Im Netz des Teufels
Wand, auf die ledergebundenen Bände mit den Gesetzestexten und den Kommentaren. All das, was ihm immer als Lösung für alles erschienen war, die Dinge, an die er von ganzem Herzen glaubte, waren jetzt nur noch Papier und Tinte. In all diesen Büchern stand nichts, was ihm nun helfen konnte.
Ehe er entscheiden konnte, was er jetzt tun würde, klingelte sein Handy. Michael zuckte zusammen, nahm das Handy in die Hand und schaute aufs Display.
Unbekannte Nummer.
Mit klopfendem Herzen klappte er das Handy auf und meldete sich. »Michael Roman.«
»Wie lief die Verhandlung?«
Das war der Mann, der seine Familie gefangen hielt. Der Mann namens Aleks.
»Lassen Sie mich bitte mit meiner Frau sprechen.«
»Alles zu seiner Zeit. Sind Sie in dem neuen Büro? Das Büro, in dem die Rechtshilfe eingerichtet werden soll?«
Das war eine Frage , dachte Michael. Vielleicht wurde er gar nicht beobachtet. Er schaute aus dem Fenster. Die ganze Newark Street war zugeparkt. In keinem Wagen schien jemand zu sitzen.
»Hören Sie. Ich weiß nicht, was Sie wollen und um was es hier geht«, begann Michael, um irgendetwas zu sagen. Er wusste, dass er reden und versuchen musste, diesen Mann in ein Gespräch zu verwickeln. »Sie scheinen viel über mich zu wissen. Sie wissen, dass ich Staatsanwalt bin. Ich bin mit dem Polizeipräsidenten und vielen Leuten im Bürgermeisteramt befreundet. Wenn es nur um Geld geht, sagen Sie es mir. Wir finden bestimmt eine Lösung.«
Michael hörte, dass der Mann tief Luft holte. »Es geht nicht um Geld.«
Diese Worte waren irgendwie noch beunruhigender als das, was Michael erwartet hatte. »Und um was geht es dann?«
»Das erfahren Sie bald«, sagte er nach einem Moment des Schweigens.
Michael wurde wütend. »Das reicht mir nicht«, platzte es aus ihm heraus, ehe er es verhindern konnte.
Wütend klappte er das Handy zu und bereute es sofort. Hastig klappte er es wieder auf, doch die Verbindung war abgebrochen. Er musste sich wahnsinnig zusammenreißen, um das Handy nicht an die Wand zu schmettern. Hektisch wanderte sein Blick durch das Büro, während er angestrengt nachdachte, wie er sich jetzt verhalten sollte. Das, was geschehen war, konnte er nicht rückgängig machen. Jede falsche Reaktion konnte zu einer Katastrophe führen und seiner Frau und seinen Töchtern das Leben kosten.
Geh zur Polizei, Michael.
Tu es!
Er nahm seine Schlüssel und ging auf die Tür zu.
Als er auf dem Treppenabsatz um die Ecke bog, sah er unten an der Treppe einen Schatten. Jemand blockierte ihm den Weg.
Jetzt wurde ihm alles klar. Es hatte ihm die ganze Zeit keine Ruhe gelassen. Nick St. Cyr hatte Michael erzählt, dass Edgar Rollins & Sohn ein Ein-Mann-Betrieb war, denn Edgar Rollins’ Sohn war 2007 von einem Betrunkenen überfahren worden und bei dem Unfall ums Leben gekommen. Der alte Mann brachte es nicht übers Herz, den Namen seines Sohnes aus dem Firmennamen zu streichen. St. Cyr hatte den alten Mann bei dem Prozess gegen den Betrunkenen vertreten.
Der Mann, der sich »Bobby Rollins« nannte, war gar kein Anstreicher. Jetzt stand er vor der Tür, die zur Straße führte. Den Maleroverall hatte er abgelegt, die Kappe abgenommen und den Latexhandschuh abgestreift.
Er richtete eine Waffe auf Michaels Kopf.
In der anderen Hand hielt er ein Handy, das er Michael reichte. Im ersten Augenblick war Michael wie erstarrt. Doch diese irrsinnige Situation zwang ihn, auf den Mann zuzugehen. Er nahm das Handy und presste es ans Ohr.
»Sein Name ist Kolya«, sagte Aleks. »Er will Ihnen nichts antun, das wird er aber, wenn ich es ihm befehle. Sein Vater war Unteroffizier bei der russischen Armee, ein teuflischer Kerl. Ein richtiger Psychopath. Es besteht für mich kein Grund zu der Annahme, dass der Apfel weit vom Stamm gefallen ist. Verstehen Sie?«
Michael warf Kolya schnell einen Blick zu. Der junge Mann ließ die Waffe ein Stück sinken und lehnte sich gegen den Türpfosten. Michael atmete tief ein. »Ja.«
»Freut mich sehr, das zu hören. Sie brauchen sich übrigens keine Sorgen zu machen. Ihrer Frau und Ihren Adoptivtöchtern geht es gut. Das wird auch so bleiben, solange Sie tun, was ich sage.«
Ihre Adoptivtöchter , dachte Michael.
»Kann ich bitte mit meiner Frau sprechen?«
»Nein.«
Michael fragte sich, was mit dem richtigen Anstreicher passiert war. Als er sich die verschiedenen Möglichkeiten vor Augen führte, lief es ihm kalt den Rücken herunter. Er versuchte, sich zu beruhigen, und sagte
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