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Im Land Der Weissen Wolke

Im Land Der Weissen Wolke

Titel: Im Land Der Weissen Wolke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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gleich.« Sie sprach das Wort »Verlobter« aus, als ob Fleur es nicht ganz ernst meinte.
    Fleur fragte sich, ob ihr Auftritt so merkwürdig war. Oder war das Mädchen nicht ganz richtig im Kopf?
    »Nein, mein Verlobter weiß nicht, dass ich komme. Und ich weiß auch nicht genau, wo er ist. Deshalb brauche ich ja ein Zimmer. Ich will wenigstens wissen, wo ich heute Nacht schlafen werde. Und ich kann das Zimmer bezahlen, ich habe Geld ...«
    Das stimmte. Fleurette trug nicht nur das bisschen Geld ihrer Mutter bei sich – auch das Säckchen, das McKenzie ihr im letzten Moment zugeworfen hatte und das sich als Geldbörse erwies. Der Beutel enthielt ein kleines Vermögen in Golddollars – offenbar alles, was ihr Vater in den letzten Jahren mit seinen Viehdiebstählen »verdient« hatte. Fleur wusste nur nicht, ob sie es für ihn aufheben oder für sich selbst behalten sollte. Aber damit konnte sie sich später beschäftigen. Ihre Hotelrechnung jedenfalls würde kein Problem sein.
    »Sie wollen also die ganze Nacht bleiben?«, fragte das offenbar geistesgestörte Mädchen. »Ich hol Ihnen mal Daphne!« Offensichtlich erleichtert über diesen Einfall verschwand die Blonde in der Küche.
    Ein paar Minuten später erschien eine etwas ältere Frau. Ihr Gesicht zeigte bereits erste Falten und Spuren von zu langen Nächten und zu viel Whiskey. Aber ihre Augen waren leuchtend grün und wach, und ihr üppiges rotes Haar war keck aufgesteckt.
    »Sieh an, ein Rotschopf!«, sagte sie lachend, als sie Fleur erblickte. »Und goldene Augen, ein seltenes Schätzchen! Also, wenn du bei mir anfangen wolltest, dich würd ich sofort nehmen. Aber Laurie meinte, du wolltest nur ein Zimmer ...«
    Fleurette erzählte ihre Geschichte noch einmal. »Ich weiß gar nicht, was Ihre Angestellte so komisch daran findet«, endete sie ein wenig verärgert.
    Die Frau lachte. »Daran ist gar nichts komisch, nur ist Laurie nicht an Hotelgäste gewöhnt. Schau, Kleines, ich weiß nicht, wo du herkommst, aber ich tippe auf Christchurch oder Dunedin, wo reiche Leute in feinen Hotels absteigen. Bei uns hier liegt die Betonung eher auf ›Absteige‹, wenn du verstehst, was ich meine. Die Leute mieten die Zimmer für ein oder zwei Stunden, und die Begleitung dazu liefern wir.«
    Fleurette wurde glühend rot. Sie war unter Huren geraten! Das hier war ein ... nein, sie mochte das Wort gar nicht denken.
    Daphne beobachtete sie lächelnd und hielt sie fest, als sie nach draußen stürmen wollte. »Nun warte doch mal, Kleine! Wo willst du denn hin? Du brauchst keine Angst zu haben, hier wird dich niemand vergewaltigen.«
    Fleur hielt inne. Wahrscheinlich war es wirklich albern zu fliehen. Daphne sah nicht Furcht erregend aus – und das Mädchen von eben schon gar nicht.
    »Wo kann ich denn schlafen? Gibt es hier auch eine ... eine ...«
    »Ehrenwerte Pension?«, fragte Daphne. »Leider nein. Die Männer, die hier durchkommen, schlafen im Mietstall bei ihren Pferden. Oder sie reiten gleich in eins der Goldgräberlager. Da findet sich immer ein Schlafplatz für einen Neuen.«
    Fleur nickte. »Gut. Dann ... dann mache ich das jetzt auch. Vielleicht finde ich dort ja meinen Verlobten.« Tapfer nahm sie ihre Tasche auf und wollte erneut hinausgehen.
    Daphne schüttelte den Kopf. »Das geht auf keinen Fall, Mädchen! Ein Kind wie du, allein unter hundert, zweihundert Kerlen, ausgehungert bis zum Gehtnichtmehr – die verdienen doch höchstens so viel, dass sie sich hier alle halbe Jahre mal ein Mädchen gönnen können! Das sind keine Gentlemen, kleine Miss. Und dein ›Verlobter‹ – wie heißt der Knabe? Vielleicht kenne ich ihn.«
    Fleurette errötete erneut, diesmal vor Empörung. »Ruben würde nie ... er würde nie ...«
    Daphne lachte. »Da wäre er aber ein seltenes Ausnahmeexemplar seiner Gattung! Glaub mir, Kind, am Ende landen alle hier. Es sei denn, sie sind schwul. Aber das wollen wir in deinem Fall mal nicht annehmen.«
    Fleur konnte mit dem Wort nicht viel anfangen, war sich aber dennoch sicher, dass Ruben dieses Etablissement nie betreten hatte. Trotzdem nannte sie Daphne seinen Namen. Die überlegte lange und schüttelte schließlich den Kopf.
    »Nie gehört. Und ich hab ein gutes Gedächtnis für Namen. Sieht also aus, als hätte dein Liebster hier noch kein Vermögen gemacht.«
    Fleur nickte. »Wenn er ein Vermögen gemacht hätte, hätte er mich ja auch schon geholt!«, sagte sie im Brustton der Überzeugung. »Aber jetzt muss ich los, es wird ja

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