Im Namen des Todes: Roman (German Edition)
so viel wie Ihr Priester.«
» Trotzdem hat es schnell gewirkt. Wäre das auch der Fall gewesen, wenn es auf die verschiedenen Wasserflaschen verteilt gewesen wäre und er es langsam zu sich genommen hätte, sagen wir, im Verlauf von einer Stunde oder so?«
» Dann hätte er sich schlecht gefühlt– schwach, schwindlig, kurzatmig.«
» Er hat es also alles auf einmal geschluckt. Dann scheinen die ersten beiden Flaschen, die er auf der Bühne ausgetrunken hat, sauber gewesen zu sein. Weil es dem Täter um das richtige Timing ging. Die dritte Flasche hat er sich kurz vor der Pause an den Hals gesetzt. Da war der Saal am Kochen und er war in vollem Schwung. Hat gepredigt und geschwitzt und seine Jacke abgelegt. Das gehörte zur Routine, denn das hat das Publikum geliebt. Der Täter durfte nicht riskieren, dass er das Zeug erst nach der Pause trinkt«, sagte Eve halb zu sich selbst. » Er durfte nicht riskieren, dass jemand anderes aus der Flasche trinkt oder jemand die Flasche gegen eine andere tauscht. Deshalb musste es vor der Pause passieren, während er noch ganz alleine auf der Bühne war. Und um die größte Wirkung zu erziehen, kurz bevor die erste Halbzeit vorüber war.«
» Die Tochter hat die Flaschen für ihn hingestellt«, warf Peabody ein.
» Ja. Ja. Aber was heißt das schon?« Eve wandte sich von dem Toten ab. » Schließlich braucht man, um die Flaschen auszutauschen, nur einmal kurz über die Bühne zu gehen. Alle sind es gewohnt, einen dort zu sehen, weil man sich um tausend Einzelheiten kümmert und ständig in Jenkins’ Nähe ist. Wer also würde schon von einem wissen wollen, was man da oben auf der Bühne macht? Kein Schwein. Man guckt einfach nach dem Wasser, weiter nichts. Prüft, ob die Deckel lose genug für den guten alten Jimmy sind. Wobei man das Gift in eine der Flaschen kippt.«
Sie baute sich wieder vor dem Toten auf. » Das Wasser stand auf dem Tisch direkt hinter dem Vorhang«, erinnerte sie sich. » Deshalb wäre es am cleversten, das Gift hineinzukippen, während die Sängerinnen bereits vorne auf der Bühne vor dem Vorhang stehen und das Opfer und die meisten anderen in ihren Garderoben sind. Es dauert eine Minute, länger nicht. Man sprüht sich die Hände ein oder benutzt dünne Handschuhe wie die von einem Arzt. Ich wette, dass ein Arzt bei dieser Truppe ist. Clever, wirklich clever. Aber vielleicht trotzdem dumm genug, um das Versiegelungsspray oder die Handschuhe sowie die leere Giftflasche in einem der Recycler der Arena zu entsorgen. Warum denn wohl auch nicht? Schließlich würden diese Dinge nur beweisen, was wir sowieso rausfinden sollen. Dass jemand Jenkins vergiftet hat.«
Morris lächelte sie an. » Da Reverend Jenkins und ich inzwischen intime Bekannte sind und Sie zu wissen scheinen, wer den armen Mann vergiftet hat, klären Sie mich doch bitte auf.«
» Sein Name ist Billy Crocker. Am besten spreche ich jetzt gleich noch einmal mit diesem Mann.«
11
Sie trafen Billy in der Park Avenue an. Die hübsche, brünette Frau, die ihnen öffnete, wirkte erschöpft und überrascht. » Detective Peabody. Gibt es… haben Sie irgendwelche Neuigkeiten?«, fragte sie.
» Nein, Ma’am. Lieutenant Dallas, dies ist Merna Baker, die Kinderfrau.«
» Oh, hallo. Tut mir leid, als ich Sie auf dem Überwachungsbildschirm sah, dachte ich… bitte, kommen Sie doch rein.«
Der Flur war kurz und breit und verengte sich zu einem Gang, der das Haus in zwei Hälften zu teilen schien. Merna trug einen wadenlangen, dunklen Rock zu einer blauen Bluse, und ihr kurzes Haar rahmte ein Gesicht, das bar jeder Schminke war.
Sie war bestimmt nicht Jenkins’ Typ, dachte Eve.
» Man sagte uns, dass Mr Crocker hier bei Ihnen ist«, setzte sie an. » Wir würden gerne mit ihm sprechen.«
» Oh. Ja, er ist hier. Er ist hinten bei Jolene und ein paar anderen Mitgliedern der Familie. Wir… es ist für uns alle ein schwerer Tag.«
» Wir werden versuchen, es Ihnen nicht noch schwerer zu machen.«
» Ja, natürlich. Wenn Sie bitte einen Augenblick hier warten würden…«
Sie ging den Gang hinab, klopfte an eine Tür, und als geöffnet wurde, sprach sie mit einer leisen Stimme, die nicht zu verstehen war. Jolenes schrille Antwort aber drang bis nach vorne in den Flur.
» Die Polizei? Wissen sie, was mit meinem Jimmy passiert ist? Haben sie…«
Eilig kam sie in den Flur. Sie trug einen langen, pinkfarbenen Morgenrock und ihr wirres, blondes Haar wippte um ihren Kopf. Ihre Füße waren
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