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Im Namen Caesars

Im Namen Caesars

Titel: Im Namen Caesars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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gehörte ich nicht zu dieser Sorte. Wenn ich genug Zeit hatte, konnte ich mich vielleicht Satz für Satz durch einen einfach abgefassten Brief beißen, aber zur Entschlüsselung von Fulvius' Unterlagen würde mein Schulgriechisch nie und nimmer ausreichen, das stand fest.
    »Die Briefe sind nicht nur in Griechisch geschrieben«, teilte ich Hermes mit, »sie scheinen auch noch irgendwie verschlüsselt zu sein.«
    »Ich höre jemanden«, zischte Hermes. Auch ich hörte jetzt deutliche Schritte auf der Treppe. Wegen des auch hier oben vernehmlichen Straßenlärms hatten wir nicht mitbekommen, dass jemand das Haus betreten hatte. Ich raffte hastig die Briefe zusammen, die ich auf dem Pult ausgebreitet hatte, und stopfte sie unter meine Tunika. Hermes schob schnell die kleine Geheimschublade zu. Als die Männer den Raum betraten, standen wir da wie zwei Unschuldslämmer.
    »Was habt ihr hier zu suchen?«, fragte der Erste; es war der rothaarige Rüpel vom Vortag. Hinter ihm kam der Mann zum Vorschein, dem Hermes ein blaues Auge verpasst hatte, und es kamen noch weitere Männer die Treppe herauf. »Wie seid ihr überhaupt ins Haus gekommen?«
    »Durch die Haustür«, erwiderte Hermes. »Genau wie ihr. Sie war nicht abgeschlossen.«
    »Und was wir hier suchen, kann ich euch gerne sagen«, schaltete ich mich ein. »Ich wollte mir mal die Zeugen ansehen, die angeblich gegen mich aussagen wollten. Aber entgegen eurer Behauptung gegenüber dem Praetor Juventius haben wir nicht ein einziges Anzeichen dafür entdeckt, dass sich in diesem Haus jemals jemand anders aufgehalten hat als Marcus Fulvius.«
    In Wahrheit waren wir noch gar nicht dazu gekommen, die oberste Etage zu inspizieren, doch ich war mir inzwischen absolut sicher, dass diese Zeugen allesamt frei erfunden waren.
    »Du lügst!«, brüllte der Mann mit dem zerschundenen Gesicht. »Du bist hier, um Fulvius zu bestehlen!«
    »Und was ist mit euch?«, startete ich sofort meinen Gegenangriff. »Ihr wolltet den Tod eures Freundes ausnutzen und schnell mal vorbeischauen, um alles mit zu nehmen, was nicht niet- und nagelfest ist, bevor seine Verwandten hier aufkreuzen. So ist es doch, nicht wahr? Aber damit kommt ihr nicht ungeschoren davon, das verspreche ich euch!« Während ich dies sagte, näherten wir uns behutsam, aber stetig der Tür.
    »Das ist doch lächerlich!«, entgegnete der Rothaarige. »Haltet sie auf!« Schlagartig überlegten wir es uns anders. Schließlich hatten wir keine Ahnung, wie viele Männer sich noch im Treppenhaus und in den unteren Räumen befanden. Während ich auf den Balkon zustürzte, zog Hermes seinen Dolch und deckte meinen Rückzug. Eine der Vergünstigungen, die einem zustanden, wenn man ein gewisses Alter erreicht und Amt und Würden erlangt hatte, bestand darin, dass man jemand anders für sich kämpfen lassen und sich darauf konzentrieren konnte, die eigene Haut zu retten. Als ich noch jünger war, wurde meine Beteiligung an Prügeleien und Straßenschlachten durchaus als eine Form der Auseinandersetzung im politischen Alltag der Republik angesehen. Doch für einen Anwärter auf das Praetorenamt oder das Konsulat galt ein solches Verhalten als unschicklich. Ich warf einen Blick über das Geländer, suchte mir den am weichsten aussehenden Fleck auf dem Pflaster aus und stieg, durch meine Tunika stark behindert, über die Brüstung. Ein paar Sekunden klammerte ich mich noch am Geländer fest, dann ließ ich mich fallen. Zum Glück landete ich unversehrt und war dankbar, dass ich nicht auf irgendeinem ekeligen Dreck ausrutschte, der die Straßen Roms überall in regelrechte Kloaken verwandelte. Jetzt zahlte sich aus, dass ich noch vor kurzem Dienst auf hoher See geleistet hatte: Ich hatte mir dort extrem gelenkige Knie antrainiert. Hermes, ganz der Angeber, der er nun mal war, wedelte den Männern ein paar Mal mit dem Dolch vor der Nase herum, stieß einen wilden Schrei aus und schwang sich dann flink wie ein Wiesel ebenfalls über die Brüstung. Nach seinem mehr als zehn Fuß tiefen Fall landete er wie ein geübter Akrobat sicher auf den Fußballen. Vorbeikommende gafften uns mit offenen Mündern an, doch Hermes grinste nur und steckte seinen Dolch weg.
    Ganz so ungewöhnlich war unser Verhalten nun auch wieder nicht, denn aus Fenstern oder von Balkonen springende Senatoren waren damals nicht unbedingt eine Seltenheit. Sogar Caesar war schon einmal gesprungen, nachdem ihm ein gehörnter Ehemann die Nase blutig geschlagen und ihn

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