Im Licht der Sonne: Roman (German Edition)
haben.«
Ripley fühlte einen Stich in der Brust, als sie Schokoladenpulver in einen Becher schüttete. »Mann«, murmelte sie.
»Jeder macht mal ’nen Fehler, aber nur ein Feigling versteckt sich davor. Das ist ein guter Spruch, findest du nicht auch, Tante Rip? Den kann ich in meinem Aufsatz anbringen.«
»Ja.« Sie fluchte unterdrückt vor sich hin. »Der ist gut.«
Wenn ein zwölfjähriger Junge es fertig bringt, für seine Missetaten geradezustehen, sagte sich Ripley, dann sollte eine dreißigjährige Frau eigentlich in der Lage sein, das Gleiche zu tun.
Vielleicht würde sie stattdessen lieber Hausarrest bekommen, vielleicht würde sie lieber den gefürchteten Aufsatz
schreiben, als reumütig an Macs Tür zu klopfen. Aber sie hatte nun einmal keine andere Wahl. Nicht, wenn sie von Schuldgefühlen, Scham und dem Beispiel eines Zwölfjährigen bedrängt wurde.
Sie dachte, dass Mac ihr womöglich einfach die Tür vor der Nase zuknallen würde – und musste sich wohl oder übel eingestehen, dass sie ihm wirklich keinen Vorwurf daraus machen könnte. Wenn er das tat, könnte sie ihm natürlich einfach einen höflichen Entschuldigungsbrief schreiben. Was fast wie eine Strafarbeit war, wenn man es genau bedachte.
Trotzdem, ihr erster Schritt musste darin bestehen, ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüberzutreten und sich persönlich bei ihm zu entschuldigen. Und so stand sie vor der Tür seines Cottage, als sich die Abenddämmerung herabsenkte, und bereitete sich innerlich darauf vor, vor ihm zu Kreuze zu kriechen.
Mac öffnete die Tür. Er trug seine Lesebrille und ein Sweatshirt mit einem Emblem der Universität von Dingsda und einem aufgedruckten Bild von Bullwinkle. Unter anderen Umständen hätte sie bei dem Anblick des Sweatshirts gegrinst. »Deputy Todd«, sagte er. Sehr kühl, sehr reserviert.
Nein, dies war definitiv keine Situation, in der Grinsen angebracht war. »Kann ich für einen Moment hereinkommen?« Sie kam sich bereits jetzt ziemlich klein und hässlich vor. »Bitte.«
Bei dem »bitte« zog er wortlos die Brauen hoch. Er trat einen Schritt zurück, bedeutete ihr mit einer Handbewegung, ins Haus zu kommen.
Sie konnte sehen, dass er gerade gearbeitet hatte. Ein paar der Monitore waren eingeschaltet. Über einen der Bildschirme flimmerten zickzackförmige Linien, die sie unwillkürlich an EKG-Geräte im Krankenhaus erinnerten.
Mac hatte ein Feuer im Kamin angezündet, und sie konnte den Geruch von abgestandenem Kaffee riechen.
»Ich störe dich bei der Arbeit«, begann sie.
»Ist schon in Ordnung. Lass mich deine Jacke aufhängen.«
»Nein«, erwiderte sie abwehrend und zog ihre Jacke noch enger um sich. »Was ich zu sagen habe, dauert nicht lange, und dann werde ich wieder verschwinden und dich in Ruhe lassen. Ich möchte mich für neulich entschuldigen. Ich war im Unrecht. Total im Unrecht, und ich habe mich unmöglich benommen. Es gibt keine Rechtfertigung für das, was ich getan, was ich gesagt oder wie ich mich benommen habe.«
»Ja, ich schätze, damit wäre so ziemlich alles abgedeckt.« Er hatte eigentlich weiterhin wütend auf sie sein wollen. Er hatte sich auf dieser Schiene sehr wohl gefühlt. »Entschuldigung angenommen.«
Ripley vergrub die Hände in den Jackentaschen. Sie mochte es nicht, wenn die Dinge zu einfach waren. »Ich habe überreagiert«, begann sie von neuem.
»Da will ich dir nicht widersprechen.«
»Ich wäre dir sehr verbunden, wenn du mich ausreden lassen würdest.« Ihre Stimme wurde frostig, gerade genug, um ihn zu belustigen.
»Nur zu, sprich weiter.«
»Ich weiß nicht, warum ich überreagiert habe, aber ich habe es nun mal getan. Selbst wenn du mit Mia auf eine … eine intime Art zusammen gewesen bist, ist das einzig und allein deine Privatangelegenheit, etwas, was mich nichts angeht. Ich bin nur für mein eigenes Tun, für meine eigenen Entscheidungen verantwortlich, und ich will es auch gar nicht anders haben.«
»Ripley«, sagte Mac, jetzt sanft. »Gib mir deine Jacke.«
»Nein, ich habe nicht vor zu bleiben. Ich habe mich furchtbar darüber aufgeregt, weitaus mehr, als es eigentlich gerechtfertigt gewesen wäre. Und das stinkt mir. Und Tatsache ist, dass ich mir eingeredet habe, dass du dich an mich
rangemacht hast – und dann an Mia –, um uns beide weich zu klopfen, damit wir dir bei deiner Forschungsarbeit helfen würden.«
»Also …« Mac nahm seine Brille ab, ließ sie an einem Bügel hin und her baumeln. Seine schönen
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