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Im Namen Caesars

Im Namen Caesars

Titel: Im Namen Caesars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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sich Pompeius, denn Fulvia setzte gerade zu dem bombastischen Höhepunkt ihrer Tirade an.
    »Römer!«, rief sie. »Seht mich an!« Bei diesen Worten griff sie sich an den Ausschnitt ihres ohnehin nur hauchdünnen schwarzen Gewandes und riss es sich vom Leib. Der zerfetzte Stoff hing an ihr herunter, und von der Taille aufwärts war sie nackt. Das allgemeine Geschrei verstummte schlagartig und wich einem dumpfen Gemurmel, nur hier und da stieß jemand einen leisen Pfiff aus oder stöhnte einmal kurz auf. Auch mir blieb vor Überraschung der Mund offen stehen. Das war wirklich ein Schauspiel, für das es sich gelohnt hätte, eine lange Anreise in Kauf zu nehmen. Mit ihren zierlichen Fäusten begann sie auf ihre keineswegs zierlichen Brüste zu trommeln.
    »Wisst ihr denn nicht, wer eure Feinde sind?«, schrie sie.
    »Diese unmenschlichen und selbstsüchtigen Aristokraten, die schon die Gracchenbrüder ermordet haben, die größten Fürsprecher, die ihr je hattet! Gaius Gracchus war mein eigener Großvater!« Wie etliche andere Aufwiegler auch schimpfte sie über die Aristokraten, als ob sie nicht dazugehörte. »Meinen Ehemann haben sie auch umgebracht! Unter dem Schutz ihrer zahlreichen Freunde im Senat haben Milo und seine Bande meinen geliebten Clodius ermordet, der sich um euch gesorgt hat wie ein Gott! Milo aber lebt noch! Und was ist mit seinen Anhängern? Wie gescholtene Kinder haben sie sich aus der Stadt geschlichen, wo sie doch vom Tarpejischen Felsen hätten gestürzt werden müssen!« Bei diesen Worten schoss ihr Arm vor und zeigte auf den berüchtigten Vorsprung am Capitol, wodurch sie ihrem eigenen Vorbau nach der Dauertrommelei vorübergehend ein wenig Erleichterung verschaffte. »Sie sind alle lebendig aus der Stadt spaziert, und ihr habt tatenlos zugesehen! Und ihr wollt euch Römer nennen! « Ihr Gesicht war jetzt dunkelrot, und ich rechnete damit, dass sie jeden Moment platzte oder einen Anfall bekam.
    »Und jetzt«, fuhr sie fort, »sind sie über meinen Verlobten hergefallen, als ob sie mich ein zweites Mal zur Witwe machen wollten! Römer! Wie lange wollt ihr noch mitansehen, dass eure Fürsprecher ermordet werden? Wie lange wollt ihr eure Feinde noch schonen? Wann endlich werdet ihr diese korrupte Stadt in Schutt und Asche legen? Reißt alles ein, und schüttet diese Jauchegrube aus Mord und Gier zu! Pflügt anschließend den Boden und bestreut ihn mit Salz, auf dass hier nie wieder etwas wachse, so wie mein Urgroßvater mit Karthago verfahren ist, als es in Rom noch wirkliche Männer gab!«
    Ich verstand auf einmal, wie sie Clodius' Anhänger dazu gebracht hatte, zu dessen Begräbnis die Curia in Brand zu stecken. Sie hatte mich selbst fast so weit, dass ich für sie einen Tempel anzündete. In Wahrheit war es natürlich der Adoptivsohn ihres Urgroßvaters gewesen, der Karthago seinerzeit dem Erdboden gleichgemacht hatte, aber wegen eines solch erbsenzählerischen Details wollte sie natürlich nicht auf dieses gewaltige rhetorische Finale verzichten.
    Die Meute wollte gerade wieder in lautes Gebrüll ausbrechen, als an der Nordseite der Rostra Pompeius die Stufen emporschritt. Er ging ganz allein, von keinem seiner Liktoren begleitet. Die am Ende der Treppe aufgebauten Soldaten waren auf einmal unsicher, wie sie sich verhalten sollten.
    Einen Senator am Betreten der Tribüne zu hindern war eine Sache, aber die Hand gegen Gnaeus Pompeius Magnus zu erheben war schon etwas anderes. Als er fast oben angelangt war, blieb er stehen und stieß einen Finger in Fulvias Richtung.
    »Geh sofort da runter, du schamloses, verkommenes Weibsstück!«, befahl er ihr unmissverständlich. »Ich lasse nicht zu …« Dann tat er so, als ob er mich gerade erst erblickte. Er riss die Augen weit auf, und sein Ausdruck aufgebrachter Empörung verwandelte sich in rasende Wut. Der Wandel, der sich auf seinem Gesicht vollzog, war frappierend und für jedermann erkennbar, ganz so, wie man es uns auf den Rednerschulen beibrachte. Gleichzeitig schwenkte er seinen ausgestreckten Arm langsam und bedächtig in meine Richtung, bis sein anklagender Zeigefinger auf mich wies.
    »Decius Caecilius Metellus der Jüngere!«, rief er mit seiner auf dem Exerzierplatz geschulten Befehlsstimme. »Was fällt dir ein, dich zusammen mit diesen finsteren Mördern auf dem Forum blicken zu lassen?«
    Seine Stimme hallte von sämtlichen öffentlichen Gebäuden zurück und war bestimmt mehrere Meilen weit zu hören. »Ich habe bekanntlich alle

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