Im Land des Silberfarns: Roman (German Edition)
Ankunft der zivilisierten Welt in Neuseeland verkörpern. Er wirkte allerdings eher wie einer der Sträflinge auf einer Expedition in ein Land, in das er nur unter Androhung schwerer Sanktionen reiste. Zwei wuchtige Kisten begleiteten ihn, sie wurden von zwei finster aussehenden Gesellen hinter ihm her getragen. Offensichtlich rechnete Busby nicht mit einem kurzen Aufenthalt.
Noch bevor die Mercury in See stechen konnte, hatte auch Gregory seine erste Gelegenheit für ein Gespräch mit dem Politiker.
Busby tauchte schwer atmend neben ihm auf und sah mit sorgenvoller Miene zum Horizont. »Was denkt Ihr, wie das Wetter wird, mein Junge?« Er klang, als ob ihn Sorgen drückten.
Gregory zuckte mit den Achseln. »Ich bin noch nie in diesen Regionen gesegelt. Aber was ich so von meinen Kameraden höre, sind die Gewässer zwischen Tasmanien und Neuseeland recht unruhig. Selbst bei bestem Wetter müssen wir wohl mit einigem Seegang rechnen.«
Busby stöhnte und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Entsetzlich. Ich vertrage die See nicht so gut, müsst Ihr wissen. Jedes Mal schwöre ich mir erneut, dass ich nie wieder einen Fuß auf ein Schiff setze. Und immer wieder entsendet mich Seine Majestät in ein Land, das noch weiter entfernt liegt.« Er seufzte noch einmal. »Verzeiht, wenn ich so offen spreche – aber habt Ihr hier an Bord einen kleinen Vorrat an Rum oder etwas Ähnlichem? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man berauscht sehr viel leichter die Übelkeit vergessen kann.«
Gregory deutete in Richtung des Kapitäns. »Da müsst Ihr Euch an diesen Mann halten. Für uns ist meist nur ein dünnes Bier vorgesehen, das reicht sicher nicht für einen ordentlichen Rausch. Sagt mir, wo genau in Neuseeland werdet Ihr denn Eure Residenz wählen?«
»Kororareka heißt das Kaff. Besteht wohl nur aus Barbesitzern und leichten Mädchen, wie ich gehört habe. Da ist ein Leben oft weniger wert als ein Humpen Bier. Was jetzt nicht heißt, dass ich ein Bier nicht schätzen würde …« Er strich sich nervös über seine schütter werdenden Haare und zeigte zum Kapitän. »Da muss ich also hin?«
Gregory nickte, während seine Gedanken sich überschlugen. Kororareka, das war der Ort, an dem dieser Ardroy und Anne leben wollten. Zumindest glaubte Gregory, sich an diesen Namen zu erinnern. Aber es konnte doch nicht sein, dass ein Mann eine anständige junge Frau dazu zwang, an so einem Ort zu leben? Es war bestimmt nicht das erste Mal, dass er von diesem Kororareka gehört hatte. Aber den Worten der meisten Matrosen sollte man nicht allzu viel Glauben schenken. Da wurde aus einem lauen Lüftchen schnell mal ein Sturm, oder eine einzige Frau im bunten Rock sorgte dafür, dass sie von einem ganzen Nest an leichten Mädchen zu träumen begannen. Aber jetzt war auch noch der Vertreter des englischen Königs der Meinung, in einem Kaff der Sünde zu enden.
Busby nickte unterdessen dankbar und verschwand zum Kapitän. Hoffentlich zeigte er auf dem Festland mehr Standfestigkeit, sonst würden es Gesetz und Ordnung in Neuseeland sicher schwer haben. Gregory sah ihm nachdenklich hinterher. Was, wenn es in diesem Ort mit dem zungenbrecherischen Namen tatsächlich so gesetzlos zuging? Dann war dieser Busby doch völlig hilflos ohne eine Armee. Gregory war sich nicht einmal sicher, ob der Mann eine Pistole zu seiner eigenen Sicherheit am Gürtel trug.
Er konnte seinen Gedanken nicht allzu lange nachhängen. Ein paar Befehle reichten, um die Mannschaft der Mercury aufzuscheuchen. Der Anker wurde gelichtet, die Segel gesetzt, und die Mercury drehte ihre Nase in Richtung Südosten. Gregory atmete tief durch und schloss für einen kurzen Moment die Augen. Nur noch wenige Tage auf dem Meer, und er hatte sein Ziel erreicht. Nach so vielen Monaten war es jetzt nur noch eine Frage von wenigen Tagen, bis er vor seiner Anne stehen konnte. Immer wieder hatte er sich das Wiedersehen ausgemalt, sich vorgestellt, wie er vor Anne auftauchen würde. Ihr lässig zunicken würde. »Ich wollte mal nach dir sehen« oder etwas Ähnliches sagen – um klarzumachen, dass es für ihn eine Selbstverständlichkeit war, einfach um die ganze Welt zu reisen, nur um eine Frau noch einmal zu sehen. Das würde ihr schon beibringen, dass er alles andere als ein verwöhnter Knabe war, der sich nur ein Leben im Wohlstand vorstellen konnte.
Er atmete tief durch. Ein einziger Blick in ihre Augen, und er wüsste, wie es ihr ging. Wenn er erkennen würde, dass sie mit
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