Im Licht der Sonne: Roman (German Edition)
eine leichte Störung aus.
Beschwerden, Müdigkeit, die Erinnerung an einen Streit mit dem Ehepartner und ein quälendes Verlangen nach Eiscreme.
»Na ja, solange er im Koma liegt, macht er wenigstens keinen Ärger. Aber es ist schon merkwürdig, wie er nur einige Stunden, nachdem dieser Reporter ihn verlassen hat, zusammengebrochen ist. Vorher war er hellwach und aufmerksam, stabil, war tagelang vollkommen ansprechbar, und dann plötzlich diese Kehrtwende um hundertachtzig Grad.«
Die Krankenschwestern gingen durch den Flur, und eine von ihnen schauderte leicht, als Ripley an ihnen vorbeischwebte.
»Wow. Was war das? Mir ist eben ein richtiger Schauder über den Rücken gelaufen.«
Ripley bewegte sich durch die geschlossene Tür hindurch und in das Zimmer, in dem Remington lag. Mehrere Geräte zeichneten seine Vitalsymptome auf, Überwachungskameras beobachteten ihn aus leeren Augen.
Ripley beugte sich vor, betrachtete ihn. Komatös, bewegungsunfähig, sicher hinter Schloss und Riegel. Was konnte er jetzt schon groß an Schaden anrichten?
Genau in dem Moment, als sie dies dachte, öffneten sich seine Augen und grinsten sie an.
Sie spürte einen Stich in ihrem Herzen, der Schmerz unglaublich
scharf und vollkommen real. Die Kraft, die sie umgab, die in ihr war, geriet ins Wanken. Und sie fühlte, wie sie stürzte. Seine Gedanken schlugen auf ihren Geist ein. Blutige, gewalttätige Fäuste, die von Rache sprachen, von Tod und Vernichtung. Sie kniffen sie, gruben sich in ihr Fleisch, gierige Finger, die auf irgendeine unerklärliche, grauenhafte Art erregend waren. Die sie dazu verlockten, sich zu ergeben.
Jeden Widerstand aufzugeben und sich willenlos packen zu lassen.
Nein, du wirst mich nicht kriegen, weder mich noch die meinen!
Sie kämpfte mit aller Macht dagegen an und versuchte verzweifelt, sich aus dem Griff der gierigen Klauen zu befreien. Winzige Flügel der Panik flatterten in ihrer Kehle, als sie die schiere, unglaubliche Kraft dessen erkannte, was in ihm zum Leben erwacht war.
Mit einem Schrei der Wut und der Angst befreite sie sich schließlich.
Und fand sich ausgestreckt liegend in dem Kreis wieder, den sie auf dem einfachen Holzfußboden des Polizeireviers gezogen hatte.
Wimmernd vor Schmerz, riss sie ihre Bluse auf und starrte voller Horror auf die dicken roten Striemen, die sich zwischen ihren Brüsten abzeichneten.
Sie erhob sich mühsam auf die Füße und fand Beherrschung genug wieder, den Kreis zu schließen. Sie stolperte gerade zu dem Verbandskasten, als plötzlich die Tür aufsprang.
Mia kam wie ein Wirbelwind hereingestürmt. »Was, zum Teufel, fällt dir ein?«
Instinktiv zog Ripley ihre Bluse über der Brust zusammen. »Was machst du denn hier?«
»Hast du etwa gedacht, ich würde es nicht merken?« Zitternd
vor Wut, verringerte Mia den Abstand zwischen ihnen. »Hast du allen Ernstes geglaubt, ich würde es nicht spüren? Wie kannst du es wagen, so etwas ganz allein zu unternehmen, ohne vernünftige Vorbereitung? Weißt du überhaupt, was du da riskiert hast?«
»Es war mein Risiko, und du hast kein Recht, mir nachzuschnüffeln.«
»Es war nicht nur dein Risiko, du hast alles riskiert, und das weißt du auch. Genauso wie du weißt, dass ich dir nicht nachspioniert habe. Du hast mich mitten aus einem wundervollen kleinen Traum geweckt.«
Ripley legte den Kopf schief und sah Mia genau an. Mias Haar war ein wildes Durcheinander, sie trug keinen Lippenstift, und ihre Wangen waren ganz blass. »Jetzt, wo du es sagst, sehe ich es auch. Du hast dir ja noch nicht einmal Zeit genommen, deine Kriegsbemalung anzulegen. Ich glaube, ich habe dich nicht mehr ohne Make-up gesehen, seit wir fünfzehn waren.«
»Und selbst ohne Make-up sehe ich immer noch besser aus als du – ganz besonders jetzt. Du bist ja käseweiß. Setz dich erst mal. Na los, setz dich«, wiederholte sie und löste das Problem dann einfach, indem sie Ripley auf einen Stuhl drückte.
»Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten.«
»Du gehörst aber leider zu meinen Angelegenheiten. Wenn du wissen wolltest, was Remington macht, warum hast du dann nicht einfach nur nachgeschaut?«
»Erstens mal möchte ich dir sagen, dass du mich kreuzweise kannst! So, das wäre geklärt. Und zweitens weißt du genau, dass ich auf diesem Gebiet nicht so viel Glück habe wie du. Und ich hatte auch keinen Kristall oder eine Glaskugel oder …«
»Ein Glas Wasser hätte vollkommen ausgereicht, wie du sehr genau weißt. Es ist
Weitere Kostenlose Bücher