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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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Unterwelt mit all ihren Verstorbenen. Horus trat dagegen das irdische Erbe seines Vaters an, so wie es noch heute jeder Pharao tut, wenn sein Vorgänger Osiris wurde.»
    Merit und ich sahen schweigend nach Westen in den Abendhimmel. Ich beendete die Erzählung.
    «Osiris soll hier in Abedu unter einem mächtigen Hügel begraben sein. Deswegen ist dieser Ort für uns Ägypter und vor allem für unsere Herrscher so bedeutungsvoll, so heilig.»

NEUN
    Lass Gesang und Musik vor dir erklingen,
    und kümmere dich nicht um irgendein Übel,
    sondern gedenke der Freuden.
     
    I ch konnte es kaum mehr erwarten, wieder in Waset zu sein. Je näher wir der Stadt Amuns kamen, umso mehr beschlich mich ein Gefühl, als wäre ich ein halbes Menschenleben nicht mehr hier gewesen. Dabei war mir alles so vertraut: Ich erkannte Dörfer und Gehöfte wieder, ja sogar an einzelne, besonders schöne Gärten und auffällig gewachsene Bäume konnte ich mich erinnern, als unsere Schiffe daran vorbeiglitten. Ich war aufgeregter als vor drei Jahren. Damals, bei meiner ersten Fahrt nach Waset, hatte ich keine Vorstellung von dem, was mich erwarten würde, ich ließ einfach alles auf mich zukommen. Jetzt, mit fast neunzehn Jahren, fand ich keine Ruhe mehr. Ich stand neben Merit und gab all meinen Gedanken freien Lauf.
    «Wie mag wohl der Palast aussehen? Ob Ameni die Gemächer, die er mir zugewiesen hatte, auch verändert hat? Ich traue ihm ja allerhand zu. Aber ich glaube nicht, dass er sich von Men-nefer aus um solche Nebensächlichkeiten in Waset kümmern konnte.»
    «Du bist sehr aufgeregt, Eje. Habe ich Recht?»
    «Was heißt da aufgeregt? Ich mache mir nur meine Gedanken. Wenn Ameni bei seiner Ankündigung bleibt, werden wir einen großen Teil unseres weiteren Lebens in Waset verbringen. Ich werde hier arbeiten und alles tun, um Nimuria zufrieden zu stellen. Wir werden hier unsere Kinder aufwachsen sehen und sie erziehen. Wir werden gemeinsam alt werden und uns um unsere Wohnungen für die Ewigkeit kümmern. Darauf freue ich mich, und manchmal mache ich mir Sorgen, ob ich all diesen Aufgaben gerecht werde.»
    Merit umfasste mit ihrem linken Arm meine Hüfte und lehnte ihren Kopf gegen meine Schulter. Wir betrachteten den Fluss und die Landschaft, die ihn säumte, und ich drückte Merit fest an mich.
    «Es wird eine sehr schöne Zeit werden, Eje. Glaube mir, eine sehr schöne Zeit.»
     
    Am anderen Morgen, bei Sonnenaufgang, fuhr die königliche Flotte in den Hafen von Waset ein. Mein Vater war von Abedu aus, wo er nur einen Tag verweilte, vorausgereist, um gemeinsam mit Ptahmose, dem Wesir des Südens, die Ankunft des Guten Gottes vorzubereiten. So war der Empfang Nimurias prächtiger als je zuvor. Die königliche Barke Cha-em-Maat lief unter vollen Segeln in den Hafen ein.
    Amenophis und Teje standen zwischen vier Wedelträgern unter dem Baldachin ihres Schiffes, über ihnen, auf dem Segel, ein leuchtender gelber Kreis, das Schriftzeichen des Sonnengottes. Pharao trug die Doppelkrone, den Zeremonialbart, Krummstab und Geißel, dazu einen schweren Prunkkragen. Teje trug ein weißes, knöchellanges Faltenkleid, dazu die Geierhaube und viel kostbaren Schmuck.
    Man sah Amenophis an, dass er jetzt, als Zwanzigjähriger, den Höhepunkt seiner Kraft erreicht hatte. Er war sich seiner Stärke durchaus bewusst, denn nur zu gut konnte man sehen,wie er seine Muskelkraft zeigte, und wie sehr er es genoss, wenn Teje ihre Hand auf seinen starken Arm legte. Wie sein Großvater Amenophis Aa-chepru-Re übte auch Ameni seit Jahren unermüdlich mit dem Bogen, war ein begeisterter Wagenlenker und ein kaum zu übertreffender Schwimmer. Von Nimurias Großvater erzählte man sich, dass nur dieser selbst in der Lage war, seinen Bogen zu spannen und mit Pfeilen dicke Kupferplatten zu durchschießen. Über so viel Kraft verfügte Nimuria noch nicht, ich war mir jedoch sicher, dass er seinem Großvater auch darin nicht mehr lange nachstehen würde.
    Gerade als die königliche Barke die letzten Ellen bis zur Hafenmauer zurücklegte, erhob sich im Osten die Sonnenscheibe über der Tempelanlage und fielen die ersten Strahlen auf das königliche Antlitz.
    Waset war geschmückt wie noch nie. Überall wehten lange bunte Fahnen im Morgenwind, alle Gebäude im Hafenbereich trugen frische Farben, und auf vielen Plätzen und Straßen war Blumenschmuck verteilt, wie ich ihn noch nie gesehen hatte. Die schönste Zierde der Stadt waren jedoch ihre Bewohner. Im Bereich des Hafens

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