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Im Namen Caesars

Im Namen Caesars

Titel: Im Namen Caesars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Schreiben sein Schlafzimmer benutzt, von dem man, wie in solchen mehrstöckigen Häusern üblich, auf einen kleinen, zur Straßenseite gelegenen Balkon hinaustreten konnte. Im Erdgeschoss befanden sich das Atrium, die Küche, das Speisezimmer sowie der Zugang zum zentral gelegenen Garten, der von allen Bewohnern gemeinschaftlich genutzt wurde. Im ersten Stock waren die Schlafgemächer, während der zweite den Unterkünften der Sklaven und den Vorratskammern vorbehalten war. Dass solche Häuser in der Regel über einen Balkon verfügten, hatte einen einfachen Grund: Er bot im Falle eines Feuers einen schnellen Fluchtweg. Man muss wissen, dass alle Römer damals in ständiger Furcht vor einem Feuer lebten, am meisten natürlich diejenigen, die in den vielstöckigen Insulae ihr Dasein fristen mussten.
    Neben der Balkontür gab es zu beiden Seiten große Gitterfenster, und unter einem dieser Fenster stand Fulvius' Schreibpult. Es war ein äußerst edles, in Ägypten gefertigtes Stück Handarbeit aus Ebenholz mit eingearbeiteten Verzierungen aus Elfenbein. Neben dem Pult lagen auf einem Holzregal verschiedene Schriftrollen, zusammengerollte Papyrusseiten sowie mehrere Wachstafeln. Ein in Silber eingefasstes Horn enthielt diverse Rohrfedern, und auf einem edlen Kristallständer befanden sich zahlreiche wie Lotusblumen geformte kleine Behältnisse, die Tinten in allen möglichen Farben enthielten.
    Auf dem Schreibpult lag eine halb entrollte Schriftrolle, deren exzellenter Papyrus bereits ziemlich mürbe und an den Ecken leicht ausgefranst war, ein klares Zeichen dafür, dass es sich um einen oft studierten Lieblingstext des Besitzers gehandelt haben musste. Beim genaueren Hinsehen sah ich, dass es sich um eine Rede oder besser Redensammlung handelte, in der Rechtsfragen erörtert wurden. Derartige Texte galten für jeden aufstrebenden Anwalt als Pflichtlektüre.
    Auf einem Wäscheschrank neben dem Schreibpult lag zusammengefaltet Fulvius' Garderobe. Die meisten seiner Tuniken hatten den schmalen purpurfarbenen Streifen eines Eques, doch zwei von ihnen verfügten über den breiten Streifen, auf den nur Senatoren ein Anrecht hatten. Zudem entdeckten wir zwei Togen. Eine war weiß, und es handelte sich ganz offenbar um die, die er am Tag zuvor bei seinem Angriff gegen mich auf dem Forum getragen hatte. Die andere jedoch war eine Toga praetexta, die mit einem purpurfarbenen Saum besetzte Amtskleidung der kurulischen Beamten. »Offenbar ist er nicht unvorbereitet nach Rom gekommen«, stellte ich fest. »Und an Selbstvertrauen scheint es ihm auch nicht gemangelt zu haben. Wie es aussieht, ist er davon ausgegangen, in den Senat aufgenommen und in ein kurulisches Amt gewählt zu werden. Erinnert mich an diesen griechischen Athleten, der bereits mit seiner Siegesstatue in Olympia aufgekreuzt ist, bevor er auch nur an einem einzigen Wettkampf teilgenommen hatte. Allein das Gewand eines Triumphators hat er sich nicht zugelegt. Demnach hatte sogar Fulvius' Vermessenheit offenbar ihre Grenzen. «
    »Sieh dir das mal an!«, rief Hermes. Als Experte darin, sich fremde Besitztümer unter den Nagel zu reißen, entging ihm natürlich nichts. Er hatte in dem Schreibpult eine inmitten der Zierschnitzereien geschickt verborgene kleine Schublade entdeckt. Sie enthielt einen kostbaren Siegelring aus massivem Gold, dessen Oberfläche etwas ungewöhnlich, aber sehr kunstvoll granuliert war. Das Signet war aus einem riesigen reinen Saphir gearbeitet, in den ein Medusakopf eingraviert war.
    Es sah ganz nach einem Erzeugnis griechischer Juwelierkunst aus. Ich musterte den Ring kurz und warf ihn dann wieder Hermes zu.
    »Ein Mann voller Überraschungen, findest du nicht auch? Mal sehen, was seine Korrespondenz zu bieten hat.« Mit diesen Worten ging ich daran, seine Briefe auf der Schreibfläche des Pults auszubreiten. »Oje, das hätte ich mir ja denken können«, klagte ich.
    »Griechisch, nicht wahr?«, fragte Hermes. Latein konnte er recht gut lesen und schreiben, aber die griechische Schriftsprache hatte er nie gelernt. Wie ich konnte er sich ganz passabel auf Griechisch unterhalten. Wer viel auf Reisen war, kam gar nicht umhin, ein paar Brocken Griechisch zu lernen; schließlich war es die Sprache, die überall gesprochen wurde.
    Mit dem literarischen oder gar poetischen Griechisch klarzukommen war hingegen eine ganz andere Sache. Gebildete Männer wie etwa Cicero waren im Griechischen natürlich zu Hause wie in ihrer Muttersprache, doch leider

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