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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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selbst war wiederum mit Blumen und Federn geschmückt. Ich hielt mich den ganzen Abend bei Wein und Bier sehr zurück. Ich wollte einfach – ebenso wie Ameni – so lange wie möglich ungetrübt die Freuden dieses Festes genießen. Das eigentliche Essen war sehr spät beendet, und so gab es erst jetzt ausreichend Platz für Gaukler und Tänzer. Zuerst traten die ausländischen Tanzgruppen auf: Syrer, Babylonier, Tänzer aus Mitanni, Kusch und Sardena. Die Syrer schickten eine wahrhaft wilde Horde los. Groß gewachsene, braun gebrannte Männer mit dichten schwarzen Bärten, langem, zotteligem Haupthaar. Zu ohrenbetäubenden Trommelwirbeln sprangen und überschlugen sie sich, standen zu viert aufeinander, bildeten mit sechzehn Mann richtige Pyramiden, schleuderten sich gegenseitig durch die Luft, bis uns allen vor Aufregung und Spannung fast der Atem stockte.
    Die Babylonier boten eine gemischte Gruppe auf, zehn Jungen und zehn Mädchen mit pechschwarzen Haaren, die bronzenen Körper fast nackt. Zum Klang ihrer eigenartigen, uns völlig fremden Blasinstrumente führten sie langsame, aber sehr gleichmäßige Tänze auf, alle darauf bedacht, genau dieselbe Bewegung zu machen wie der Nebenmann. Die Darbietung lud sehr zum Träumen und Nachdenken ein, ich war aber letztlich froh, als sie zu Ende war. Der Höhepunkt des Abends, das muss ich als Ägypter neidvoll zugeben, war der Auftritt der Nubier. Vierzig Trommler bildeten mitten im Thronsaal einen Kreis, in den unter einem unvorstellbarenWirbel bei fast völliger Finsternis sechs Männer und sechs Mädchen hineinsprangen. Die Männer, wie alle Tänzer ohne eine Spur von Fett, waren auffallend muskulös, ebenso die Mädchen, und ihre pechschwarzen Körper glänzten von Öl.
    Sie boten eine Mischung aus unbegreiflichen Kunststücken und Tanz, wie ich es vorher noch nie gesehen hatte. Das Tempo wechselte ebenso schnell wie die Lautstärke der Trommelwirbel. Die Musiker verstanden es auf das Vorzüglichste, das Publikum in die Irre zu führen: Wurden die Trommelwirbel schnell und laut, erwarteten wir einen entsprechend kräftigen, anstrengenden Tanz, aber nein, sie zeigten dann ganz grazile, ruhige Bewegungen, und umgekehrt. Dies sind Momente, da die Sinne auf das angenehmste gereizt werden. Obwohl man selbst freudiger Stimmung ist, ohne Sorgen, völlig frei, sind die Augen und Ohren doch gespannt, was passiert, was kommt, genießt der Gaumen ganz nebenher, ja geradezu achtlos einen Schluck edelsten Weines, atmet die Nase den Wohlgeruch eines Duftkegels, einer Räucherpfanne oder einen Hauch vom süßlich-herb duftenden Öl der Nachbarin.
    Mir entging dennoch nicht, dass seit der Aufführung der nubischen Tänzer meine Schwester Teje neben Amenophis Platz nahm – worum er natürlich ausdrücklich gebeten hatte. Es war nun nicht mehr, aber auch für niemanden, zu übersehen, dass Ameni in Teje verliebt war. Ich werde den Anblick nie vergessen: Amenophis, Pharao, Herr Beider Länder, Herr der Welt seit diesem Tag, getraute sich kaum auszuatmen, um möglichst männlich zu wirken, während seine Augen unschuldig wie die eines jungen Hundes in das vermeintlich kühle Antlitz meiner Schwester blickten. Bei Amun, Hathor und Ptah, wie verkaufte sie sich geschickt! Einige Male hatte ich den Eindruck, sie würde es mit ihrer Kühle, ja Überheblichkeit übertreiben, aber Amenophis ließ in seinem Werben nicht nach. Mit nur mäßiger Anstrengung konnte ich jedesWort verstehen, das sie sprachen, und das Schlimme daran war, dass sich Ameni dessen bewusst war! Zuletzt wollte mein Freund wissen, ob Teje nicht seine Frau, seine Große königliche Gemahlin werden wollte! Kaum war der Satz gesprochen, wandten sich Amenis Augen mir zu, weil er nur zu gut wusste, dass ich die Frage selbst bei dem Lärm und der Entfernung zwischen ihm und mir verstanden hatte, und zwinkerte mir lächelnd zu. Und was machte Teje? Sie nahm mit hochgezogenen Augenbrauen einen kleinen Schluck Wein, stellte den Becher auf den Tisch, wischte sich mit der linken Hand sehr unfein den Mund ab und sagte zu ihm: «Oh ja, warum nicht?»
    Daraufhin nahm ein freudestrahlender Ameni seinen Becher, prostete Teje zu, und sagte ganz leise, flüsternd, ja hauchend: «Wie fein! Warum nicht? Versprochen! Auf deinen Ka!»
    «Auf deinen Ka!», hauchte Teje ebenso flüsternd.
    Ich konnte es nicht glauben, aber meine Freundschaft, meine Ehre, nein allein meine Liebe zu Ameni verbaten mir, mit irgendjemandem auf dieser Welt darüber zu

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