Im Namen der Heiligen
inszenieren.
»Bruder Cadfael, sag Peredur, daß ich ihn vermißt habe im Kreis der Männer, die mein Vater gern als Träger seiner Totenbahre gesehen hätte«, bat Sioned. »Sag ihm auch, daß er sehr großmütig war und daß ich ihm danke. Falls er daran gezweifelt hat, so bedaure ich das.«
Sie näherten sich dem Hoftor, und Onkel Maurice kam ihnen entgegen, mit zitternden Lippen und wachsbleichem Gesicht.
»Und komm morgen zu mir«, fügte Sioned fast unhörbar hinzu, dann trennte sie sich von Cadfael und betrat den Hof hinter der Leiche ihres Vaters.
6.
Cadfael befürchtete, daß er vorerst keine Gelegenheit finden würde, Sioneds Auftrag zu erfüllen. Denn es würde nicht so einfach sein, sich von Prior Robert und den anderen Mönchen zu entfernen, sobald sie Cadwallons Haus erreicht hatten - ohne ein Wort der Entschuldigung oder Erklärung. Doch im Dunkel des Waldes, etwas oberhalb des Anwesens, entdeckte Cadfael eine Gestalt, die etwa fünfzig Meter weiter unten den Weg verließ und hinter einem Strauch verschwand, und er wußte sofort, daß es Peredur war. Der junge Mann nahm offenbar nicht an, daß man ihm folgen würde, denn er hatte sich weit genug entfernt, um niemandem auf dem Weg zu begegnen. Mit mürrischem Gesicht saß er auf einem Baumstumpf, an einen Stamm gelehnt, und stocherte mit einer Fußspitze im welken Laub des Vorjahres herum. Cadfael ging zu ihm, ohne den Prior um Erlaubnis zu fragen.
Peredur hob den Kopf, als er die Schritte in den trockenen Blättern rascheln hörte, und erhob sich, als wollte er die Flucht ergreifen, um einem Gespräch auszuweichen. Doch dann besann er sich anders und blieb in stummer Resignation stehen.
»Ich soll dir etwas von Sioned ausrichten«, sagte Bruder Cadfael sanft. »Sie hätte dich gerne gebeten, die Totenbahre ihres Vaters zusammen mit einigen anderen Auserwählten nach Hause zu tragen. Und sie ist dir dankbar für deine großmütige Tat.«
Unbehaglich wich Peredur dem Blick des Mönches aus und trat tiefer in die Schatten zwischen den Baumstämmen zurück. »Da waren doch so viele von ihren Leuten«, sagte er nach einem längeren Zögern, das eher verlegen als abweisend wirkte. »Sie hat meiner Hilfe nicht bedurft.«
»Oh, da gab es Hände und Schultern genug«, stimmte Cadfael zu. »Trotzdem hat sie dich vermißt. Und ich glaube, sie wollte dir einen besonderen Platz im Kreise ihrer Leute zugestehen. Seit ihrer Kindheit liebt sie dich wie einen Bruder, und gerade jetzt braucht sie einen Bruder.«
Peredur zuckte zusammen, mit einem bitteren Auflachen stieß er hervor: »Ich will aber nicht ihr Bruder sein!«
»Das verstehe ich. Aber du hast dich wie ein Bruder benommen - ihr und Engelard gegenüber, in einem Augenblick, wo es darauf ankam.«
Was als Trost und Kompliment gedacht war, schien Peredur eher zu verletzen. Seine Miene verschloß sich. »Sie glaubt also, daß sie mir zu Dank verpflichtet ist, und sie will es mir vergelten, aber nicht um meinetwillen. An mir liegt ihr nichts.«
»Nun«, erwiderte Cadfael freundlich, »ich habe die Botschaft überbracht. Wenn du zu ihr gehst, wird sie dich vielleicht besser überzeugen können, als ich. Und da war noch jemand, der dich gern dabei gehabt hätte - wenn er noch fähig gewesen wäre zu sprechen... «
»Oh, sei still!« In einem Anfall plötzlicher Verzweiflung drehte Peredur den Kopf zur Seite. »Sag nichts mehr...«
»Verzeih - aber ich kann nicht schweigen. Ich weiß, du leidest ebenso wie Sioned. Sie sagte mir, du wärst sein Liebling gewesen und hättest ihn auch sehr gern gemocht... «
Mit einem gequälten Aufschrei wandte sich der junge Mann ab und lief zwischen den Bäumen davon, tiefer in den Wald hinein. Nachdenklich kehrte Bruder Cadfael zu seinen Gefährten zurück, mit dem Gefühl, daß er einen Finger auf eine unerträglich schmerzhafte Wunde gelegt hatte.
»Wir beide« sagte Bened, als Bruder Cadfael nach dem Abendgebet die Schmiede aufsuchte, »müssen heute allein trinken, mein Freund. Huw ist noch nicht von Rhisiarts Haus zurückgekehrt, und Padrig wird am Totenlager singen, bis der Morgen graut. Gut, daß er zur Stelle war! Es ist schön, wenn ein Mann von den Gesängen eines großen Barden und Harfenspielers ins Grab begleitet wird, und auch Rhisiarts Tochter wird sich bis an ihr Lebensende daran erinnern. Und Cai - nun, den werden wir eine ganze Weile nicht mehr sehen, bis er seinen Gefangenen dem Amtmann übergeben hat.«
»Soll das heißen, daß Cai
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