Im Land des Eukalyptusbaums Roman
Stamm ist auf Wanderschaft gegangen. Sie können doch nicht erwarten, daß ich sie schutzlos wieder wegschicke! Galen hat das verstanden, warum nicht Sie?«
»In die Stammesgesetze hätten Sie sich gar nicht erst einmischen dürfen. Wäre diese junge Frau gestorben,hätte man Ihnen die Schuld gegeben, und wahrscheinlich Rache an uns allen hier auf der Farm genommen. Ich weiß, wovon ich rede, Miss Grayson. Auch ich habe mich einmal in Stammesangelegenheiten eingemischt, und zur Strafe wurden zwei meiner Viehtreiber getötet!«
Nola blieb die Luft weg. »Ich glaube kaum, daß wir etwas zu befürchten haben von den Aborigines. Schließlich war ich auf ihren ausdrücklichen Wunsch dort.«
Langford schüttelte den Kopf. »Sie haben auch so schon genug zu tun, ohne zusätzliche Verantwortung für zwei Frauen und ein Baby!«
»Diese Frauen können sehr gut für sich selbst sorgen. Sie sind es gewöhnt, mitzuhelfen, und eine andere Lebensweise würden sie sich gar nicht angewöhnen. Ich glaube, daß sie mir von Nutzen sein können. Dies ist ein großes Haus. Sie können nicht ernsthaft erwarten, daß ich alles allein bewältige, wo ich auch noch die Kinder unterrichten muß.«
»Wenn Galen zurückkommt, wird er sie auf meine Anweisung fortschaffen«, verkündete Langford herzlos.
»Galen freut sich, daß Shannon eine Spielgefährtin gefunden hat. Wußten Sie, daß er schon überlegte, sie nach Adelaide zu bringen, um sie von einer Tante erziehen zu lassen, weil sie sonst gar keine weibliche Gesellschaft hat? Jetzt ist sie begeistert, daß die kleine Tilly mit ihr spielt.«
Nola konnte Langford vom Gesicht ablesen, daß er sich noch nie irgendwelche Gedanken über Galens Pläne oder seine Sorgen um Shannons Wohlergehen gemacht hatte. »Bitte lassen Sie die Frauen dableiben, wenigstens bis Sie wieder auf den Beinen sind. Ich bin sicher, daßsich die Geschichte mit ›Dubi Deringa‹ früher oder später aufklären wird.«
Langford schwieg, die dünnen Lippen zu einem Strich gepreßt.
»Haben sie etwa Vorurteile gegen Aborigines, Mr. Reinhart?«
»Machen Sie sich nicht lächerlich, junge Frau«, schnappte er zurück. »Schließlich lasse ich auch Jimmy und Jack für mich arbeiten, nicht wahr?«
»Und weshalb zeigen Sie dann keinerlei Mitgefühl?«
Langford schaute weg.
»Das einzige Gefühl, das ich je an Ihnen erlebt habe, ist Zorn. Sind Sie denn innerlich völlig tot?«
Der alte Mann vermied es, sie anzusehen.
Plötzlich überkam Nola die Müdigkeit, geistig ebenso wie körperlich. Sie erhob sich. »Es war ein langer Tag. Ich gehe jetzt schlafen.« Damit ging sie zur Tür, aber Langford wünschte ihr keine gute Nacht.
»Rufen Sie mich, wenn Sie irgendwas brauchen«, bot sie an.
»Machen Sie die Tür zu«, erwiderte er mit bestimmtem Ton.
Als Nola in ihr Zimmer zurückkehrte, schliefen die Frauen und Kinder schon fest. Bloß der kleine Hund fand noch keine Ruhe. Immer wieder sprang er auf ihr Bett und wollte spielen. Schließlich jagte sie ihn nach draußen, wo er langgezogen jaulte, weil er sich einsam fühlte. Endlich schloß ihn Nola im Schulhaus ein und gab ihm einen alten Schuh, um darauf herumzukauen. Sie lauschte nach Langford, aber der rief nicht nach ihr.
Die Nachtluft war drückend, und Nola schwitztenoch mehr als sonst. Gegen Morgen war ihr ganzer Körper von einem juckenden Ausschlag bedeckt. Noch vor dem ersten Morgengrauen wanderte sie hinunter und badete, aber es schien nicht zu helfen. Sie sah kurz in der Bücherei nach Wade und stellte fest, daß er schon wach war. Die Falten in seinem Gesicht und die dunklen Ringe um seine Augen verrieten ihr, daß auch er eine unruhige Nacht hinter sich hatte. Nola fiel auf, daß er sich nie beklagte, was ihr sehr imponierte. Dann goß sie Tee für sie beide auf, den sie auf der vorderen Veranda tranken, um ein wenig von der Morgenkühle zu profitieren. Der erste Strahl der Dämmerung zeigte sich am grauen Firmament. Die Morgendämmerung war, ebenso wie der Sonnenuntergang, stets ein sehenswertes Schauspiel.
»Es ist so dunstig heute früh«, bemerkte Nola. »So etwas habe ich, glaube ich, noch nie gesehen.«
»Alles ist voller Staub«, bemerkte Wade. »Muß eine windige Nacht gewesen sein.«
»Stimmt. Ich war die meiste Zeit draußen, mit Sandy. Ein heißer, trockener Wind war das. Ist das Donner da in der Ferne? Fast ist mir, als könnte ich Regen riechen.«
»Der ist noch weit weg«, gab Wade zurück. »Machen Sie sich bloß keine Hoffnung. Das
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