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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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der Mast. Am Heck war das mächtige Steuerruder befestigt.
    Außer dem Steuermann, welcher gleichzeitig der Kommandant unseres Schiffes war, gab es noch zwölf Mann Besatzung.
    Die Fahrt nach Süden in mein geliebtes Waset war für Merit und mich eine herrliche Zeit. Von morgens bis abends saßen wir am Bug des Schiffes unter einem kleinen Baldachin und erfreuten uns an der Landschaft, die an uns vorüberzog. Einmal waren es karge, scheinbar leblose Wüstenstriche oder zerfurchte Bergmassive, dann wieder üppige Felder und Palmenhaine und dazwischen kleine Dörfer und Städte. Ich zeigte Merit Wasservögel, die sie noch nicht kannte, Herden mit gewaltigen Flusspferden und Krokodile in jeder Größer. Einmal beobachteten wir am Ufer im Schatten der Bäume ein stattliches Löwenrudel, das neben den Resten eines Wasserbüffels seine Mittagsruhe hielt.
    Abend für Abend saßen wir schweigend nebeneinander, wenn die Farbe des Himmels von einem klaren Blau in tiefes Gold wechselte, und zuletzt die rotglühende Sonnenscheibe hinter Palmen, einer Hügelkette, oder einem Dorf unterging, oder scheinbar im Sand der Wüste versank.
    Lagen wir nachts in unserer Kabine, und hörten wir jedes Wort, das draußen gesprochen wurde, jeden Schritt und jeden Ruderschlag, dann waren wir sehr leise. Wir vermieden es, zu sprechen, und wenn es wirklich etwas zu sagen gab, so hauchten wir es uns wie Diebe, die unentdeckt bleiben wollen, ins Ohr.
    Die Reise nach Waset dauerte diesmal länger als sonst, da Amenophis in den Städten entlang des Flusses zwei, in Abedu sogar sieben Tage verweilte. Dort hielt er großen Einzug in den Tempel des Osiris und brachte Opfer dar.
    In Abedu lagen Gräber aus längst vergangener Zeit, die vonden ersten Herrschern unseres Landes und von deren hohen Beamten errichtet worden waren. Die Priester erzählten uns von Grabstätten der Pharaonen Aha, Dewen, Peribsen und Chasechemui. Die genaue Lage ihrer Gräber kannte man nicht mehr, denn sie waren vom Sand der nahen Wüste verweht. Die Priester unternahmen keine Anstrengungen, sie zu finden, denn nur so konnten sie vor Grabräubern geschützt werden. Die Priester wussten nur, dass bereits der große Pharao Djoser nicht mehr hier begraben war, ließ er doch vom Weisesten aller Weisen, seinem Wesir Imhotep, die erste Pyramide in Saqqara errichten, mit sechs mächtigen Stufen und einhundertzwanzig Ellen hoch.
    Viele reiche Ägypter legten hier eine zweite Grabstätte an, um an dem Auferstehungsgeheimnis des Osiris teilzunehmen, selbst wenn ihre Leiber nicht hier bestattet waren. Für Merit war das alles neu, und so erzählte ich ihr, als sich unser Schiff der Stadt näherte, die Geschichte von Isis und Osiris.
    «Osiris war der Sohn des Sonnengottes und regierte vor langer Zeit als großer und ein von allen geliebter König. Er schenkte unserem Volk all das Wissen und die Weisheit, um Häuser und Tempel zu errichten, Ackerbau zu betreiben und gab ihnen die Gesetze. Osiris hatte zwei Schwestern, Isis und Nephthys, und einen Bruder, Seth. Jedes seiner Geschwister stammte von einem anderen Vater ab. Seth aber war kein Gerechter. Er verfolgte seinen Bruder Osiris und ermordete ihn durch eine List. Er ließ genau nach den Körpermaßen seines Bruders einen kostbaren Sarg anfertigen. Bei einem Gastmahl, zu welchem er auch seinen Bruder eingeladen hatte, versprach Seth demjenigen den Sarg zum Geschenk zu machen, welcher am besten hineinpasste. Osiris legte sich zur Probe hinein, und sofort verschlossen ihn Seth und seine ruchlosen Freunde und warfen ihn in den Fluss. Der Sarg trieb nach Norden bis zum Meer und gelangte von dort bis andie asiatische Küste nach Byblos. An einem jungen Baum blieb der Sarg hängen. Der Baum wuchs ungewöhnlich rasch in die Höhe, denn der Sarg barg schließlich den Gott des Wachstums. Isis erfuhr davon, und es gelang ihr, den Sarg zurückzuholen. Sie klagte über den Tod ihres ermordeten Brudergatten, und mit Hilfe des schakalköpfigen Anubis wurde Osiris für die Bestattung vorbereitet. Isis sprach so mächtige Zaubersprüche über den Leichnam, sodass Osiris kurz ins Leben zurückkehrte, und Isis konnte ihren Sohn Horus empfangen, ehe Osiris endgültig in das Reich der Toten zurückkehrte. Horus wuchs als Halbwaise in den Sümpfen des nördlichen Flusses auf, ehe er als Erwachsener für die Rechte seines Vaters eintreten konnte. Osiris aber konnte nicht mehr zu irdischem Leben erweckt werden, und so erhielt er die Herrschaft über die

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