Im Namen des Todes: Roman (German Edition)
arme Mutter hat sich wirklich abgerackert, nur damit es diesem Kerl nie an etwas fehlt. Sie hat für meinen Onkel gearbeitet, in seinem Restaurant.«
» Die ermittelnden Beamten hatten den Verdacht, dass er hinter dem zweiten Bombenanschlag steckte, konnten ihn aber nie dazu vernehmen.«
» Ich habe auch immer gedacht, er hätte seine Hand dabei im Spiel gehabt. Die Gang war seine Religion, er war damals ein echter Fanatiker und sah Gewalt als Lösung für sämtliche Probleme an. Aber er war schon nicht mehr da, als es zu dem zweiten Anschlag kam. Die meisten Leute dachten, er hätte dieses Attentat geplant und in die Wege geleitet und wäre dann verschwunden, um seiner Verhaftung zu entgehen.«
Sie formte drei lange, dünne Teigrollen und Eve verfolgte fasziniert, wie sie sie zu einem dicken Zopf zusammenflocht. » Er hätte auf der Feier sein sollen, auf der die erste Bombe explodierte«, fuhr Rosa mit ruhiger Stimme fort. » Er hat immer gern getanzt. Aber er war nicht dort. Außer Joe Inez war keiner von der Führungsriege der Soldados dort. Lupe Edwards Tochter Ronni kam bei dem Anschlag um. Sie war gerade einmal sechzehn Jahre alt.«
Eve sah sie fragend an. » Sie sagen, es war ungewöhnlich, dass sich weder Lino noch Steve Chávez auf der Feier blicken lassen haben?«
» Allerdings. Wie gesagt, Lino hat immer gern getanzt, vor allem ist er gerne rumstolziert und hat sich in der Bewunderung der anderen gesonnt. Ich habe gehört, die beiden wären gerade auf dem Weg dorthin gewesen, als die Bombe explodierte. Vielleicht waren sie ja wirklich nur ein bisschen später als gewöhnlich dran. Auf jeden Fall kam Ronni bei dem Anschlag um und viele andere Jugendliche wurden zum Teil schwer verletzt. Gerüchten zufolge soll Lino das Ziel des Attentats gewesen sein, und als er kurz darauf verschwand, hieß es, er wäre abgetaucht, weil die Skulls es sicher noch einmal versuchen würden und weil er verhindern wollte, dass noch einmal unschuldige Menschen verletzt würden.« Sie verzog verächtlich das Gesicht. » Als hätte er durch sein Verschwinden eine Heldentat vollbracht.«
Wieder blickte Eve sie fragend an. » Ihrer Meinung nach anscheinend nicht.«
» Nein. Meiner Meinung nach ist er verschwunden, weil er feige war. Ich glaube, dass er das zweite Attentat befohlen hat und sichergehen wollte, dass er selbst möglichst weit weg ist, wenn die zweite Bombe explodiert.«
» Auch nach diesem Anschlag wurde niemand festgenommen.«
» Nein, aber alle wussten, dass es die Soldados waren. Wer denn sonst?«
Eve überlegte kurz und fragte dann: » Hatten Sie selbst jemals Probleme mit Lino Martinez?«
» Nein.« Sie formte einen Kreis aus dem geflochtenen Zopf, legte ihn auf einem Backblech ab und riss drei neue Streifen von dem Teig. » Aber natürlich war ich auch älter als er und meine Kinder waren noch zu jung, um als Rekruten interessant zu sein. Außerdem hat seine Mutter für meine Familie gearbeitet. Weshalb er mich und meine Kinder in Ruhe gelassen hat. Ich weiß, dass er versucht hat, ein paar der älteren Kinder für die Truppe zu gewinnen, dass ihn aber mein Großvater deswegen ins Gebet genommen hat.«
» Hector Ortiz?«
» Ja. Ich glaube, Lino hat Poppy respektiert, weil er sich etwas aufgebaut hatte und weil er stolz auf unsere Gegend war. Deshalb hat er uns in Ruhe gelassen.«
Sie hielt im Flechten des zweiten Zopfes inne, hob den Kopf und sah Eve an. » Ich verstehe nicht, warum Sie nach ihm fragen. Lino ist schon ewig nicht mehr hier. Glauben Sie, er hat etwas mit unserem angeblichen Pater Flores und mit seinem Tod zu tun?«
» Lino war der Mann, der sich als Flores ausgegeben hat.«
Rosa riss die Hände von dem Teig und stolperte einen Schritt zurück. » Oh nein. Das kann nicht sein. Ich habe ihn gekannt. Ich hätte es gemerkt. Ich habe für ihn gekocht, geputzt und…«
» Sie kannten Lino, als er siebzehn war, sind ihm damals aber möglichst aus dem Weg gegangen und hatten deswegen kaum Kontakt zu ihm.«
» Ja. Ja. Aber er kam öfter in das Restaurant, oder ich habe ihn auf der Straße gesehen. Weshalb also habe ich ihn nicht erkannt? Penny Soto! Aus der Bodega neben der Kirche. Sie war… die beiden waren…«
» Das wissen wir bereits.«
Mit plötzlich kaltem Blick wandte sich Rosa wieder ihrer Arbeit zu. » Warum hätte er in dieser Verkleidung zurückkommen sollen? Warum hätte er die ganze Zeit so tun sollen, als ob er jemand anderes ist? Aber ich kann Ihnen versprechen, dass das
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