Im Namen des Todes: Roman (German Edition)
kannte ich genau wie alle anderen. Ich war damals Streifenpolizist und der Kerl war schon als achtjähriger Junge echt hart drauf. Diebstahl, Vandalismus, Sachbeschädigung, wobei es einfach um den Spaß am Zerstören ging. Seine arme Mutter hat wirklich nichts unversucht gelassen und ihn regelmäßig in die Schule und die Kirche geschleift. Als er zehn war, habe ich ihn mit Taschen voller Jazz erwischt, die Sache dann aber auf sich beruhen lassen, denn die Mutter tat mir einfach leid.«
» Kannten Sie auch Nick Soto?«
» Ein Dealer und Schläger, der sich vor allem gern an Frauen vergangen hat. Ein aalglatter Kerl, dem irgendwann jemand ein Messer zwischen die Rippen gestoßen hat. Fünfzig, sechzig Mal. Ich war für den Fall nicht zuständig, habe aber davon gehört.«
» Hat damals auch jemand die Tochter oder Lino Martinez verhört?«
Er rieb sich nachdenklich die Wange. » Ganz bestimmt. Weil Lino und die kleine Soto schließlich wirklich dicke miteinander waren. Wobei sie meiner Meinung nach noch schlimmer war als er. Wenn er was gestohlen hat, dann, weil es um die Kohle ging. Auch geprügelt hat er sich nie ohne Grund. Aber sie? Sie hat ihren Hass mit sich herumgeschleppt. Sie hat nur geklaut, um anderen was wegzunehmen, und auch geprügelt hat sie immer nur zum Spaß. Glauben Sie, die beiden haben was mit unserem damaligen Fall zu tun?«
» Ich habe Penny Soto heute in Zusammenhang mit einem anderen Fall verhört. Sie behauptet, dass ihr Vater sie ab ihrem zwölften Lebensjahr regelmäßig vergewaltigt hat. Das kam damals nicht heraus.«
» Wie gesagt, ich war für den Fall nicht zuständig. Trotzdem kenne ich ein paar Details.« Er schüttelte den Kopf. » Und wenn so was rausgekommen wäre, hätte ich das ganz bestimmt gehört.«
» Sie haben Lino nach dem Bombenattentat gesucht.«
» Er und Steve Chávez hatten damals die Führung der Soldados übernommen, obwohl der Ort des Anschlags nicht direkt auf Skull’schem Territorium lag, lag er auf alle Fälle auf umstrittenem Terrain und es trieben sich dort immer jede Menge Skulls herum. Es war eindeutig ein Racheakt. Ich weiß, dass es Soldados waren, und die Soldados hätten damals ohne Linos ausdrücklichen Befehl noch nicht mal von alleine Luft geholt. Aber Mrs Martinez erklärte uns, Lino hätte die Stadt schon zwei Tage vor dem Attentat verlassen, und das musste ich ihr glauben, oder zumindest, dass sie selber glaubte, dass ihr Sohn schon vor dem Anschlag aus New York verschwunden war.« Er schüttelte den Kopf. » Sie hat uns die Wohnung durchsuchen lassen, und wir haben nirgends auch nur eine Spur von ihm entdeckt. Bei den Nachbarn haben wir uns umgehört, aber obwohl die wenigsten von diesem Hurensohn begeistert waren, haben sie uns alle übereinstimmend erklärt, sie hätten ihn schon vor dem Attentat nicht mehr gesehen. Wir haben den Soldados Feuer unter den Ärschen gemacht, aber keinen Einzigen dazu bekommen, diese Aussage zurückzuziehen. Keinen Einzigen. Aber sie waren es, Lieutenant, Martinez und Chávez haben die Bombe damals gelegt. Das sagt mir mein Instinkt.«
» Mir meiner auch.«
» Wie sind Sie auf die beiden gekommen?«
» Dadurch, dass Lino Martinez im Leichenschauhaus liegt.«
Stuben schob sich etwas von seinem Salat zwischen die Zähne und erklärte zustimmend: » Da gehört der Kerl auch hin.«
» Was ist mit den anderen Gangs? Könnte eine von denen nach so langer Zeit ihm noch ans Leder gewollt haben?«
» Die meisten Skulls und Bloods sind tot, verschwunden oder sitzen im Kahn. Natürlich laufen ein paar von ihnen immer noch hier rum, nur ist es einfach so, dass das Feuer längst erloschen ist. Wie ist er umgekommen?«
» Haben Sie von dem Mord in St. Cristóbal gehört? An dem Kerl, der sich als Priester ausgegeben hat?«
» Das war Martinez?«
» Ja. Ergibt es für Sie irgendeinen Sinn, dass er fünf Jahre lang auf diese Art in Deckung gegangen ist?«
Stuben lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, trank einen Schluck Vanillelimonade und erklärte nachdenklich: » Er war ein gewiefter Kerl. Hatte Köpfchen und war total kaltblütig. Schon als Junge hat er seine Spuren immer gut verwischt oder jemand anderen dazu gebracht, das für ihn zu tun. Schon mit sechzehn hatte er sich eine Position in der Führungsriege seiner Gang erkämpft. Er muss irgendeinen Zweck damit verbunden haben, wenn er jahrelang auf Tauchstation gegangen ist. Irgendwas, weshalb es sich aus seiner Sicht gelohnt hat, niemandem zu sagen, dass er
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