Im Namen der Heiligen
unseren guten Bruder John bewacht?« fragte Cadfael erfreut.
»Er hat sich freiwillig gemeldet. Meine Nichte hat ihm das wahrscheinlich eingeredet, aber er hat sich sicher nicht lange bitten lassen. Die beiden werden darauf achten, daß es Bruder John an nichts fehlt. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«
»Das hatte ich auch gar nicht vor. Verwahrt Cai den Schlüssel des Gefängnisses?«
»Klar. Und nachdem Prinz Owain in den Süden gereist ist, hat der Amtmann eine ganze Menge zu tun und wird nicht so bald nach Gwytherin kommen - schon gar nicht wegen einer solchen Bagatelle.« Bened starrte seufzend in sein Trinkhorn, das diesmal mit rotem Wein gefüllt war. »Ich bereue es zutiefst, daß ich von diesen blauen Federspitzen gesprochen habe - noch dazu vor dem Mädchen. Aber irgend jemandem wäre es so oder so aufgefallen. Und es stimmt, daß sie jetzt, wo Onkel
Maurice ihr Vormund ist, tun und lassen kann, was sie will. Sie wickelt ihn mühelos um den Finger, und er würde ihr niemals im Wege stehen... Andererseits, ich bezweifle, daß ein Mann so dumm ist, sein Mordopfer mit so deutlichen Spuren zurückzulassen - es sei denn, er wurde gestört und mußte Hals über Kopf fliehen. Er hätte doch nur die Federspitzen abschneiden müssen - und wie lange braucht man dazu, wenn man ein scharfes Messer hat? Ach, das alles ist so unbegreiflich...«
Beneds düstere Stimmung verriet, daß seine Sorge noch andere Gründe hatte - tiefergehende Gründe. Hätte er die blauen Federspitzen erwähnt, wäre er nicht von der Hoffnung getrieben worden, Sioned könnte sich ihm zuwenden, wenn der wichtigste Rivale aus dem Weg geräumt war? Bedrückt schüttelte er den Kopf. »Ich bin froh, daß er entkommen ist - und ich wäre noch viel froher, wenn er jetzt, wo das geschehen ist, nach Cheshire zurückkehren würde. Und doch - ich kann mir nicht vorstellen, daß er ein Mörder ist.«
»Überlegen wir mal gemeinsam«, schlug Cadfael vor. »Du kennst die Leute in dieser Gegend besser als ich, aber als Sioned den Prior beschuldigte, hat sie sicher so manchem Mann aus der Seele gesprochen. Wir sind hier angekommen und sofort mit Rhisiart in Streit geraten. Es kommt jetzt nicht darauf an, wer recht hatte und wer nicht. Jedenfalls war Rhisiart das einzige Hindernis, das zwischen dem Prior und dem Ziel seiner Wünsche stand. Und jetzt ist er tot - ermordet. Was wäre natürlicher, als mit dem Finger auf uns zu zeigen - auf uns alle?«
»Es wäre Blasphemie, eine solche Anschuldigung gegen so verehrungswürdige Gottesmänner auch nur zu erwägen!« rief Bened erschrocken.
»Auch Könige und Mönche sind Menschen und können der Versuchung anheimfallen. Wie stehen wir alle da, angesichts der Ereignisse dieses Tages? Bis zum Ende der Morgenmesse waren wir alle sechs beisammen. Dann saßen Prior Robert, Bruder Richard und ich mit Vater Huw im Obstgarten, während wir auf Rhisiart warteten, und später, als es regnete, im Haus. Keiner von uns vieren könnte in den Wald gegangen sein. Und Bruder John hielt sich ständig in der Nähe des Hauses auf, das kann Marared bezeugen. Der einzige, der uns für eine Weile verließ, bevor wir zur Abendandacht gingen, war Bruder Richard. Er wollte Rhisiart entgegengehen oder herausfinden, wo er geblieben ist. Um ein Uhr mittags machte er sich auf den Weg, und nach anderthalb Stunden kam er unverrichteter Dinge zurück. Er war im Wald, und danach erzählte er uns, er wäre niemandem begegnet und hätte mit niemandem gesprochen, außer mit einigen Leuten an Cadwallons Hoftor, wo er sich nach Rhisiart erkundigte. Aber sie hatten ihn nicht gesehen. Da muß es kurz vor halb drei gewesen sein. Ich muß Cadwallons Türsteher fragen, ob Bruder Richard die Wahrheit gesagt hat. Jetzt geht es noch um die restlichen zwei Mönche. Prior Robert hatte Bruder Jerome und Bruder Columbanus in die Kapelle der heiligen Winifred geschickt, wo sie um ein glückliches Ende unseres Unternehmens beten sollten. Wir alle sahen die beiden aufbrechen. Sie müssen schon längst in der Kapelle auf den Knien gelegen haben, als Rhisiart durch den Wald ging. Sie blieben dort, bis Vater Huws Bote sie holte. Jeder der beiden wird für den anderen Zeugnis ablegen.«
Bened nickte. »Das habe ich ja gesagt. Heilige Männer sind keine Mörder.«
»Außerhalb des Klosters leben ebenso viele heilige Männer wie drinnen«, erwiderte Cadfael ernsthaft. »Und außerhalb der christlichen Kirche bin ich mindestens genauso vielen guten Menschen
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