viscount zu den Weiden führte. Igraine hatte vor einem Monat einem bildschönen schwarzen Hengstfohlen das Leben geschenkt, und natürlich hatte Gerald auch die Pferde so hausnah untergebracht, dass die Gäste sie bewundern konnten.
Neben dem Paddock, auf dem die Stuten und Fohlen grasten, überwachte McKenzie gerade die Festvorbereitungen für das Personal. Die Angestellten von Kiward Station hatten jetzt noch zu tun, aber wenn das Essen vorbei und der Tanz eröffnet war, konnten auch sie sich amüsieren. Gerald hatte bereitwillig zwei Schafe und reichlich Bier und Whiskey für ihr Fest zur Verfügung gestellt, und nun wurden auch hier die Feuer entzündet, um das Fleisch zu garen.
McKenzie grüßte Gwyn und den Viscount, und Gwyneira nutzte die Gelegenheit, ihm zu dem erfolgreichen Trial zu gratulieren.
»Ich glaube, Mr. Gerald hat heute schon fünf Hunde verkauft«, meinte sie anerkennend.
McKenzie erwiderte ihr Lächeln. »Dennoch nicht zu vergleichen mit der Show von Ihrer Cleo, Miss Gwyn. Aber mir fehlt natürlich auch der Charme der Hundeführerin ...«
Gwyn wandte den Blick ab. Er hatte schon wieder dieses Glitzern in den Augen, das ihr einerseits gefiel, sie andererseits aber verunsicherte. Und wieso machte er ihr hier Komplimente vor dem Viscount? Sie hegte die Befürchtung, dass dies nicht sehr schicklich war.
»Versuchen Sie doch, beim nächsten Mal ein Brautkleid anzuziehen«, zog Gwyn die Sache ins Lächerliche.
Der Viscount lachte glucksend. »Der ist aber in Sie verliebt, Lady Gwyn«, kicherte er mit der ganzen Frechheit seiner fünfzehn Jahre. »Passen Sie auf, dass Ihr Mann ihn nicht fordert!«
Gwyneira warf dem Jungen einen strengen Blick zu. »Reden Sie nicht solchen Unsinn, Viscount! Sie wissen doch, wie schnell Klatsch sich hier verbreitet! Wenn so ein Gerücht aufkommt ...«
»Keine Sorge, bei mir ist Ihr Geheimnis sicher!« Der Bengel lachte. »Übrigens, haben Sie inzwischen einen Schlitz in Ihr Reitkleid geschnitten?«
Gwyneira war froh, als der Tanz endlich begann, sodass sie von der Pflicht der Konversation entbunden wurde. Wie immer perfekt geführt, schwebte sie mit Lucas über den extra im Garten aufgestellten Tanzboden. Die Musiker,
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