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Im Netz des Teufels

Im Netz des Teufels

Titel: Im Netz des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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Welt der Akademiker und der angewandten Wissenschaft aufgewachsen. Herbst in New England, Sommer in North Carolina, und mindestens drei Geburtstage hatte sie in Washington D. C. gefeiert.
    James lernte sie auf einer Uni-Party am Smith College kennen. Er gehörte zu den jüngeren Dozenten, und sie strebte, nachdem sie ihren Bachelor bereits in der Tasche hatte, den Master in Sozialarbeit an. Zuerst erschien er ihr zu intellektuell und ein wenig zu passiv, doch nach dem dritten Date entdeckte sie seinen Charme und verliebte sich in diesen ruhigen jungen Mann aus Wooster, Ohio. Ein Jahr später heirateten sie. Sie hätten beide insgeheim zugegeben, dass während der ersten Verliebtheit und in ihrer Ehe nicht das Feuer großer Leidenschaft brannte. Auch die Tatsache, dass sie keine Kinder bekamen, rief Traurigkeit und Enttäuschung hervor. Dennoch arrangierten sie sich beide mit den Gegebenheiten und behaupteten, zufrieden zu sein.
    Und dann beschlossen sie nach achtzehn Ehejahren, die beiden kleinen Mädchen aus Usbekistan zu adoptieren. Als die Zwillinge in ihr Leben platzten, führte dieses Ereignis zu einer Bestätigung – vielleicht sogar zur eigentlichen Entdeckung – ihrer Liebe zueinander. Das Leben war schön.
    Bis zu diesem Augenblick.
    James ging langsam auf den Tisch in der Essecke zu, zog einen Stuhl hervor und ließ sich darauf sinken, als wäre er schwerelos. Er hatte noch keinen Schluck von seinem Bourbon getrunken.
    Sondra nahm gegenüber von ihrem Mann Platz. Ihre Hände begannen zu zittern. Sie legte sie in den Schoß. »Gestern Nacht ist etwas passiert«, sagte sie.
    James starrte sie an. Aus irgendeinem Grund fiel Sondra auf, dass er am Morgen beim Rasieren am Hals ein paar Bartstoppeln übersehen hatte.
    Obwohl sie sich gut auf das Gespräch vorbereitet hatte, sprudelten die Worte jetzt einfach aus ihr heraus. Sie erzählte ihm, dass sie gerade dabei gewesen sei, die Wäsche zu sortieren und die Handtücher in den Wäscheschrank auf dem Treppenabsatz zu legen. In diesem Augenblick habe sie an ihren geplanten Ausflug nach Colonial Williamsburg gedacht und sich gefragt, ob es den Mädchen gefallen würde. Es waren aufgeweckte, wissbegierige Kinder. Wenn es um die Entscheidung ging, einen Ausflug ins Walt Disney World Resort zu machen oder einen historischen Ort zu besuchen, fiel ihnen die Wahl nicht schwer.
    Als sie die Tür zum Kinderzimmer öffnete, stockte ihr der Atem. Die Mädchen schliefen, das Nachtlicht war eingeschaltet, und alles stand da, wo es immer stand. Es war fast alles wie immer.
    »In ihrem Zimmer stand ein Mann«, sagte Sondra.
    James sah aus, als hätte ihm jemand eine Faust in den Magen geschlagen. »Mein Gott!«, murmelte er und stand auf, doch es sah so aus, als würden seine Füße ihn nicht tragen. Er sank wieder zurück auf den Stuhl und wurde kreidebleich. »Er hat doch nicht ...?«
    »Nein. Ich hab doch gesagt, den Mädchen geht es gut. Mir auch.«
    Sondra erzählte James, was der Mann gesagt hatte und dass er sich wie ein Nachtgespenst durchs Fenster davongestohlen habe. Gerade stand er noch da, und im nächsten Augenblick war er verschwunden. Und dann sprach sie mit James über das, was sie in den Nachrichten gehört hatte. Der russische Anwalt war tot. Ihr russischer Anwalt. In seinem Büro ermordet. Und es sah so aus, als wären Akten gestohlen worden.
    Sondra kam es so vor, als würde James eine Ewigkeit schweigen. In Wahrheit verging aber nur eine Minute, bis er sagte: »Oh nein!«
    »Ich muss die Polizei anrufen«, sagte Sondra. Diese fünf Wörter hatte sie den ganzen Tag einstudiert und über unzählige Varianten dieses Satzes nachgedacht. Nachdem sie ihn nun endlich gesagt hatte, war sie unglaublich erleichtert. Gleichzeitig fragte sie sich, ob sie gerade Englisch oder Laotisch gesprochen hatte.
    Als Sondra Savang Arsenault kurz darauf den Hörer abnahm, saß ihr Mann noch immer am Tisch und hatte seinen Drink nicht angerührt.
    Im Hintergrund blubberte die Kaffeemaschine.

31. Kapitel

    Michael schätzte Kolya auf etwa dreiundzwanzig. Er war ein kleiner, stämmiger, kräftig gebauter Mann, der mit Sicherheit Krafttraining machte. Michael war fast einen Kopf größer als er, und sie hatten vermutlich dasselbe Gewicht, doch da endeten auch die Gemeinsamkeiten.
    Der Mann hatte eine Waffe.
    Sie fuhren auf dem Long Island Expressway Richtung Osten. Michael musste den Wagen steuern, und Kolya saß neben ihm.
    Michael dachte an Viktor Harkovs Leichnam. In den letzten

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