Im Licht der Sterne: Roman (German Edition)
und kam sich einigermaßen dämlich vor.
»Im Sommer, als ich hierher kam, habe ich versucht, mir vorzustellen, wie es wohl wäre, die Bäume im Herbst zu sehen, bunt gefärbt, unter ihnen spazieren zu gehen und den Geruch und die erste Kälte des kommenden Winters zu spüren. Ich habe die Kälte vermisst, den Wechsel der Jahreszeiten, als ich in Kalifornien gelebt habe.«
Sie atmete einmal kurz durch. »Ich habe drei Jahre in Kalifornien gelebt. Hauptsächlich in Los Angeles, obgleich wir auch viel Zeit in dem Haus in Monterey verbracht haben. Ich war lieber dort, aber ich habe gelernt, das vor ihm zu verheimlichen, weil er sonst Möglichkeiten gefunden hätte, diese Fahrten in den Norden zu verhindern. Er hat sich mit Vorliebe kleine Gemeinheiten ausgedacht, um mich zu bestrafen.«
»Du hast ihn geheiratet.«
»Ja. Er war gut aussehend und romantisch und klug und reich. Ich dachte, hier ist mein Prinz, und wir leben glücklich bis ans Ende unserer Tage. Ich war geblendet und geschmeichelt und verliebt. Er hat sich sehr bemüht, mich in ihn verliebt zu machen. Es ist unnötig, zu sehr ins Detail zu gehen. Du hast einiges sowieso schon lange erraten. Er war grausam, sowohl in vielen Kleinigkeiten als auch bei wesentlichen Dingen. Er hat mich klein gemacht. Klein, kleiner, am kleinsten, bis ich
vollständig verschwunden war. Als er mich geschlagen hat … zum ersten Mal, war es ein Schock. Niemand hatte mich jemals geschlagen. Ich hätte ihn verlassen müssen, in derselben Minute. Oder es versuchen müssen – er hätte es zwar niemals zugelassen, doch ich hätte es wenigstens versuchen müssen. Aber ich war erst einige Monate verheiratet, und irgendwie hat er mir das Gefühl eingeimpft, dass ich es nicht besser verdient hatte. Weil ich so dumm war. Oder ungeschickt. Oder vergesslich. Wegen aller möglichen Dinge. Er hat mich wie einen Hund trainiert. Ich bin wahrhaftig nicht stolz darauf.«
»Hattest du keinerlei Hilfe?«
Es war so ruhig im Wald, die See nur ein entferntes Murmeln, die Vögel zu träge zum Singen. Sie konnte in dieser totalen Stille jeden einzelnen ihrer Schritte rascheln hören auf dem bereits von gefallenen Blättern bedeckten Boden.
»Zuerst nicht. Ich wusste, dass es so etwas wie Missbrauch gab. Hatte Zeitungsartikel gelesen, Geschichten. Aber das ließ sich nicht auf mich übertragen. Ich war kein Teil dieses Teufelskreises. Ich kam aus einer guten, stabilen Familie, ich hatte einen intelligenten, erfolgreichen Mann geheiratet. Ich lebte in einem großen, schönen Haus. Ich hatte Bedienstete.«
Sie steckte eine Hand in ihre Tasche. Sie hatte sich einen magischen Beutel für Mut gemacht und ihn mit sieben Knoten sorgfältig geschlossen. Ihn zu berühren beruhigte ihre Nerven ein bisschen.
»Es war nur so, dass ich weiterhin Fehler machte, das war alles. Wenn ich das nicht getan hätte, wäre alles wieder in Ordnung gewesen. Aber es wurde immer schlimmer, und ich konnte mich nicht länger selbst belügen. Eines Nachts hat er mich an meinen Haaren nach oben gezerrt. Es war lang damals«, erklärte sie. »Ich dachte, dass er mich töten würde. Ich dachte, dass er mich schlagen und vergewaltigen und dann töten würde. Er hat es nicht getan. Er hat nichts dergleichen getan. Aber ich habe begriffen, dass er dazu in der Lage
wäre und dass ich mich nicht dagegen wehren könnte. Ich ging zur Polizei, aber er ist ein einflussreicher Mann. Er hat Verbindungen. Ich hatte einige Schrammen, aber nichts Gefährliches. Sie haben nichts unternommen.«
Das zu wissen brannte heiß in Zack. »Sie hätten dir helfen müssen. Sie hätten dich zu einem Ort bringen müssen, wo du geschützt gewesen wärst.«
»So weit es sie betraf, war ich eine reiche, verwöhnte Trophäe, die nichts als Ärger machte. Es ist egal«, sagte sie erschöpft. »Sie hätten mich sonstwo hinbringen können. Er hätte mich gefunden. Ich bin einmal weggerannt, und er hat mich gefunden. Und ich habe dafür bezahlt. Er hat es mir klar gemacht, er wollte sichergehen, dass ich eine Sache ein für allemal verstehe: dass ich zu ihm gehöre und ihn niemals verlassen kann. Wohin ich auch immer gehe, er wird mich finden. Weil er mich liebt.«
Ein heftiger Schauder überfiel sie, als sie das aussprach. Sie blieb stehen, sah Zack an. »Es ist seine Version von Liebe, regellos, grenzenlos. Selbstsüchtig, kalt, obsessiv und beherrschend. Er würde mich lieber tot sehen, als mich gehen zu lassen. Das ist keine Übertreibung.«
»Ich
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