Im Licht der Sonne: Roman (German Edition)
sie auf den Zusammenprall vorbereitet gewesen war und er nicht, geriet er auf der eisglatten Straße prompt ins Rutschen. Aus einem Reflex heraus packte er sie mit beiden Armen, sodass sie beide ins Schlittern kamen.
Aber Ripley lachte nur, und der kleine Stoß mit dem Ellenbogen, den sie ihm versetzte, war rein freundschaftlich. »Wie oft rennst du eigentlich so im Schnitt pro Tag gegen eine Mauer?«
»Ich zähle nicht mit. Es ist so demoralisierend. Hey, du
bist hübsch!« Mac packte Ripley abermals, stand aber diesmal fest mit beiden Füßen auf dem Boden. Er hob sie auf die Zehenspitzen hoch und drückte ihr einen langen, warmen Kuss auf den Mund.
In ihrem Bauch begann es zu prickeln. »Ich bin nicht hübsch, sondern nass und total durchgefroren. Meine Nase ist rot, und meine Zehen sind die reinsten Eiswürfel. Zack und ich haben gerade eine elendige Stunde auf der Küstenstraße verbracht. Der Sturm hat Stromleitungen heruntergerissen, Autos von der Fahrbahn abgebracht und den größten Teil eines Baums durch das Dach von Ed Sutters Werkstatt krachen lassen.«
»Du hast dir wirklich einen faszinierenden Job ausgesucht, das muss ich schon sagen.«
»Haha. Ich glaube aber, bis morgen wird sich der Sturm so ziemlich wieder gelegt haben«, erklärte sie und blickte – so wie es die Inselbewohner seit Jahrhunderten taten – prüfend aufs Meer hinaus und zum Himmel hinauf. Beide waren so grau wie Blei. »Aber nach diesem Unwetter werden wir erst mal gründlich aufräumen müssen. Was, zum Teufel, machst du eigentlich hier draußen? Ist bei dir auch der Strom ausgefallen?«
»Als ich das Haus verlassen habe, war noch Strom da. Ich wollte einen anständigen Kaffee trinken gehen.« Er wies in die Richtung, aus der sie gekommen war, und dann in die Richtung, in die sie anschließend gegangen war. »Wolltest du zu mir, um nachzusehen, ob bei mir alles in Ordnung ist?«
»Es ist mein Job, mich um das Wohlergehen der Bewohner dieses glücklichen kleinen Eilands zu kümmern.«
»Das ist aber wirklich aufmerksam von Ihnen, Deputy Todd. Darf ich Sie zu einer Tasse Kaffee einladen?«
»Ich könnte jetzt wirklich dringend einen Kaffee vertragen und irgendeinen warmen, trockenen Ort, wo ich mich mal eben kurz aufwärmen kann.«
Mac nahm Ripley bei der Hand, als sie durch Schnee und Eisregen die High Street hinaufmarschierten. »Wie wär’s, wenn ich einen halben Liter Suppe und noch irgendeine Kleinigkeit dazu kaufe, die ich zu Hause aufwärmen kann? Wir könnten ja später bei mir zu Abend essen.«
»Die Chancen, dass du auch heute Abend noch Strom in deinem Cottage haben wirst, sind eher gering. Wir haben für solche Fälle einen Generator im Haus. Warum packst du nicht einfach ein was du für die Nacht brauchst, und übernachtest heute bei uns?«
Er warf ihr einen Blick von der Seite zu, seine braunen Augen hoffnungsvoll. »Kocht Nell heute Abend?«
»Ist Gras grün?«
»Okay, alles klar, ich werde kommen.« Er zog die Tür der Buchhandlung für sie auf.
Wie von einer unsichtbaren Strippe gezogen, tauchte Lulu hinter einem der Bücherregale auf. »Ach so, ihr. Ich hätte mir ja eigentlich denken können, dass es nur zwei Wahnsinnige sein konnten. Vernünftige Leute sind jetzt nämlich zu Hause und jammern über das Wetter.«
»Und warum bist du nicht zu Hause?«, fragte Ripley.
»Weil es gerade noch genug Wahnsinnige auf dieser Insel gibt um den Laden offen zu halten. Hab ein paar von ihnen oben im Café.«
»Genau da wollen wir auch hin. Ist Nell schon nach Hause gegangen?«
»Noch nicht. Mia hatte ihr freigegeben, aber Nell weigerte sich zu gehen. Meinte, es wäre doch sinnlos, wenn Peg bei diesem Wetter extra herkommen müsste, wenn sie, Nell, doch schon hier wäre. Wir schließen aber heute eh früher in einer Stunde.«
»Gut zu wissen.« Ripley zog sich ihre durchnässte Baseballkappe vom Kopf und ging die Treppe hinauf.
»Tust du mir einen Gefallen?«, sagte sie zu Mac.
»Sicher.«
»Kannst du noch so lange hier bleiben, bis der Laden schließt, und dafür sorgen, dass Nell heil nach Hause kommt?«
»Klar, gerne.«
»Danke. Das wäre wirklich eine Erleichterung für mich. Ich kann Zack ja Bescheid sagen, dass du Nell zurückbegleitest, dann braucht er sich keine Sorgen zu machen.«
»Ich werde Nell bitten, mit zu mir nach Hause zu kommen und mir zu helfen, meinen Kram zusammenzupacken.«
Ripley grinste süffisant. »Du bist ganz schön raffiniert, was?«
»Das behaupten die Leute
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