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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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Sträucher aus dem Libanon und vom Euphrat mitgebracht hatten und dass er bald darüber verfügen dürfte. Der Alte konnte sein Glück kaum fassen.
    «Bevor du alles einpflanzt, müssen wir uns noch einmal unterhalten, denn ich habe zu jeder einzelnen Pflanze aufgeschrieben, wie sie behandelt werden muss, damit sie hier auch gedeiht.»
    «Es ist mir eine große Ehre, hoher Herr, und ich freue mich sehr auf unser Zusammentreffen. Seine Majestät, sie lebe, sei heil und gesund, wird mit meiner Arbeit zufrieden sein!»
    Ich war mir sicher, dass Sessu bis zu unserem nächsten Zusammentreffen zu keiner vernünftigen Arbeit mehr in der Lage war. Er würde nicht nur darüber nachgrübeln, wie die mitgebrachten Pflanzen wohl aussähen, und wie viele es wären, sondern schon jetzt überlegen, wo er sie einpflanzen könnte, je nachdem, ob sie weiß, gelb oder rot blühen würden.
    «Der Palastgarten ist herrlich, Eje. Er ist dicht bepflanzt, alles ist grün, und dazwischen die vielen herrlichen Blüten. Und doch ist er so anders als unsere Gärten.»
    «Bei euch am Euphrat herrscht eine höhere Feuchtigkeit als hier. Deswegen wachsen dort andere Pflanzen, die viel mehr Blätter und Blüten haben und deswegen üppiger wirken. Auch ist die Vielfalt der Pflanzen bei euch größer. Hier kann alles nur gedeihen, wenn täglich mehrmals gegossen wird. Am schönsten aber ist dieser Garten bei Nacht, wenn sich der Mond über die Palmen erhebt und die Nachtigallen ihre zauberhaften Gesänge anstimmen. Du wirst es erleben, Merit.»
    Wir blieben stehen. Ich ergriff ihre Hände, und zog Merit dicht an mich heran. Während ich sie am Hals küsste, flüsterte sie mir ins Ohr: «Lass uns schnell zurückgehen!»
     
    Erwartungsgemäß waren alle Gäste, die Nimuria auf die Dachterrasse des Palastes geladen hatte, festlich gekleidet wie zu einem Staatsempfang. Ptahmose erschien in seiner offiziellen Amtstracht und mit allen Insignien eines Wesirs. Die Frauen trugen eng anliegende, weiße Kleider, die bis an die Knöchel reichten. Die Brüste der jungen Mädchen waren nur vom Halsschmuck etwas verdeckt, und um die Perücken hatten sie einfache bunte Bänder gewickelt, was gerade der Mode in Waset entsprach. Wir Männer legten neben unseren Schurzen breite Gürtel und Halskragen, Armreife und Ringe an. Zuletzt erschienen Ameni und Teje. Wir verneigten uns tief, denn im engen Kreis brauchten wir uns vor Pharao nicht zu Boden werfen. Ameni trug zu seinem Faltenschurz einen schmalen Goldgürtel, einen leichten Halskragen mit Perlen aus Karneol und grünem Glasfluss und das Nemes-Kopftuch mit dem königlichen Stirnreif. Teje war ähnlich gekleidet wie die anderen Frauen, nur trug sie auf ihrer Perücke ein Diadem, welches sie als Große königliche Gemahlin auszeichnete.
    Amenophis hatte den Zeitpunkt unserer Zusammenkunft bewusst früh angesetzt, sodass wir vom schönsten Platz in Waset den Sonnenuntergang sehen konnten. Vorher jedoch tauchte Re alle Gebäude in goldglühendes Licht, was der Stadt ein geheimnisvolles, fast unwirkliches Aussehen verlieh. Die Sonnenscheibe sank dem Horizont entgegen und färbte sich jetzt mehr und mehr rot, ehe sie hinter dem westlichen Gebirge vollends verschwand.
    «Nirgendwo beginnt die Nachtfahrt des Re so eindrucksvoll wie hier in Waset», unterbrach Ameni die Stille.
    «Ich kenne eine Gegend zwischen Men-nefer und Waset, dort ist der Sonnenaufgang ein ganz besonderes Erlebnis», sagte mein Vater. «Das Gebirge hat an einer bestimmten Stelle die Form des Schriftzeichens für Horizont», fuhr er fort, und mit der rechten Hand beschrieb er in der Luft dessen Wellenform.
    «An einigen Tagen im Jahr erhebt sich die Sonne genau in der Mitte zwischen der rechten und linken Welle, und es scheint, als wären die Berge der Sonnenscheibe genau angepasst worden.»
    Am ersten Abend auf der Dachterrasse hörten wir lange und ausführliche Berichte des Wesirs Ptahmose. Von manchen Vorkommnissen ließ sich Nimuria jede Kleinigkeit berichten. Ptahmose bestätigte, dass die Steintransporte aus Tura und aus den anderen Steinbrüchen des Landes ohne Beanstandungen vorangingen, konnte aber keine genauen Angaben über die Bestände der einzelnen Lagerplätze geben, denn dies war nur Sache des Baumeisters Amenophis, Sohn des Hapu. Nimuria bat deswegen Vater, dass der Baumeister am anderen Tag als Erster zur Besprechung erschien.
    Ptahmose hatte seinen Bericht beendet, als Ameni eine getrocknete Feige in die Hand nahm und, bevor er

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