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Im Land des Falkengottes. Echnaton

Im Land des Falkengottes. Echnaton

Titel: Im Land des Falkengottes. Echnaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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Dich nicht auf, Du riechst nicht und zerfällst nicht, Du wirst Dich nicht in Würmer verwandeln», sprachen die Priester und legten dabei neben dem großen Schrein neun Ruderblätter auf den Boden, einen Kerzenleuchter in der Form des Henkelkreuzes und noch einige Amulette.
    Ich selbst hatte nur eine unscheinbare Grabbeigabe für Ameni bei mir: das kleine, leuchtend blaue Senetspiel meines Freundes. Es war ganz schlicht, aus Gips und Holz gefertigt. Aber es hatte ihn, den leidenschaftlichen Spieler, ein Leben lang begleitet. Ich legte es behutsam nieder, und der Gedanke, dass er im Jenseits selbst den weisen Toth, Re und Osiris schlagen würde, stimmte mich für einen kurzen Augenblick ein wenig heiter.
    Als alles getan war, befahl ich meinen Begleitern, am Ausgang des oberen Saales auf mich zu warten. Mit einer Fackel in der Hand blieb ich zurück und blickte in der Grabkammer um mich.
    «Ich werde mich um sie kümmern. Ich verspreche es dir», sagte ich leise in die Dunkelheit hinein, und mit Tränen in den Augen wandte ich mich um. Ich stieg die vier Stufen hinauf und hielt noch einmal zwischen den Säulen inne. Mit der Rechtenstützte ich mich an einer Säule ab, und meine Linke hielt die Fackel ein letztes Mal in die Finsternis des stillen Grabes hinab.
    «Ich danke dir für alles», flüsterte ich mit bebenden Lippen, dann drehte ich mich ruckartig um und verließ mit hastigen Schritten die große Grabkammer. Ich durcheilte den sich anschließenden Gang, bis ich am Eingang zum oberen Saal auf meine Begleiter stieß. Sie schienen beruhigt, dass ich ihnen endlich gefolgt war, und ohne weiteres Zögern verließen wir das stille und stickige Grab.
    Als ich hinaustrat, wurde ich vom gleißenden Sonnenlicht so sehr geblendet, dass ich zuerst niemanden erkannte. Es dauerte eine Weile, bis sich meine Augen wieder an die Helligkeit gewöhnt hatten.
    Kaum dass wir das Grab verlassen hatten, begannen die Arbeiter der Totenstadt damit, den ersten Gang mit Steingeröll zu füllen. Dann mauerten sie mit Ziegeln den Eingang vollständig zu. Als Teje und Sitamun dies sahen, weinten sie heftig, denn das Verschließen des Grabes machte ihnen noch einmal bewusst, dass Ameni für alle Zeit entschwunden war, dass es auf dieser Welt kein Wiedersehen gab. Erst die Beisetzung einer der beiden Großen königlichen Gemahlinnen würde Anlass sein, diese Mauer und den Zugang zum Grab wieder zu öffnen.
    Die Arbeiter hielten für mich das Siegel Nimurias und das Siegel der Totenstadt bereit, das einen liegenden Schakal über den neun knienden und gefesselten Widersachern Ägyptens zeigte, bereit. Beide drückte ich in den weichen Putz der Mauer, damit sie das Grab für immer und ewig verschlossen. Die Arbeiter schütteten den Eingang von außen mit Geröll und Schutt zu, damit er für Grabräuber nicht zu entdecken war.
    Wir anderen nahmen derweil etwas abseits ein symbolisches Mahl ein. Nachdem wir geendet hatten, vergruben die Priester die Speisereste und das Geschirr in einer vorbereiteten Grube.
    Langsam und schweigend verließ unser Zug das Tal. An den Gesichtern aller konnte ich ablesen, dass sie tief in Gedankenversunken waren, in Gedanken an den großen Amenophis und das Lebenswerk, welches er uns hinterlassen hatte, und in Gedanken an das künftige und ungewisse Schicksal der Beiden Länder.

ZEHN
    Du bist ihrer aller Herr, der sich abmüht mit ihnen,
    du Herr aller Lande, der für sie aufgeht,
    du Sonne des Tages, so gewaltig an Hoheit.
     
    F ür Ägypten musste ein Weg gefunden werden, wie es in all seiner Macht und Größe weiterregiert werden konnte, ohne dass Echnaton nach Waset zurückkehrte. Denn daran bestand für mich kein Zweifel: Echnaton würde Achet-Aton nicht verlassen. Doch mehr noch beschäftigte mich an diesen langen Abenden, die ich jetzt wieder so ganz allein in meinem Palast in Waset verbrachte, mein eigenes Schicksal. Wie würde mein weiterer Lebensweg aussehen? Ich hatte Ameni auf dem Sterbebett versprochen, dass ich mich immer, solange ich lebte, um seine Kinder, und wenn es erforderlich sein sollte, auch um seine Enkel kümmern würde. Welche Lebenszeit war mir denn noch beschieden? Ich war wahrlich ein alter Mann, wenngleich ich mich nicht als solcher fühlte. Sachmet sei es gedankt, plagten mich keine Schmerzen. Meine Beine trugen mich noch überallhin, und es fehlten mir nur wenige Zähne. Mein Gehör war noch das einer Eule, lediglich mein Augenlicht begann, etwas nachzulassen. Ich hatte noch

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