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Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Titel: Im Licht von Apfelbäumen | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Coplin
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und in feuchtes Zeitungspapier gewickelten Wurzeln auf Knien in der Erde wühlend. Sie würde Della die Stunden des milden Wetters schenken, die Düfte der Erde, der Sonne und der Kiefern und die Freiheit, die daher rührt, meilenweit das einzige menschliche Wesen zu sein, die Freiheit zu singen, Selbstgespräche zu führen, zu lachen und natürlich, wenn nötig – aber das war es fast nie –, zu weinen.

    Talmadge und Angelene brachen vor Morgengrauen auf und erreichten den Markt am Vormittag. Die Luft war kühl, hier und da sogar kalt, und roch nach Alfalfa. Es war April, die Jahreszeit wechselte allmählich.
    Sie packten ihre Früchte aus – hauptsächlich Äpfel aus ihrer Langzeitlagerung – und arrangierten sie in Eimern auf Tischen, die sie in einem Lagerhaus am Fluss unterstellten. Dann holten sie ihre Klappstühle aus dem Wagen und setzten sich zwischen die anderen Händler.
    Gegen Mittag aßen sie die Eiersandwiches, die Talmadge am Morgen eingepackt hatte, und danach kaufte Angelene bei einem anderen Händler noch je eine Gewürzgurke für sie beide. Nach dem Essen wurde das Geschäft schleppender, und Talmadge döste auf seinem Stuhl ein; wenn Kunden kamen, sprachen sie im Flüsterton mit Angelene. Als Talmadge aufwachte, war es Nachmittag.
    Angelene nahm ihre beiden Marktbecher und ging zum Kaffeestand. Sie brachte ihm Kaffee und sagte, Caroline Middey habe sie zum Abendessen und Übernachten eingeladen, denn es sehe nach Regen aus.
    Talmadge blickte zum Ende des Marktplatzes, in den Himmel. Leuchtend blau und wolkenlos. Es sah überhaupt nicht nach Regen aus.
    Das habe ich auch gesagt, aber sie meint, es wird wahrscheinlich regnen. Sie weiß so was.
    Das stimmt, sagte er, und Angelene ging noch einmal los, um Caroline Middey Bescheid zu geben, dass sie ihre Einladung annahmen.
    Gegen vier Uhr, als der Markt fast vorbei war und mehrere Händler schon ihre Stände abbauten, sah Talmadge den Richter durch das Gedränge auf sie zukommen. An ihrem Stand angelangt, nahm er den Hut ab und betrachtete verwirrt – aber warum? Er wirkte irgendwie verlegen – ihr Obst.
    Was haben wir denn hier, sagte er. Das sind ja schöne Früchte.
    Er hatte ihm etwas zu sagen, das spürte Talmadge; war aus einem bestimmten Grund gekommen. Der Richter warf Talmadge einen Blick zu und schaute dann wieder mit gerunzelter Stirn auf das Obst.
    Talmadge bat Angelene, schon mal mit dem Einpacken anzufangen, er wolle nur kurz mit dem Richter sprechen.
    Gemeinsam verließen die beiden Männer den Marktplatz und gingen über das Feld in Richtung Fluss.
    Was gibt’s?, fragte Talmadge.
    Es geht um Della.
    Talmadge wollte ihn eigentlich fragen, was er herausgefunden hatte, blieb aber stumm. Er merkte, dass er gar nicht wissen wollte, ob Della tot war. Und so, wie der Richter sich benahm, schien das nun durchaus eine Möglichkeit zu sein. Er würde nicht fragen; er wollte es plötzlich nicht mehr wissen.
    Der Richter blieb stehen.
    Möchten Sie hier darüber sprechen? Ich wollte Sie und Angelene fragen, ob Sie heute Abend zu uns zum Essen kommen …
    Talmadge bat den Richter, einen Moment auf ihn zu warten. Er ging zu Angelene zurück, die dabei war, das Obst einzupacken. Sie sah zu ihm auf, zuerst belustigt, doch dann verflog ihr Lächeln. Ist alles in Ordnung?, fragte sie. Ja, sagte er, ich muss nur etwas mit dem Richter besprechen. Er merkte, dass sie nicht überzeugt war, doch als er sie fragte, ob es ihr etwas ausmachen würde, den Wagen allein zu beladen und alles zu Caroline Middey zu bringen – er komme dann später nach –, sah er, dass sie sich trotz ihrer Sorge freute, etwas ganz eigenständig tun zu dürfen. Sie willigte ein.
    Er ging wieder zum Richter zurück, der auf dem Feld auf ihn wartete. In stillschweigender Übereinkunft setzten sie ihren Weg in Richtung Fluss fort.
    Ich habe etwas in Erfahrung gebracht, sagte der Richter. Sie ist verhaftet worden. Oben in Chelan.
    Vor Erleichterung darüber, dass sie nicht tot war, ließ ihn das, was der Richter gesagt hatte, im ersten Moment unberührt. Sie konnten jetzt das Wasser sehen. Das farblose Gras war flach gegen die Sandbank gedrückt. Der Geruch des Flusses und des tauenden Bodens erreichte ihn, und er atmete tief ein.
    Ich kenne die Einzelheiten nicht, sagte der Richter. Ich habe nur von dem Amtsrichter aus Chelan gehört, dass eine Frau ihres Namens dort einsitzt. Talmadge, sagte er nach einer kleinen Pause. Sie hat ein Geständnis abgelegt, vor etwa einem

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