Im Licht der Träume: Drei Romane in einem Band (German Edition)
und trat dann zurück. »Dreh den Kopf ein wenig. Nur ein winziges Stück. Jetzt stell dir vor, wie ich dich berühre. Wie meine Hände sacht über deinen Körper streichen. Ja, gut. Gut so.« Er ging am Fußende des Bettes in die Hocke, arbeitete schnell und konzentriert. »Wenn ich eine Dunkelkammer hätte, könnte ich den Film gleich heute Abend entwickeln. Und dir zeigen, was ich sehe.«
»Ich habe eine.« Ihre Stimme war atemlos, erregt.
»Wie bitte?«
»Ich habe eine für dich eingerichtet. Hinter der Küche.« Unsicher lächelte sie ihn an, als er die Kamera senkte und sie anstarrte. »Ich wusste, du würdest kommen, und ich wollte, dass du alles vorfinden würdest, was du für dein Wohlbefinden benötigst.«
Damit du bei mir bleibst, dachte sie, sprach es jedoch nicht aus.
»Du hast eine Dunkelkammer eingerichtet? Hier?«
»Aye.«
Lachend schüttelte er den Kopf. »Erstaunlich. Wirklich erstaunlich.« Er richtete sich auf und stellte die Kamera auf
der Kommode ab. »Ich finde, du solltest noch etwas … zerzauster aussehen, bevor ich den Rest des Films verknipse.« Er stieg ins Bett. »Was tut man nicht alles für die Kunst«, seufzte er und erstickte ihr Lachen mit einem Kuss.
Sechs
In der milden Abendbrise, als die Sonne den Himmel vergoldete und die Luft mit weichem Schimmer durchwebte, machte er mit ihr einen Spaziergang zu den Klippen. Sein Geist und sein Körper waren entspannt, gelockert.
Sicher, wenn er auf die Stimme der Vernunft hören würde, müsste er sich schleunigst in die nächste psychiatrische Klinik begeben und sich einem vollen Behandlungsprogramm unterziehen. Aber ein einsamer Felsstrand, eine verfallene Burg, eine betörend schöne Frau, die behauptete, eine Hexe zu sein, unerklärliche Erscheinungen, atemberaubender Sex, alte Mythen – all dies war angetan, die Vernunft beiseite zu schieben, zumindest für eine Weile.
»Irland ist wunderschön«, bemerkte er. »Ich kann einfach nicht glauben, dass ich erst seit heute Morgen hier bin. Kaum zwölf Stunden.«
»Dein Herz ist schon viel länger hier.« Es war so natürlich, Hand in Hand mit ihm spazieren zu gehen. So einfach. So normal. So wunderbar. »Erzähl mir von New York. All die Filme, die Bilder, die ich gesehen habe, machen die Stadt für mich nur noch rätselhafter. Ist es dort wirklich so? So hektisch und übervölkert und aufregend?«
»Mehr oder weniger.« Im Moment kam ihm New York wie eine andere Welt vor. Tausend Jahre entfernt.
»Und dein Zuhause?«
»Es ist ein Apartment. Mit Blick auf den Park. Ich wollte viel Licht und Raum haben, damit ich mein Studio dort unterbringen kann. Die Lichtverhältnisse sind optimal.«
»Du stehst gern auf dem Balkon«, begann sie und hielt inne, als er ihr einen raschen Blick zuwarf. »Ja, ich habe hin und wieder einen verstohlenen Blick auf dich geworfen.«
»Was heißt das?« Er umfasste mit einer Hand ihr Kinn, zwang sie, ihn anzusehen. »Das will ich genauer wissen.«
»Ich wollte sehen, wie du lebst, wie du arbeitest.«
Sie machte sich los und ging an den Klippen entlang, wo das Wasser in einem Schwall aus feinen Tröpfchen emporsprühte, die wie Diamanten in der Sonne funkelten. Dann drehte sie den Kopf und neigte ihn in einer unheimlichen katzenhaften Bewegung zur Seite.
»Du hattest sehr viele Frauen, Calin Farrell – sie kamen und gingen zu allen Tageszeiten, in jeder Bekleidung. Und unbekleidet.«
Er wand sich, zog die Schultern hoch. »Du hast mich mit anderen Frauen beobachtet?«
»Nur flüchtig erspäht«, berichtigte sie ihn steif. »Ich habe niemals längere Zeit hingesehen. Dennoch gewann ich den Eindruck, dass du oft Frauen wählst, denen es an Intelligenz mangelt.«
Er fuhr mit der Zunge über seine Zähne. »Tatsächlich?«
»Nun …« Ein abwehrendes Schulterzucken. »Zumindest sah es so aus.« Sie bückte sich und pflückte eine Wildblume, die sich durch einen Felsspalt ans Licht gekämpft hatte. Schnupperte daran. »Ist es dir unangenehm, dass ich über die Frauen Bescheid weiß?«
Er hakte die Daumen in seinen Hosentaschen ein. »Nicht besonders.«
»Gut. Hm, wenn ich rachsüchtig wäre, würde ich dich jetzt womöglich in einen Esel verwandeln. Nur für kurze Zeit.«
»In einen Esel?«
»Wie gesagt, nur für kurze Zeit.«
»Kannst du so etwas denn?« Noch während er das fragte, wurde ihm bewusst, dass er mittlerweile bereit war, alles zu glauben.
Ihr volles Lachen erhob sich wie Musik über Wind und Meer hinweg. »Wenn ich
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