Im Namen des Todes: Roman (German Edition)
damit der Kerl für seine Tat bezahlt. Weil ihm die Opfer wichtig waren und es noch immer sind. Ein Teil von ihm ist heute noch mit diesem Fall beschäftigt, und er hat weder die Opfer des Bombenattentats noch deren Familien je vergessen.«
» Wie viele Cops sind so wie er?«
» Leider nie genug. Aber ganz egal, was für ein Schwein Lino Martinez auch war, muss sie sich für diesen Mord verantworten. Für den Mord an Jimmy Jay Jenkins nicht, obwohl auch er deshalb gestorben ist. Denn erst ihre Tat hat seinen Mörder auf diese Idee gebracht. Sie hat… den Kiesel ins Wasser fallen lassen, der dann Kreise gezogen hat«, kam sie auf ihren vorherigen Vergleich zurück. » Wir wissen einfach nie, welche Richtung diese Kreise nehmen, deshalb muss irgendwer versuchen zu verhindern, dass sie sich immer weiter ausdehnen.«
» Er war gerade einmal sechzehn Jahre alt.« Er holte das Foto des jungen, frischgesichtigen, klaräugigen Jungen auf den Bildschirm zurück. » Die Grenze ist für mich nie so eindeutig wie für dich. Wie geht es jetzt weiter?«, fragte er.
» Jetzt rufe ich Peabody an, bestelle sie für morgen früh hierher und hole mit ihr zusammen Juanita Turner zur Vernehmung aufs Revier. Ich rufe ihre Mailbox an«, erklärte sie, als sie seine skeptische Miene sah.
» Und dann?«
» Dann gehen wir ins Bett.« Sie blickte noch einmal auf den Monitor. » Sie läuft mir schließlich nicht weg.«
In ihren Träumen sah sie Bilder eines Jungen, dem sie nie begegnet und der nur deswegen gestorben war, weil er zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen war. Das junge, frische Gesicht war blutüberströmt und die zuvor so klaren Augen waren trüb und tot.
Sie hörte, wie seine Mutter über seinem Leichnam schluchzte. Und die Totenklage dieser Frau hallte endlos in ihr nach.
Dann tauchte plötzlich Marlena– blutig, geschunden, gebrochen wie auf dem Hologramm, das Roarke ihr einmal gezeigt hatte– neben dem zerstörten Leib des toten Jungen auf.
» Wir waren beide so jung«, erklärte sie. » Wir hatten unser Leben gerade erst begonnen. Wir waren noch so jung, als man uns benutzt, zerstört und weggeworfen hat.«
Sie streckte eine Hand nach Quinto Turner aus, und während sich sein Blut über den Kirchenboden ergoss, ergriff er diese Hand und stand vorsichtig auf.
» Ich werde ihn jetzt mitnehmen«, wandte Marlena sich an Eve. » Für die Unschuldigen gibt es nämlich einen ganz besonderen Ort. Dort bringe ich ihn hin. Was hätte sie denn tun sollen?« Sie wies auf die trauernde Mutter, deren Hände voll mit dem Blut ihres Sohnes waren. » Können Sie es verhindern? Können Sie all das verhindern? Sie konnten doch nicht einmal verhindern, was mit Ihnen selbst geschehen ist.«
» Ich kann nicht alles verhindern. Aber auch Mord verhindert diese Dinge nicht. Mord ist keine Lösung.«
» Sie war seine Mutter. Sie hat es als Lösung angesehen.«
» Kein Mord wird durch einen neuen Mord geklärt. Dadurch wird das Leid nur endlos fortgesetzt.«
» Und was ist mit uns? Was ist mit mir? Niemand ist für mich eingetreten. Niemand außer Roarke.«
» Trotzdem war es keine Lösung. Er muss jetzt damit leben.«
» Genau wie Sie. Und jetzt verlängern Sie Juanitas Leid, weil es das Gesetz verlangt. Damit müssen Sie leben.« Marlena hielt Quinto noch immer bei der Hand und führte ihn sanft aus dem Raum.
Eve starrte auf die Blutlachen am Boden, starrte auf die Kreise, die sie zogen…
…und sah hilflos mit an, wie sie sich immer weiter ausdehnten.
Beim Aufwachen war sie gereizt. Sie verspürte nicht dieselbe Energie wie sonst, wenn sie kurz vor dem Abschluss eines Falles stand. Inzwischen hatte sie die Antworten auf beinahe alle Fragen, sah das Muster deutlich vor sich, wusste und akzeptierte, was sie machen müsste.
Doch die wenigen Stunden unruhigen Schlafs und das Wissen, was ihr bevorstand, hatten ihr dumpfe Kopfschmerzen beschert.
» Nimm eine Tablette«, meinte Roarke. » Ich sehe, dass du Kopfweh hast.«
» Hast du etwa inzwischen einen Röntgenblick entwickelt, Super-Roarke?«
» Du brauchst gar nicht zu versuchen, einen Streit mit mir vom Zaun zu brechen.« Er stand auf und ging in Richtung Bad. » Denn ich gehe ganz bestimmt nicht darauf ein. Schließlich geht es dir auch so schon schlecht genug.«
» Ich will keine verdammte Tablette«, maulte sie.
Er kam mit einer Pille aus dem Bad zurück und baute sich damit vor ihr auf, während sie sich ihr Waffenhalfter über die Schulter schob. » Entweder du
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