Im Licht der Träume: Drei Romane in einem Band (German Edition)
indem sie geschickt das Thema gewechselt und ihn abgelenkt hatte. »Sehr schlau, Bryna. Eigentlich bräuchtest gar du keine Zauberkräfte, da du deinen Willen auch mit einer schlichten Ablenkungstaktik durchsetzen kannst.«
»Nur ein unbedeutendes Talent.« Sie lächelte, berührte seine Wange. »Ich habe mich gefreut, dass du ihm die Nase gebrochen hast. Am liebsten hätte ich ihn in eine Kröte verwandelt – ich hatte mit dem Zauberspruch bereits begonnen, doch dann hast du die Sache selbst in die Hand genommen.«
»Eine Kröte?« Die Vorstellung war so komisch, dass er sein Lachen nicht unterdrücken konnte. »Wirklich?«
»Es wäre nicht richtig gewesen. Aber ich war erst vier, und einem Kind verzeiht man so etwas.« Ihr Lächeln erlosch, und ihre Augen verdunkelten sich. »Alasdair ist kein Kind, Calin. Er will mehr, als nur deinen Stolz zu verletzen und dir die Nase blutig zu schlagen. Nimm ihn nicht zu leicht.«
Sie trat zurück, hob beide Arme in die Höhe. Ich befehle dem Wind um meinem Haus, sich zu erheben. Sie verdrehte kurz ihr Handgelenk, und sofort heulte der Wind auf, schlug gegen die Scheiben. Ich befehle den Nebelschwaden an meinen Fenstern, sich zu verdichten. Macht seine Ohren taub, seine Augen blind. Gewährt mir
Tarnung. Helft mir, das zu beschützen, was mir anvertraut ist.Wie ich will, so sei es.
Keuchend wich er vor ihr zurück. Nebel kroch über die Fensterscheiben, der Wind heulte wie ein Rudel Wölfe. Die Frau vor ihm glühte wie eine Kerze, erfüllt von einer Macht, die er nicht begreifen konnte. Verglichen damit, war das aus dem Nichts entfachte Feuer ein Kinderspiel gewesen.
»Was muss ich noch alles glauben? Akzeptieren?«
Langsam senkte sie die Hände. »Nur das, was du willst. Du wirst immer deine eigene Wahl treffen können, Calin. Willst du mit mir kommen und sehen, was ich dir zeigen möchte?«
»Gut.« Er straffte die Schultern. »Und wenn du nichts dagegen hast, hätte ich danach gern ein Glas von deinem Irischen Whiskey. Pur.«
Sie brachte ein kleines Lächeln zustande. »Das sollst du haben. Komm.« Während sie auf die Treppen zuging, wählte sie ihre Worte mit Bedacht. »Wir haben wenig Zeit. Er wird alles unternehmen, um den Zauber zu brechen. Das fordert schon sein Stolz, und meine Kräfte sind … nun, begrenzter, als sie es einst waren.«
»Warum?«
»Das ist Teil davon«, erwiderte sie ausweichend. »Wie auch das, was ich dir zeigen muss. Er will nicht nur mich, verstehst du? Er begehrt nach allem, was ich habe. Und er trachtet nach dem kostbarsten Schatz der Burg der Geheimnisse.«
Vor einer Tür, die mit reichen Schnitzereien versehen war, blieb sie stehen. An der Tür gab es keinen Knauf, kein
Schloss, nur schimmerndes Holz mit verschlungenen Ornamenten, die einer alten Schrift glichen. »Dieser Raum ist ihm durch eine Kraft, die größer ist als meine, versperrt.« Sie ließ die Hand über das Holz gleiten, und die Tür glitt langsam und geräuschlos auf.
»›Klopfet an, so wird euch aufgetan‹«, murmelte Cal.
»Nein, nur mir. Und jetzt dir.« Sie trat ein, und nach kurzem Zögern überquerte er nach ihr die Schwelle.
Im selben Augenblick strahlte das Licht von hundert Kerzen auf. Die Flammen brannten gerade und klar, erleuchteten die kleine, fensterlose Kammer. Die Wände waren aus Holz, ebenso reich verziert wie die Tür, die niedrige Decke streifte beinahe seine Haare.
»Ein bescheidener Ort für solch einen Schatz«, murmelte Bryna.
Cal sah lediglich einen schlichten Holzsockel, der inmitten eines weißen Kreises im Zentrum der Kammer stand. Auf dem Sockel lag eine Kugel, klar wie Glas.
»Eine Kristallkugel?«
Wortlos durchquerte sie den Raum. »Komm näher.« Sie wartete, bis er bei ihr war und sich auf die andere Seite der Kugel stellte.
»Alasdair lechzt nach mir, beneidet dich und begehrt dies. Denn trotz all seiner Macht, all seines Listenreichtums, hat er nie errungen, wonach es ihn am meisten gelüstet. Dies hier wird von Angehörigen meines Blutes seit grauer Vorzeit bewacht. Glaub mir, Calin, Zauberer durchstreiften dieses Land bereits, als Menschen ohne visionäre Kraft noch in Höhlen kauerten und die Nacht fürchteten. Diese uralte Kugel wurde von einem Angehörigen meines Blutes durch
Zauberkraft heraufbeschworen und von Generation zu Generation weitergereicht. Bryna die Weise hielt diese Kugel vor tausend Jahren in den Händen und versteckte sie vor Alasdair kraft ihrer Macht und ihrer Liebe. Und so blieb sie verborgen.
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