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Im Land des Regengottes

Im Land des Regengottes

Titel: Im Land des Regengottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Mayer
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leise, als ich sie aufzog. Ich hielt den Atem an und lauschte. Aber alles blieb still.
    »Petrus?«, flüsterte ich. »Bist du hier?«
    »Hmmm?« Das Geräusch kam aus einem der leeren Verschläge.
    Petrus lag auf einem Strohsack. Als ich mich neben ihm niederließ, rappelte er sich verschlafen auf. »Was willst du? Ist was passiert?«
    »Es tut mir so leid«, flüsterte ich. »Bitte vergib mir.«
    »Was?«
    »Ich schlafe im Haus und dich stecken sie hier in den Stall. Das ist so … unwürdig.«
    »Henrietta.« Petrus rieb sich die Augen. »Du musst wieder zurück ins Haus. Bitte.«
    »Nur wenn du mitkommst.«
    Ich nahm seine Hand, aber er entriss sie mir sofort wieder.
    »Bist du verrückt? Was machst du denn?«
    »Komm mit ins Haus. Sie können dich doch nicht in den Stall stecken wie einen hergelaufenen Köter.«
    »Wo soll ich denn schlafen? In deinem Bett etwa? Bitte, sei vernünftig, geh schnell wieder weg. Wenn uns die Leute sehen, gibt es einen Aufstand.«
    Er klang fast so, als hätte er Angst vor mir. Gekränkt richtete ich mich wieder auf. »Wie du willst. Ich hab es ja nur gut gemeint.« Ich schob die Klappe des Verschlags auf, als er mich aufhielt.
    »Halt, warte! Ich wollte dich nicht kränken.« Er streckte mir seine Hand hin. Ein Versöhnungsangebot. Ich zögerte einen Moment lang, bevor ich sie ergriff und drückte. Danach ließ er mich sofort wieder los. »Geh jetzt. Gute Nacht.«
    Als ich wieder über den Hof zurückschlich, hörte ich in der Ferne Hyänen heulen. Es klang wie Gelächter.
     
    Johanns Ochsenwagen war ein fahrender Gemischtwarenhandel. Auf der Ladefläche stapelten sich Konserven, Brühwürfel, Socken, Wolle und Stopfgarn, Fässer mit sauren Gurken und Heringen, Gläser mit sauren Drops, Kochtöpfe, Pfannen, Tischdecken, Waschpulver und Kerzenständer. Ich hockte mit angezogenen Beinen zwischen einem Korbstuhl und zwei Leitern, als wäre ich ein weiterer Artikel in seinem unglaublichen Sortiment.
    Der Händler selbst saß oben auf dem Bock und dirigierte seine sechzehn Ochsen wie ein Marionettenspieler seine Puppen. Seit wir aus Seeheim losgefahren waren, hatte er sich nicht mehr zu mir umgedreht. Vielleicht war er beleidigt, weil ich es vorgezogen hatte, hinten auf der Ladefläche Platz zu nehmen, anstatt mich neben ihn auf den Bock zu setzen. Aber ich war froh, dass ich mich nicht mit ihm zu unterhalten brauchte. Petrus ging vorne mit dem Treiber und den übrigen Burschen neben den Ochsen her. Seinen Kopf hielt er gesenkt, als ob er beim Gehen vor sich hin dämmerte. Wahrscheinlich hatte er in der Nacht vor Kälte kaum Schlaf gefunden.
    In zwei Wochen sollten wir Warmbad erreichen. Wie Fräulein Hülshoff mich wohl empfangen würde? Frau Welter hieß sie ja jetzt. Hoffentlich war sie nicht allzu entsetzt, mich zu sehen. Aber selbst wenn – sie muss mich einfach aufnehmen, dachte ich. Immerhin hatte ich dafür gesorgt, dass sie aus Swakopmund nach Bethanien gekommen war, auch wenn Freudenreich danach alles andere als nett zu ihr gewesen war.
    Petrus blickte sich zu mir um. Ich lächelte ihn an, aber er erwiderte mein Lächeln nicht. Woran er wohl dachte? Im Grunde hätte ich ihn in Seeheim nach Bethanien zurückschicken können. Ich wurde ja nun direkt nach Warmbad gefahren. Aber der Händler mit seinen fettigen Haaren und dem pockennarbigen Gesicht war mir nicht ganz geheuer, auch wenn Frau Sehl gesagt hatte, dass ich bei ihm gut aufgehoben wäre. Deshalb war ich sehr froh gewesen, dass Petrus sich uns angeschlossen hatte.
    Als ob das der wahre Grund wäre, hörte ich eine Stimme in meinem Kopf spotten, die wie die von Eva klang. »Du hast doch überhaupt keine Angst vor Johann.«
    Ich starrte auf den roten Nacken des Händlers, der von Falten durchzogen war, so als habe jemand mit einem Messer kreuz und quer hineingeritzt. Johann war vielleicht unangenehm, aber bestimmt nicht gefährlich.
    »Du bist verschossen, gib’s doch zu«, sagte Eva.
    »In einen Kaffer«, setzte Frau Sehl empört hinzu.
    So ein Unsinn, dachte ich trotzig. Ihr habt doch keine Ahnung, was in mir vorgeht. Und selbst wenn es so wäre: Warum sollte ich mich nicht in Petrus verlieben dürfen? Das Einzige, was ihn von uns unterscheidet, ist seine Hautfarbe.
    Mein Blick fiel auf den silbernen Ring an meiner linken Hand.
    Bertrams Verlobungsring. Ich trug ihn immer noch, obwohl ich längst nicht mehr Bertrams Verlobte war. Ich versuchte, den Ring abzustreifen, aber es ging nicht, er saß viel zu fest. Erst als

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