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Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Titel: Im Licht von Apfelbäumen | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Coplin
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anderen Zeiten in Erinnerung, wenn sie die Mädchen auf Michaelsons Gehöft dabei beobachtet hatte, wie sie sich für den Abend zurechtmachten, und darüber vergaß – aber wie hatte sie das je vergessen können? –, was später kam. Jetzt, bei Maggie P., konnte sie beruhigt sein: Diese Frau machte sich nur bettfertig; die Pflege, die sie ihrem Körper angedeihen ließ, diente keinem anderen Zweck.
    Die beiden anderen Pflückerinnen dösten schon oder waren noch nicht zurück. Maggie P. las gerne im Bett, ob Della das Licht störe? Nein; und so schlief sie zu den Geräuschen ein, die Maggie P. beim Lesen machte, denn selbst dabei war sie nicht still, lachte leise in sich hinein, buchstabierte schwierige Wörter, grummelte und keuchte. Blätterte eine Seite um. Seufzte.
    Aus irgendeinem Grund schlief Della, wenn sie neben Maggie P. lag, tief und fest und wachte erfrischt auf.

    Ende Juli bepackten Talmadge und Angelene den Wagen und fuhren nach Malaga zum alljährlichen Pflanzen- und Jahrmarkt. In Cashmere holten sie Caroline Middey ab, mit ihren Einkaufs- und Proviantkörben und einem großen Sonnenschirm, der allerdings nicht für sie gedacht war – sie hatte ja einen Strohhut –, sondern für Angelene, denn das Mädchen saß hinten auf der Ladefläche, und Caroline Middey sorgte sich um sie. Man könne sich nie genug vor einem Sonnenstich vorsehen, meinte sie.
    Sie nahmen immer denselben Weg, in südlicher Richtung am Wenatchee entlang bis zu dessen Zusammenfluss mit dem Columbia. Der Wenatchee war schmal und vertraut, er plätscherte und rieselte, erst von Immergrün, dann von steinigen Kiesbänken gesäumt, doch der Columbia war ganz anders. Er war königlich. Ernst, aufgewühlt, breit. Es sah aus, als flösse er nicht sehr schnell, doch Talmadge sagte, das täusche. Ganz gleich, wie oft sie den Columbia sah, er faszinierte sie immer aufs Neue. Manchmal träumte sie von ihm, davon, dass sie an seinem Ufer entlanglief und auf seine seltsame Undurchsichtigkeit starrte oder ihn allein zu überqueren versuchte und ertrank.
    In Malaga, auf der Klippe oberhalb des Flusses, boten die Händler ihre Waren an, die jungen Bäume in kleinen Zelten, die Setzlinge in Fässern mit feuchtem Sand. Caroline Middey machte sich allein auf den Weg, während Talmadge und Angelene mit anderen Obstbauern, Ansiedlern sowie vereinzelten Reisenden, die rein zufällig auf den Markt gestoßen waren, an den Ständen entlangschlenderten. Sie gingen von einem zum anderen, nahmen Apfel- und Birnenstücke entgegen und probierten sie. Angelene hatte erst nach mehreren Jahre begriffen, dass die Obstbauern sie zu einem bestimmten Zweck verteilten; dass es Kostproben der Früchte waren, von den Bäumen, deren Setzlinge zum Verkauf standen. Was man auf dem Markt probierte, konnte man selbst anbauen, wenn es einem gefiel und die Bedürfnisse der Bäume und Pflanzen sich mit dem Boden und dem Klima der Gegend, in der man lebte, vereinbaren ließen.
    Angelene erinnerte sich an Talmadges Gesichtsausdruck bei diesen Unternehmungen. Er suchte nach etwas, wusste aber nicht, wonach. Er wollte überrascht werden; wünschte sich, dass einer der Obstbauern ihn in Staunen versetzte. Mit zerstreuter Miene ging er von Stand zu Stand, die Stirn zugleich weich und gerunzelt, und nahm, was man ihm anbot. Seine Lippen glänzten leicht. Sie folgte ihm auf den Fersen.
    Lange Zeit war für Angelene der Höhepunkt der Reise der dem Pflanzenmarkt angeschlossene Jahrmarkt entlang dem Flussufer. Hier schlenderten die Leute umher, aßen und plauderten, und Kinder schossen wie Spatzen durch die Menge. Eine Kapelle spielte unter freiem Himmel, Banjos, Bratschen und Akkordeons, und einige Paare tanzten ruckartig dazu. Talmadge hob Angelene auf seine Schultern, solange sie noch nicht zu groß dafür war, damit sie besser sehen konnte. Ein kleines Mädchen drängelte sich an ihnen vorbei, das Gesicht mit blauer und gelber Farbe bemalt. Ein gedrungener Mann mit einem Schopf fettiger Locken kletterte auf einen Felsen und rief, wer auf einem Pony reiten wolle, solle in den nächsten zehn Minuten zu ihm kommen. Talmadge und Angelene schoben sich jetzt Hand in Hand durch das Gewühl. Ein weißgesichtiger Clown jonglierte mit gelben Äpfeln. Ein Feuerschlucker sperrte seinen Mund auf, so groß, dass eine Faust hineingepasst hätte. Ein Hund mit Frack und Fliege und einem unter dem Kinn festgebundenen Zylinder auf dem Kopf tanzte Walzer mit einer Frau; ein ganzer Trupp Kinder

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