Im Licht der Sonne: Roman (German Edition)
freundschaftlich war. »Sie verbrennen mir das Handgelenk.« Ihr Blick wurde wieder klar, die Farbe ihrer Augen verwandelte sich wieder in Grün zurück, als sie langsam ihren Griff um sein Handgelenk löste und die Finger spreizte. Aber ihre Hand war nicht ruhig, sondern zitterte leicht, als sie hinunterblickte, die roten Striemen sah, die ihre Finger auf seiner Haut hinterlassen hatten. Sie schloss die Augen.
»Ich will das nicht tun.« Ripley kämpfte verzweifelt darum, ihr rasendes Herz zu beruhigen, wieder normal zu atmen, jenen heftigen Energieimpuls zu unterdrücken. Wieder sie selbst zu sein.
»Hier.«
Sie hatte Mac nicht aufstehen oder zur Spüle gehen hören. Aber als sie die Augen wieder öffnete, stand er neben ihr und bot ihr ein Glas Wasser an.
Nachdem sie das Glas angenommen und das Wasser hastig getrunken hatte, wusste sie nicht mehr so recht, ob sie wütend war oder ob ihr der Vorfall peinlich war. Aber eines wusste sie mit Sicherheit. Es war einzig und allein Macs Schuld. »Sie haben nicht das Recht, hierher zu kommen und in anderer Leute Leben herumzuschnüffeln.«
»Wissen und Wahrheit bewahren uns vor dem Chaos.« Sein Ton war ruhig, vernünftig. Und erweckte in ihr den Wunsch, ihm an die Kehle zu springen. »Sie durch Mitgefühl und Toleranz zu mildern, macht uns menschlich. Wissen und Aufklärung verhindern, dass sich Fanatiker von der Furcht und Ignoranz der Menschen nähren können. So wie sie es vor dreihundert Jahren in Salem getan haben.«
»Die Tatsache, dass Hexen nicht mehr verbrannt werden, bedeutet nicht, dass die Welt toleranter geworden ist. Ich
möchte nicht Teil Ihrer Untersuchung sein, und das ist mein letztes Wort.«
»Okay.« Sie sieht plötzlich so müde aus, dachte er. So als ob sie völlig erschöpft wäre. Ihr Anblick rührte ihn – weckte eine Mischung aus Schuldbewusstsein und Mitleid in ihm. »In Ordnung. Aber neulich abends ist etwas passiert, das die Sache für uns beide schwierig machen könnte.«
Er wartete einen Moment, während sie auf ihrem Stuhl herumrutschte, bis sie ihm widerwillig ihre Aufmerksamkeit widmete. »Ich habe eine Frau am Strand gesehen. Zuerst dachte ich, Sie wären es. Sie hatte große Ähnlichkeit mit Ihnen; die gleichen Augen, die gleiche Haarfarbe. Sie wirkte sehr einsam und zutiefst niedergeschlagen. Sie sah mich an, für einen langen Moment. Dann verschwand sie.«
Ripley presste die Lippen zusammen, dann griff sie nach ihrem Weinglas. »Vielleicht hatten Sie zu viel Wein getrunken.«
»Sie sucht Erlösung. Und ich möchte ihr helfen, diese Erlösung zu finden.«
»Sie wollen Daten«, gab sie scharf zurück. »Sie wollen Ihren Kreuzzug rechtfertigen, vielleicht Ihr Buch an den Mann bringen und ordentlich Kohle dafür kassieren.«
»Ich möchte verstehen.« Nein, dachte Mac, das allein ist es nicht. Das ist nicht der Kernpunkt der Sache. »Ich möchte Bescheid wissen.«
»Dann unterhalten Sie sich mit Mia. Sie liebt es, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen.«
»Sie und Mia sind zusammen aufgewachsen?«
»Ja. Na und?«
Er kam zu dem Schluss, dass es leichter, ja sogar erheblich angenehmer war, mit ihr umzugehen, wenn sie zu ihrem gewohnt schroffen Benehmen zurückgefunden hatte. »Mir ist aufgefallen, dass das Verhältnis zwischen Ihnen beiden ein kleines bisschen … gespannt ist.«
»Ich muss mich wiederholen. Na und?«
»Neugier ist eines der wichtigsten Hilfsmittel des Wissenschaftlers.«
»Neugier ist auch schon so manchem zum Verhängnis geworden«, erwiderte Ripley mit einer Andeutung ihres früheren spöttischen Lächelns. »Und außerdem bezeichne ich es nicht als Wissenschaft, wenn jemand um den Erdball herumdüst und den Hexenjäger spielt.«
»Wissen Sie was? Das ist genau das, was mein Vater sagt«, meinte Mac vergnügt, als er aufstand, um die Suppenteller in die Spüle zu stellen.
»Ihr Vater scheint ein sehr vernünftiger Mann zu sein.«
»O ja, das ist er. Ich bin eine ständige Enttäuschung für ihn. Halt nein, das ist unfair«, korrigierte er sich, als er wieder zum Tisch kam und ihre Weingläser nachfüllte. »Ich bin eher ein Rätsel für ihn, so eine Art Puzzle, und er ist überzeugt, dass ein paar der Teile verloren gegangen sind. Aber trotzdem kommen wir sehr gut miteinander aus. Also. Erzählen Sie mir von Ihren Eltern.«
»Sie sind inzwischen im Ruhestand. Mein Vater war vor Zack der Sheriff hier auf der Insel, meine Mutter war konzessionierte Wirtschaftsprüferin. Sie haben vor einiger
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