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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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über die Treppe hinunter in das Lagerhaus.
    Ich blieb noch eine ganze Weile auf dem Dach und beobachtete, wie sich der Platz nach und nach leerte. Dabei musste ich immer an Mahus Worte denken. Auf dem Nachhauseweg überlegte ich schließlich, dass Ameni vielleicht meine Hilfe brauchte oder auch nur ein Zeichen, dass ich an ihn dachte.
    In unserem Garten traf ich auf meine Mutter und meine Schwester Teje. Mein Vater hielt sich im Palast auf. Meine Mutter saß im Schatten eines großen weißen Sonnensegels und verrichtete an ihrem uralten Webstuhl Ausbesserungsarbeiten.
    Zwischendurch schimpfte sie mit sich oder dem Webstuhl, war sie doch dessen zunehmende Anfälligkeit leid geworden. So wurde sie in ihrer Arbeit ständig unterbrochen, wo es doch ihr Ehrgeiz war, den gesamten Bedarf unseres Hauses an feinemTuch selbst zu decken. Vater hatte ihr zwar schon oft einen neuen Webstuhl versprochen, aber ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, dass er seinen Spaß daran hatte, wenn Mutter mit dem leidigen Gerät ihre Kämpfe ausfocht.
    Teje saß wie geistesabwesend daneben und zupfte und rupfte an ihrer guten Perücke, in deren Strähnen sie hauchdünne Goldfäden einzog. An Eitelkeit war sie wirklich nicht zu übertreffen.
    Kaum angekommen, begann ich mit meinem Bericht vom Hafen und berichtete den Frauen jede Kleinigkeit, die ich gesehen hatte. Natürlich legte ich größten Wert darauf, alles, was mit Ameni zu tun hatte, besonders ausführlich zu schildern. Einmal, weil ich die Bedeutung meiner Beziehung zu Ameni unterstreichen wollte, zum anderen, um Teje richtig neugierig und mich unentbehrlich zu machen.
    Das gelang mir vorzüglich. Meine Schwester gab sich große Mühe, uns ihre innere Anspannung und Aufregung nicht merken zu lassen. Immer wieder blickte sie aber kurz von ihrer Perücke auf, um aus meinen Gesichtszügen vielleicht noch mehr zu erfahren. Schaute ich sie dann an, senkte sie gleich wieder den Kopf und zupfte weiter.
    Mutter ließ erst von ihrer Arbeit ab, als ich berichtete, dass der Gute Gott in einer geschlossenen Sänfte von seinem Schiff und zum Palast getragen wurde. Sie sah mich leichenblass an.
    «Was sagst du da?», bohrte sie ungläubig nach, und ich musste diesen Teil meines Berichtes nochmals in allen Einzelheiten wiederholen. Schweigend und mit starrem Gesicht blickte meine Mutter eine Weile auf den Boden, ehe sie alles liegen und stehen ließ und ins Haus eilte.

ZWEI
    Glücklich ist, wer das Geheimnis des Osiris kennt,
    der verborgen ist in der Finsternis,
    ein Lebender unter Lebenden.
     
    M ein Vater kam an diesem Tag sehr spät nach Hause. Es war schon lange dunkel, als er unsere Befürchtungen bestätigte: Der Gute Gott litt seit zwei Wochen an einem schweren Fieber, konnte keine Nahrung aufnehmen und wurde deswegen immer schwächer. Die königlichen Leibärzte hatten erklärt, es handele sich um eine Krankheit, die man nicht behandeln könne. Seit der vergangenen Nacht habe Pharao das Bewusstsein nicht wiedererlangt.
    Während sich meine Eltern im Inneren des Hauses unterhielten, saßen Teje und ich noch im Garten. Obwohl sie zwischendurch leise ein Lied vor sich hin summte, war es mir dank meines guten Gehörs möglich, das ganze Gespräch meiner Eltern zu verfolgen.
    «Die Große königliche Gemahlin Iaret macht einen sehr unbeholfenen Eindruck. Ich glaube, sie ist der schwierigen Lage auch nicht annähernd gewachsen», stellte mein Vater ernüchtert fest. «Sie tut mir richtig Leid.»
    «Und wie benimmt sich meine Schwester Mutemwia?», wollte meine Mutter wissen.
    «Sie ist sich ihrer Rolle als Mutter des künftigen Herrschers noch nicht richtig bewusst.»
    «Sie sollte sich damit nicht zu lange Zeit lassen. Es wäre nicht gut, wenn sie anderen am Hofe die Möglichkeit gäbe, zerstörend einzugreifen», meinte Mutter und fuhr energisch fort:
    «Machen wir uns nichts vor, Juja: Wenn nicht ganz unvorhersehbare Dinge geschehen, wird Prinz Amenophis bald der nächste Pharao sein. Seine Mutter ist ohne fremde Hilfe einer Regentschaft nicht gewachsen. Sie braucht dringend Menschen, die ihr zur Seite stehen, ohne bei den anderen in Verdacht zu geraten, selbstsüchtig zu sein. Der Wesir kommt genau aus letzterem Grund nicht dafür in Frage, und die anderen Fürsten sind uneins. Bevor sie sich aber zusammentun, sollten wir zugreifen. Wir beide werden morgen Mutemwia aufsuchen und ihr in einem persönlichen Gespräch unsere Hilfe anbieten.»
    Mutter spürte, dass jetzt die

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