Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Licht der Träume: Drei Romane in einem Band (German Edition)

Im Licht der Träume: Drei Romane in einem Band (German Edition)

Titel: Im Licht der Träume: Drei Romane in einem Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
Vom Netzwerk:
in den Wald sprang.
    »O nein, das werde ich mir nicht entgehen lassen.« Mit einem kurzen Blick auf die Ruinen, die er unterwegs immer gerade noch im Blickfeld gehabt hatte, tauchte er in die Baumschatten ein.
    Er hatte schon früher Wild mit der Kamera verfolgt, wusste, wie man sich lautlos und rasch bewegte. Als Orientierung dienten ihm die Geräusche, die der Hirsch beim Durchbrechen des Gehölzes verursachte. Ein Vogel schoss vorbei, eine schwarze Kugel mit beringtem Hals, als Cal über den schmalen Bach sprang, auf dem feuchten Ufer ins Rutschen geriet und dann geduckt weiterging.
    Sonnenlicht sickerte in bunten Sprenkeln durch das Blattwerk, blendete ihn und raubte ihm die Sicht, und über seinen Rücken rollten Schweißperlen. Ungeduldig schob er die Ärmel des Pullovers bis zu den Ellbogen hoch und spitzte die Ohren.
    Jetzt herrschte Stille, vollkommene, tiefe Stille. Keine Brise regte sich, kein Vogel sang. Frustriert strich er sich das Haar aus den Augen. Eine stickige Hitze umgab ihn, die ihm das Atmen schwer machte. Seine Kehle war staubtrocken,
und in Gedanken an das kühle, klare Wasser des Baches trat er den Rückzug an.
    Die Sonne brannte nun wie ein Backofen durch das schützende Laubwerk hindurch. Es wunderte ihn, dass die Blätter unter der brüllenden Hitze nicht versengten und sich zusammenrollten. Um sich etwas Abkühlung zu verschaffen, zog er den Pullover aus und legte ihn, als er am Bach niederkniete, neben sich auf den Boden.
    Er streckte die Hand aus, um Wasser zu schöpfen. Und zog die Hand mit einer Tasse Kaffee zurück.
    »Wird dir gut tun, mal rauszukommen. Urlaub zu machen.«
    »Was?« Er starrte auf die Tasse in seiner Hand und blickte dann zu dem besorgten Gesicht seiner Mutter auf.
    »Alles in Ordnung, Liebling? Du bist plötzlich so bleich geworden. Komm, setz dich hin.«
    »Ich … Mom?«
    »Er braucht Wasser, kein Koffein.« Cal sah, wie sein Vater Angelhaken und Fliege auf den Tisch legte und rasch aufstand. Aus dem Wasserhahn des Spülbeckens lief Wasser in ein Glas. »Zu viel Koffein, wenn ihr mich fragt. Zu viele Nächte in der Dunkelkammer. Du arbeitest dich noch auf, Cal.«
    Er nippte an dem Wasser, kostete es. Erschauderte. »Ich … ich hatte einen Traum.«
    »Das ist schon in Ordnung.« Sylvia massierte seine Schultern. »Jeder Mensch hat Träume. Kein Grund zur Beunruhigung. Denk einfach nicht daran. Wir wollen nicht, dass du über deine Träume nachdenkst.«
    »Nein… es war, es war nicht…« Es war nicht wie
sonst? Es war mehr als sonst. »Ich war in Irland.« Er nahm einen tiefen Atemzug, versuchte seine wirren Gedanken zu ordnen. Am liebsten hätte er sich zurückgelehnt und den Kopf wie ein Kind an die Brust seiner Mutter geschmiegt. »Bin ich in Irland gewesen?«
    »Du bist seit zwei Monaten nicht aus New York hinausgekommen, hast nur geschuftet, um diese Ausstellung fertig zu kriegen.« Sein Vater runzelte die Brauen. Cal sah das Aufflackern in seinen Augen, diesen alt vertrauten, besorgten Ausdruck. »Du brauchst Urlaub, mein Junge.«
    »Ich werde doch nicht etwa verrückt.«
    »Natürlich nicht«, murmelte Sylvia, doch Cal nahm die leichte Unsicherheit in ihrer Stimme wahr. »Du hast einfach eine lebhafte Fantasie.«
    »Nein, das war viel zu real.« Er nahm die Hand seiner Mutter, drückte sie fest. Es war wichtig für ihn, dass sie ihm glaubte, ihm vertraute. »Da gibt es eine Frau. Bryna.«
    »Du hast eine neue Freundin und erzählst uns nichts davon ?« Sylvia gab einen vorwurfsvollen Schnalzlaut von sich. »Bist du deswegen so durcheinander?«
    Schwang in ihrer Stimme Erleichterung, fragte sich Cal, oder Zweifel? »Bryna – ein eigenartiger Name, findest du nicht, John? Klingt aber hübsch. Irgendwie altmodisch.«
    »Sie ist eine Hexe.«
    John gluckste vergnügt. »Das sind sie alle, mein Sohn. Jede Einzelne von ihnen.« John ergriff einen der Fischköder. Die schwarze Fliege flatterte zwischen seinen Fingern, kämpfte verzweifelt um ihre Freiheit. »Mach dir darum keine Gedanken.«
    »Ich … ich muss zurück.«
    »Du musst schlafen«, sagte John, während er weiter mit der Fliege spielte. »Schlafen und keinen Gedanken mehr an sie verschwenden. Eine Frau ist wie die andere. Sie will dich nur in ihre Falle locken. Schon vergessen?«
    »Nein.« Die Fliege, die in den Händen seines Vaters zu Leben erwacht war. Nein, nein, nicht in den Händen seines Vaters. Zu schmal, zu lang. Sein Vater hatte Arbeiterhände, schwielig und ehrlich. »Nein«,

Weitere Kostenlose Bücher