Im Licht des Vergessens: Roman (German Edition)
Albern, nicht wahr?«
»Kein bisschen, nach allem, was passiert ist. Meine Nerven waren auch ganz schön mitgenommen.«
»Bitte erzählen Sie das Phoebe nicht, aber ich finde es beruhigend, einen großen, starken Mann im Haus zu haben.«
»Wieso? Ist noch jemand hier?«, sagte er und brachte sie damit zum Lachen. »Bei mir sind Geheimnisse gut aufgehoben. Ich wollte nur kurz vorbeischauen und nach der Patientin sehen.«
»Sie hatte eine schlaflose Nacht.« Essie nahm seinen Arm und führte ihn ins Wohnzimmer. »Aber im Moment schläft sie. Bitte setzen Sie sich, und leisten Sie mir etwas Gesellschaft. Ava ist im Blumenladen. Sie arbeitet manchmal dort, drei Tage die Woche, wenn man sie brauchen kann. Meine Schwiegertochter kommt später auch noch. Josie ist Krankenschwester, eine private Pflegeschwester. Sie hat sich Phoebe gestern kurz angesehen und schaut nachher mit Carter vorbei, wenn er mit seinem Unterricht fertig ist. Wissen Sie, warum ich so viel rede?«
»Tun Sie das?«
»Duncan, mir ist mein Verhalten von gestern so peinlich.«
»Aber das muss Ihnen nicht peinlich sein. Sie haben sich erschreckt.«
»Aber mit diesem Schrecken bin ich alles andere als gut umgegangen.«
»Essie, Sie sollten sich mal eine Pause gönnen.« Er sah Überraschung in ihr aufkeimen, als sei ihr das noch nie in den Sinn gekommen. »Was haben Sie heute alles schon gemacht?«
»Ich habe mich beschäftigt und Phoebe so lange mit Mahlzeiten traktiert, bis sie sie mir am liebsten ins Gesicht geworfen hätte. Ich habe ein Projekt fertiggestellt und ein halbes Dutzend Einkaufslisten mit lauter Sachen angefertigt, die ich gar nicht brauche.«
Bei dem Wort Projekt wurde Duncan sofort hellhörig. Er streckte die Beine aus und stellte sich auf ein gemütliches Gespräch ein. »Was denn für ein Projekt?«
»Oh, ich mache Handarbeiten.« Essie zeigte auf die Halle, wo der Karton darauf wartete, abgeholt zu werden. »Ich habe erst gestern Abend eine Tagesdecke fertiggestellt – sie ist ein Hochzeitsgeschenk.«
»Wer heiratet denn?«
»Oh, irgendein Kunde von meiner Patentochter. Ich verkaufe meine Handarbeiten an Leute aus der Gegend und manchmal auch über das Internet.«
»Ehrlich?« Ein solcher Unternehmergeist ließ ihn noch hellhöriger werden. »Sie produzieren also in Heimarbeit?«
»Ich würde das eher als eine Art Hobby bezeichnen«, sagte sie lachend.
Während er äußerlich ruhig dasaß, begann es in seinem Kopf zu rattern: Handarbeit. Sonderanfertigungen. Einzelstücke. »Was sind denn das für Handarbeiten?«
»Häkelarbeiten. Meine Mutter hat mir das beigebracht, und die hat es wiederum von ihrer Mutter gelernt. Es war eine ziemliche Enttäuschung, dass ich Phoebe nie lang genug zum Stillsitzen bewegen konnte, um ihr das beizubringen. Aber Carly stellt sich schon ziemlich geschickt an.«
Er sah sich im Zimmer um, und sein Blick blieb an dem blauen Sofaüberwurf mit dem auffälligen Rosenmuster hängen. Er stand auf, griff danach und sah ihn sich genauer an.
O ja, er war fein gearbeitet und wirklich etwas Besonderes.
»Haben Sie das gemacht?«
»Ja.«
»Das ist hübsch. Wirklich hübsch. Es sieht aus wie etwas, das Ihre Großmutter an vielen langen Abenden angefertigt und Ihnen weitervererbt hat.«
Essies Gesicht begann zu strahlen. »Ein schöneres Kompliment hätten Sie mir gar nicht machen können.«
»Haben Sie sich auf bestimmte Artikel oder Muster spezialisiert, oder richten Sie sich nach den Wünschen Ihrer Kunden?«
»Oh, das kommt ganz drauf an. Aber jetzt hole ich Ihnen erst mal einen Kaffee.«
»Ich muss leider schon wieder los. Haben Sie je daran gedacht … He!«
So, wie er plötzlich strahlte, setzte auch Essie ein Lächeln auf, bevor sie sich umdrehte und Phoebe in der Tür stehen sah.
»Was fällt dir ein, aufzustehen und allein die Treppe herunterzukommen?« Schimpfend eilte Essie an die Seite ihrer Tochter. »Hab ich dir nicht extra die Glocke auf den Nachttisch gelegt, damit du klingeln kannst, wenn du irgendetwas brauchst?«
»Ich hab es einfach nicht mehr im Bett ausgehalten. Ich kann nicht den ganzen Tag rumliegen.«
Duncan sah den mütterlich-missbilligenden Blick, bevor Essie sich wieder zu ihm umdrehte. »Sie müssen entschuldigen, Duncan. Wenn es ihr nicht gut geht, wird sie gereizt. Ich werd uns jetzt erst mal wie versprochen einen Kaffee machen.«
»Mama?« Phoebe strich Essie sanft über den Arm. »Tut mir leid. Ich wollte dich nicht so anfahren.«
»Weil du krank bist,
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