Im Namen des Todes: Roman (German Edition)
Wache nehmen«, bot Eve lässig an. » Sieht für mich nach einem Fall von tätlichem Angriff, Ruhestörung und vor allem allgemeiner Blödheit aus. Ein paar Stunden hinter Gittern…«
Mehr brauchte sie nicht zu sagen, denn den Jungs klappten die Kinnladen bis auf die Schuhe, sie starrten sie mit großen Augen an. Nita allerdings bedachte sie erneut mit einem bitterbösen Blick, kehrte ihr dann abermals den Rücken zu und klärte sie mit kühler Stimme auf: » Es ist Sache ihrer Eltern, damit umzugehen.«
» Sicher. Also…« Eve wandte sich wieder Magda zu. » Ich suche Pater López.«
» Er ist in der Turnhalle. Marc hat mir erzählt, dass er Sie heute Vormittag getroffen hat und dass Sie gesagt haben, Sie hätten eine Spur.«
» Wir gehen verschiedenen Hinweisen nach. Wo ist die Turnhalle?«
» Gehen Sie durch die Tür da drüben, den Gang hinab und dann nach links.«
» Danke. Und ah…« Sie nickte in Richtung der Jungs. » Viel Glück.«
» Wir kommen schon zurecht.«
» Diese Nita mag anscheinend keine Cops«, bemerkte Eve, als sie neben Peabody den Gang hinunterlief.
» Entweder das oder sie hat Sie ernst genommen. Wenn ich Sie nicht kennen würde, hätte ich Ihnen das, was Sie gesagt haben, auf alle Fälle abgekauft.«
» Ich dachte, es wäre üblich, dass man Kinder, die sich wie kleine Arschlöcher benehmen, ordentlich erschreckt.«
» Nun… es ist auf alle Fälle eine Möglichkeit.«
» Haben Sie den Kleinen rechts gesehen? Der konnte ganz schön was einstecken.«
Und, erkannte Eve, als sie die Turnhalle betrat, das konnte López auch. Hinter der Mittellinie war ein tragbarer Boxring aufgebaut, und während ein paar Kinder in der Obhut zweier Frauen in kurzen Gymnastikhosen an verschiedenen Geräten turnten, tänzelte López, der zu schlabberigen, schwarzen Shorts und einem weißen T-Shirt rote Boxhandschuhe und einen schwarzen Gesichtsschutz trug, mit Marc Tuluz durch den Ring.
Und kassierte einen ordentlichen Treffer.
Eine Reihe Jugendlicher feuerte die beiden wechselweise an, neben den lauten Stimmen hörte man das Klatschen von Sohlen auf Linoleum und das Patschen wattierter Handschuhe auf nacktem Fleisch.
Beide Männer schwitzten. Auf den ersten Blick sahen sie trotz des Altersunterschieds wie gleichwertige Gegner aus, doch zu ihrer Überraschung merkte Eve, dass der Pater deutlich schneller und geschmeidiger als der Sozialarbeiter war.
Er zwang seinen Gegner auf ihn zuzugehen, tauchte zur Seite ab, ließ die Faust nach vorne schießen, tänzelte nach rechts, landete einen gezielten Haken und wich umgehend wieder zurück.
Disziplinierte Poesie in Bewegung, dachte Eve.
Weshalb genau sollte schlagen nur etwas für Schwache und für Dumme sein, überlegte sie und sah den beiden Männern weiter bis zum Gongschlag zu. Marc hatte zwei Treffer gelandet, López sechs, und als sich Marc keuchend vornüberbeugte, merkte sie, dass er total erledigt war.
» Das war ’ne nette Runde.« Sie trat näher an den Ring.
Immer noch keuchend drehte Marc sich zu ihr um. » Der Kerl bringt mich noch einmal um.«
» Sie lassen Ihre Rechte immer sinken, bevor Sie zuschlagen.«
» Das sagt er mir auch jedes Mal«, gab Marc verbittert zu. » Wollen Sie einmal Ihr Glück bei ihm versuchen?«
» Gern, aber vielleicht ein andermal. Haben Sie ein paar Minuten Zeit? Wir haben nämlich noch Fragen«, wandte sie sich dem Pater zu.
» Natürlich.«
» Vielleicht vor der Tür? Wir warten einfach draußen im Hof, okay?«
» Er ist wirklich gut gebaut«, stellte Peabody auf dem Weg nach draußen anerkennend fest. » Wer hätte gedacht, dass sich unter der Soutane ein derartiger Muskelprotz verbirgt.«
» Er hält sich eben fit. Aber irgendetwas ist im Busch. Denn unser Pater Muskelprotz sah eben nicht nur traurig, sondern richtiggehend ängstlich aus.«
» Echt? Ich schätze, seine Augen habe ich mir eben gar nicht angesehen. Vielleicht hat er inzwischen gehört, dass Flores in Wahrheit Lino war. Solche Sachen sprechen sich immer in Windeseile rum, und da er sein Vorgesetzter war, muss er wahrscheinlich erklären, warum ihm nicht aufgefallen ist, dass der Mann kein echter Priester war. Schließlich brauchen immer alle einen Sündenbock und vielleicht haben sich die Kirchenoberen ja López ausgeguckt.«
Da es auf dem Hof von Kindern wimmelte, blieb Eve direkt neben dem Ausgang des Gebäudes stehen und fragte ihre Partnerin: » Können Sie mir sagen, warum keins von diesen Blagen in der Schule ist?«
»
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