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Im Netz des Teufels

Im Netz des Teufels

Titel: Im Netz des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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ihre Hände verrieten, dass sie wahrscheinlich älter war.
    »Kann ich Ihnen etwas mitbringen?«
    Das Flugzeug war vor zwei Stunden gestartet. Die Crew hatte ihnen ein Menü serviert und das Licht gedimmt.
    Aleks schaute sich in der Club-World-Kabine der großen, leistungsstarken Boeing 747–400 um. Die Klassenunterschiede waren ihm nur allzu gut bekannt. Eine kleine Gruppe Passagiere hatte in Heathrow in einer getrennten Schlange gestanden und war schnell abgefertigt worden. Diese wenigen Auserwählten, die an Bord mit einem warmen Handtuch und einem Glas Champagner begrüßt worden waren, schauten einander in stummem Einverständnis an. Sie wussten, dass sie zusammengehörten und den anderen, die in der Bretterklasse reisten, alles in allem überlegen waren.
    Aleks wandte der Frau wieder den Blick zu. Sie war keine Flugbegleiterin, sondern eine Mitreisende. »Wie bitte?«
    Sie zeigte über ihre Schulter und sagte leise: »Aus der Küche. Club-World-Passagiere haben Zugang zur Küche, verstehen Sie. Möchten Sie vielleicht ein Glas Saft oder Wein?« Sie hielt ihr leeres Glas hoch.
    Was für eine Welt , dachte Aleks. Eine eigene Küche im Flugzeug. »Nein, danke. Ich brauche nichts.«
    Die Frau spähte auf den Sitz neben Aleks. In der Businessclass waren die Sitze so nebeneinander angeordnet, dass man sich schräg gegenübersaß und die Beine ausstrecken konnte. Die Sitze konnte man in Betten verwandeln und in Dutzende verschiedene Positionen verstellen. Der Platz neben Aleks war frei. Die Frau wollte sich offenbar neben ihn setzen und mit ihm plaudern.
    »Ich heiße Jilliane«, sagte sie und reichte ihm die Hand.
    Aleks lächelte gekünstelt. Er reiste unter dem Decknamen einer seiner drei Reisepässe. Diesmal hieß er Jorgen Petterson. Er stellte sich vor und achtete darauf, mit nordischem Akzent zu sprechen.
    »Meine Freunde nennen mich George«, fügte Aleks hinzu. Als feststand, dass er die Frau so schnell nicht wieder loswurde, wies er auf den Platz neben sich. Bevor sie sich hinsetzte, nahm sie den kleinen Stapel Papiere weg, den Aleks dorthingelegt hatte. Er hatte vorgehabt, sie in die Reisetasche zu stecken, doch er musste wohl eingedöst sein.
    Jilliane nahm lächelnd Platz. Trotz des Dämmerlichtes sah Aleks ihre gleichmäßigen weißen Zähne, die Grübchen und die makellose Haut. Sie schaute sich in der Kabine um.
    »Ziemlich nobel alles, nicht wahr?«, sagte sie. Aleks roch, dass sie Alkohol getrunken hatte.
    »Ja.«
    Sie klopfte mit ihrem manikürten Fingernagel gegen das Weinglas. Vielleicht suchte sie einen Aufhänger für ein Gespräch. »Fliegen Sie oft nach New York, George?«
    Fragen , dachte Aleks. Er musste vorsichtig sein. Wenn er sagte, er würde oft nach New York fliegen, würden weitere Fragen folgen. »Ich fliege zum ersten Mal nach New York.«
    Jilliane nickte. »Ich erinnere mich noch gut daran, als ich zum ersten Mal dort war. Es war überwältigend. Jetzt lebe ich dort, aber ich bin in Indiana aufgewachsen.«
    »Ah, ich verstehe.« Aleks bedauerte schon, ihr den Platz angeboten zu haben.
    Plötzlich zeigte Jilliane auf den Ausklapptisch neben Aleks’ Sitz. »Was ist das?«, fragte sie.
    Sie meinte die beiden Eier aus Marmor, die dort lagen und die Größe gewöhnlicher Hühnereier hatten. Die kunstvoll gravierten Bilder darauf stellten die alte russische Legende eines Eis in einer Ente in einem Hasen dar, die Fabel von Koschtschei, dem Unsterblichen. Aleks hatte sie in Kaliningrad anfertigen lassen und vergessen, sie wieder in die Tasche zu stecken. Es wäre ihm lieber gewesen, die Frau hätte sie nicht gesehen. Das war ein Fehler.
    »Sie sind für meine geliebten Brorsdotter «, sagte er. »Zu Ostern.«
    Jilliane schaute ihn verwirrt an.
    »Verzeihung«, sagte Aleks. »Sie sind für meine Nichten. Ich komme aus Karlskrona. Das ist eine Stadt im Südosten von Schweden.«
    Ein wenig verwirrt nahm Jilliane eines der Eier in die Hand. Dann legte sie es wieder hin und schnitt ein anderes Thema an. »Mögen Sie Musik, George?«
    »Sehr«, erwiderte Aleks. »Ich spiele selbst ein wenig.«
    Ihre Augen leuchteten auf. »Tatsächlich? Was spielen Sie denn?«
    Aleks winkte bescheiden ab. »Mein Instrument ist die Flöte, aber von Gaubert und Barrère trennen mich Welten.«
    »Ich wette, Sie sind genauso gut wie diese Typen.«
    Diese Typen . Aleks reagierte nicht darauf.
    »Wie sieht es mit Jazz aus?«
    »Ich bin ein großer Fan«, sagte Aleks. »Chet Baker, Charlie Parker, Oscar Peterson. Für

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