Im Land des Eukalyptusbaums Roman
ausgeliefert.«
Esther machte große Augen. »Du Glückliche!«
Nola grinste schelmisch, aber das Grinsen verging rasch wieder.
»Ich vermute mal, irgendwas ging schief, sonst wärst du jetzt wohl nicht hier, Kleines!«
Nola wollte sich lieber nicht näher darüber auslassen. »Es ging so ziemlich alles schief, was schiefgehen konnte. Aber das ist eine lange Geschichte, darüber besser ein andermal.«
Esther war enttäuscht, daß ihr ausgerechnet die interessanten Details vorenthalten wurden.
Nola stand auf und wanderte im Zimmer umher. Sie konnte kaum fassen, daß ausgerechnet sie schwanger sein sollte.
»Was wirst du tun, wenn du nun tatsächlich schwanger bist, Kleines? Ist dieser Mann ehrenhaft genug, dich am Ende zu heiraten?«
Nola malte sich den Skandal aus, den sie heraufbeschwören würde, und die Reaktion von Lord Rodwell. »Das würde er mit Sicherheit, wenn er dürfte«, gab sie leise zurück. Sie versuchte, sich als Ehefrau von Leith Rodwell vorzustellen, aber es gelang ihr nicht. DieGefühle, die sie einst für ihn hegte, waren erloschen. Heuchelei lag ihr nun mal nicht. Und sie konnte um keinen Preis die Schwiegertochter Lord Rodwells werden, ein Mann, den sie verabscheute. Aber wenn Leith wirklich Vater wurde, hatte er nicht ein Recht darauf, es zu erfahren?
Wenn Nola schon nicht weiterwußte, so schien Esther vollkommen verblüfft.
»Zur Zeit mache ich mir darüber keine Sorgen, Esther«, gab sie zur Antwort und beendete damit das Gespräch. »Wahrscheinlich spielt ja doch bloß mein Zyklus verrückt. Er war noch nie wirklich regelmäßig.«
Unter den schattigen Bäumen hinter dem Hotel hatte Esther einen Tisch gedeckt.
»Mrs. Bertha Ellery würde das Hotel nie betreten, nicht einmal das Damenzimmer!« erklärte sie Nola und schob ihre Nasenspitze mit dem Finger nach oben. »Sie findet es unanständig, wenn Frauen eine Trinkhalle besuchen.«
Innerlich stöhnte Nola auf. Sie hatte schon viele Bertha Ellerys kennengelernt, und von keiner war sie besonders erbaut gewesen.
»Unter den Bäumen ist es ganz angenehm«, sagte sie laut und versuchte, unvoreingenommen zu bleiben. »Ich freue mich, ein paar andere Frauen aus dem Distrikt kennenzulernen. Ich muß sogar gestehen, nachdem ich jetzt doch schon einige Zeit auf der Farm bin, und jede Minute vor eine andere Herausforderung gestellt werde, interessiert mich ganz besonders, wie es den anderen Frauen hier draußen ergeht. Sie haben auf alle Fälle meine volle Bewunderung.«
»Da kommt Gladys«, rief Esther. »Ab jetzt wird keine von uns mehr zu Wort kommen.«
Beide lachten, als sich die übersprudelnde Gladys näherte und schon losquasselte, kaum daß sie sie erblickt hatte.
Kurze Zeit später fuhr die Postkutsche vor, und zwei Frauen betraten das Hotel, dicht gefolgt von Tierman. Esther schenkte ihnen Limonade ein. Sie wirkten ein wenig derangiert und durchgerüttelt. Offenbar war die Reise haarsträubend gewesen. Nola erinnerte sich lebhaft an Tiermans Fahrstil und fühlte mit ihnen.
»Tut mir leid, daß wir so spät sind. Ein Rad löste sich von der Achse«, erklärte die Ältere der beiden Frauen und warf Tierman einen vernichtenden Blick zu. Dieser blieb unbeeindruckt, freute sich sichtlich, Nola wiederzusehen und verschwand bald hinter der Theke, wo er sich mit Esthers Genehmigung selbst ein Bier zapfte und auch die anderen Kunden bediente, die sich nach und nach einstellten.
»Und sorg’ ja dafür, daß korrekt bezahlt wird!« rief sie ihm nach.
Nachdem sie sich ein wenig frischgemacht hatten, wurden die Frauen Nola vorgestellt. Eartha Dove kam von der Donella-Farm, westlich von Winton, und Mora, ihre Schwägerin lebte auf der benachbarten Lanton-Ridge-Farm. Eartha war der untersetzte, großmütterliche Typ, ganz offensichtlich stolze Mutter einer vielköpfigen, ausgewachsenen Sippschaft, von der noch drei auf der Farm lebten, zusammen mit acht Enkelkindern. Ihr braunes Haar war hier und da bereits von grauen Strähnen durchzogen, und ihre blauen Augen funkelten vorLebensweisheit. Nola konnte sie auf Anhieb gut leiden. Ihre Schwägerin war das genaue Gegenteil von ihr. Sehr mager, sehr blond, bedeutend jünger und irgendwie zurückhaltend. Sie war höflich, aber distanziert. Nola spürte jedoch, daß sie nicht hochnäsig war, sondern schüchtern.
Die Frauen redeten über die Dürre und die Schwierigkeiten, mit denen die Farmer und ihre Familien fertig werden mußten, als Mrs. Bertha Ellerly aus der Miller’s-Hill-Farm
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