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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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bereiteten Nefta und zwei weitere mir unbekannte Dienerinnen alles, was meine Person betraf, für den großen Festabend vor. Das Becken in meinem Bad wurde mit heißem Wasser und Duftessenzengefüllt, Salböle und die Perücke wurden vorbereitet und schließlich die Kleider bereitgelegt. Durch den tiefen Schlaf war ich so niedergeschlagen, dass ich eine Weile brauchte, ehe ich mich der Prozedur meiner Dienerschaft unterziehen konnte. Erst legte ich mich in das Becken, bis Nefta das warme Wasser ausließ und mich ihre Begleiterinnen mit kaltem Wasser übergossen. Anschließend wurde ich von einem Syrer massiert und mit schwer duftenden Ölen eingerieben. Derweil kürzten die Dienerinnen meine Fingernägel, und Nefta schnitt ein wenig an meinem Kopfhaar herum, weil sie meinte, sonst würde die neue Perücke nicht richtig sitzen. Schließlich kleidete ich mich an – das neue Pektorale und der Ring durften natürlich nicht fehlen. Erst nachdem mir Nefta auch die Perücke aufgesetzt hatte und sich alle mehrmals davon überzeugt hatten, dass sie tadellos passte, wurde ich geschminkt. Nefta zupfte ein paar störende Haare der Augenbrauen aus, was fürchterlich schmerzte, dann legte sie auf die Wangen etwas rote Farbe auf, und zuletzt zog sie die schwarzen Lidschatten um die Augen, die in einem dicken Strich bis fast an die Ohren reichten. Ich gefiel mir selbst ganz gut.
     
    Noch vor Sonnenuntergang versammelten sich alle Gäste im Thronsaal und in den Höfen davor, jeder da, wo es ihm Rang und Titel erlaubten. Mir wurde ein Platz in unmittelbarer Nähe des Thrones zugewiesen. Kurz nach mir trafen meine Eltern mit Teje ein. Es war nicht zu übersehen, dass meine Mutter ein gewichtiges Wort unter den Schönheiten unseres Landes mitreden wollte – und auch konnte. Wie so oft war sie eine auffallend anmutige Erscheinung, trotz ihres Alters schlank, fast ohne Falten und noch mit fast allen Zähnen versehen. Teje trug eine Perücke, die aus unzähligen, dünn geflochtenen Zöpfen bestand, die ihr bis über die Brüste reichten, dazu ein eng anliegendes, weißes Kleid, das nahezudurchsichtig war und mehr ahnen ließ, als es verdeckte. Dieses Kleid, oder ein sehr ähnliches, trugen fast alle jungen Damen, sodass Teje zumindest deswegen nicht sonderlich auffiel.
    Große Feste in unserem Land sind immer Feste der Sinne, und jeder Gastgeber, der etwas auf sich hält, lässt nichts unversucht, um Augen, Ohren, Nase und Gaumen auf ihre Kosten kommen zu lassen. Die Erwachsenen fügten meist noch den «Letzten Sinn» hinzu; ich verstand aber nicht, was sie damit meinten.
    Im ganzen Land stand der Jasmin gerade am Anfang seiner Blüte, und so waren alle Räume, alle Höfe vollgestellt mit Vasen, Gestecken, Kränzen und Girlanden aus Jasmin, der den gesamten Palast in süßlich-herben Duft tauchte, der wie benommen machte. Jasmin darf nicht in voller Blüte stehen, denn da mischt sich in die schwere Süße des Duftes ein modriger Beigeschmack. Bewegte man sich durch die einzelnen Hallen und Räume, stieß man auf Schritt und Tritt auf die einzelnen Düfte und Gerüche der Festteilnehmer, die sich alle Mühe gaben und mit Ölen und Essenzen nicht geizten.
    Die einzelnen Gruppen der Musikanten waren gleichmäßig auf das gesamte Gelände des Palastes verteilt. Im großen Thronsaal spielten ägyptische Musikanten, im ersten Vorhof Nubier, in den anderen Höfen und Gärten Asiaten und ebenfalls Ägypter. Als die Hallen und Plätze gefüllt und die Sonne gerade untergegangen war, erschallten von den Palastmauern alle Posaunen von Waset und kündigten das Erscheinen Seiner Majestät, des Herrschers über Beide Länder, an. Wie immer, wenn Pharao erscheint, warfen sich alle Anwesenden zu Boden, und Ameni nahm seinen Platz ein, neben ihm seine Mutter Mutemwia. Auf ein Handzeichen Amenis hin nahm das Fest seinen Fortgang, als wäre nichts gewesen, steigerte sich aber nun zusehends. Dienerinnen und Diener servierten ohne Unterbrechung Speisen und Getränke. Auch dies war wieder eineOrgie für die Sinne. Die Köche boten offenbar ihr ganzes Können auf, um alle zufrieden zu stellen. Niemand weiß, wie viele Gänse und Enten, Schafe und Kälber zubereitet und aufgetischt wurden, wie viele Krüge Wein und Bier getrunken wurden – und alles auf das Lieblichste serviert: in goldenen und silbernen Schüsseln und Platten, in großen Schalen aus Alabaster, in deren Unterteil kleine Öllämpchen brannten und die Schalen leuchten ließen. Das Geschirr

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