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Im Licht der roten Erde

Im Licht der roten Erde

Titel: Im Licht der roten Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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sollte, ohne skeptisch oder gar verletzend zu wirken.
    Beth kam ihr zu Hilfe. »Jennifer macht einen Spagat zwischen zwei Welten … ihrer und unserer, die ebenfalls zu ihrer geworden ist.« Sie beschrieb mit dem Arm einen weiten Bogen. »Zwei Jahrhunderte lang hat der überwiegende Teil der weißen Weltbevölkerung diese Menschen als Primitive im grausamsten Sinne des Wortes betrachtet. Jetzt wachen wir auf, zumindest einige von uns, und erkennen, dass diese Überlebenden Hüter einer ausgesprochen reichen, äußerst komplexen, weisen alten Kultur sind. Dahinter steckt mehr als kuriose Geschichten über die Fähigkeiten eines
banman.
Es geht um die Kraft der Familie, der Gemeinschaft, den Respekt vor den Ahnen, die Verbundenheit mit dem Land … und noch um vieles andere.«
    »Trotzdem ist es nicht genug, dass die Leute von unserem Geschenk, von unserer Gabe hören wollen«, sagte Jennifer traurig. »Sie wollen nicht wahrhaben, dass es Teile unserer Zivilisation, unserer Kultur gibt, die uns allen helfen könnten, unser Leben, unsere Familien und dieses Land ein bisschen besser zu gestalten.«
    »Das ändert sich sicher«, sagte Susan. »Denk nur mal an das große öffentliche Interesse am Thema Aborigines, an die Kunst, an den Tourismus. Das ist gewiss ein Anfang.«
    »Ein Anfang«, wiederholte Beth resigniert.
    Sie verstummten, und eine Zeitlang widmete sich Susan wieder der großen Kavalkade der Sterne.
    »Zeit, ins Bett zu gehen«, sagte Jennifer und erhob sich. »Ich habe unser Gespräch genossen, und noch einmal: Danke für die Hilfe.«
    »Gute Nacht. Schlaf schön.«
    Als sie gegangen war, fragte Susan Beth, ob sie wirklich glaube, dass ein
banman
die Lösung für Rowenas Probleme sei. »Sie hat einen Psychiater erwähnt. Offenbar hat sie sich die beste professionelle Hilfe gesucht, die man in L.A. für Geld bekommen kann.«
    »Wer kann das schon wissen? Vermutlich nur der
banman.
Aber ich würde nicht so leicht abtun, was vielleicht auf den ersten Blick aussieht wie Hokuspokus. Diese Menschen behaupten, ihre Kräfte kämen aus der Erde und seien eingeschlossen in bestimmte Objekte wie die
mahmah-
Steine. Sie können mit den Ahnengeistern reden und per Gedankenübertragung Nachrichten empfangen, sie können bestrafen und töten, ohne dass das Opfer weiß, wie ihm geschieht. Du hast sicher schon mal vom
bone pointing
gehört, dem ›Totsingen‹ der Aborigines, mit dem Stammesangehörige bestraft werden, die ein schweres Verbrechen begangen haben.« Sie warf Susan, die den Kopf schüttelte, einen Blick zu. »Auf das Opfer wird ein sogenannter Zeigeknochen gerichtet oder, wenn es selbst nicht anwesend ist, auf den Ort, an dem es sich aufhält. Dazu singen die Männer streng geheime rituelle Lieder. Wird der Knochen anschließend verbrannt oder vergraben, soll angeblich bei der ausgewählten Person der sofortige Tod eintreten.« Beth klopfte Susan freundschaftlich auf den Rücken. »Nun hast du etwas, worüber du nachdenken kannst, wenn du nicht schlafen gehen magst.«
    »Zauberkünstler also? Klingt genau nach dem, was Rowena braucht. Gute Nacht.«
     
    Am Morgen verkündete Hunter, er würde in zwei Tagen zu den Wards fahren, um von deren privater Start- und Landebahn eine Ladung Touristen aus Europa abzuholen, die Rowena einfliegen lassen wollte. »Sie hat telefoniert, um die Dinge zu arrangieren. Der Empfang ist heute gut.«
    Diese beiläufige Bemerkung löste eine Flut schockierter Fragen aus.
    »Werden sie die Felsmalereien besichtigen? Haben sie eine Genehmigung dafür?«
    »Wo sind sie untergebracht?«
    »Um was für eine Art Touristen handelt es sich?«
    Hunter hob abwehrend die Hände. »Ach du liebe Güte, das entzieht sich meiner Kenntnis, ich bin bloß für diese Tour gebucht. Soweit ich weiß, handelt es sich um Kunsthändler aus Europa, die zur Avenue-Station reisen.«
    »Das ist genau das, was die Barradja nicht wollen!«, rief Susan aus.
    Alans Gesicht wurde rot vor Ärger. »Ich habe keine Ahnung, wo sie hochwertige Kunstwerke zu kaufen gedenkt, Bungarra ist an mich gebunden.«
    »Wie geht es ihr überhaupt?«, erkundigte sich Susan, überrascht zu hören, dass Rowena schon wieder obenauf war, zumindest was geschäftliche Dinge betraf.
    Hunter zuckte die Achseln. »So wie immer.«
     
    Rowena erschien zum Frühstück, strahlend, effizient und voller Pläne. Sie aß eine Schale Müsli und vermied es, Beth oder Susan in die Augen zu schauen. Offensichtlich würde die Szene der vergangenen Nacht

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