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Im Netz des Verbrechens

Im Netz des Verbrechens

Titel: Im Netz des Verbrechens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga A. Krouk
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Versuch war es wert.
    Der Barkeeper umkrallte den Shaker, sodass die Knöchel weiß hervortraten. Die Kiefermuskeln spannten sich an, jetzt wirkte er alles andere als feminin. Er goss den Cocktail ein und schob das Glas ihr entgegen. »Hab zu tun«, murrte er und verdrückte sich an das andere Ende der Bar. Er hatte noch nicht einmal kassiert.
    »Warte! Und Sneschana? Hat sie gearbeitet hier?«, rief sie ihm durch das Wummern der Musik in ihrem Kopf, doch er beachtete sie nicht.
    Neben ihr wandte sich ein Typ zu ihr, stützte sich lässig mit dem Ellbogen am Tresen ab und neigte den Kopf. »Sneschana war der Hammer. Eine Frau wie Eis. Großartige Show. Schlimm, was ihr zugestoßen ist. Bist du öfter hier?«
    Juna drehte sich weg. Wir trauern um unsere Tochter und Schwester … War Sneschana tatsächlich Leahs Schwester? War Leah irgendwo hier?
    »Hey«, raunte es in ihren Nacken. »Ich geb dir einen aus. Was sagst du?«
    »Auf Wiedersehen.«
    Sie rutschte vom Hocker und kämpfte sich durch die Menge, ohne recht zu wissen, wo sie mit ihrer Suche anfangen sollte. Mit etwas Glück würde es ihr gelingen, jemanden von der Bedienung etwas subtiler nach Sneschana und vielleicht Leah auszufragen. Sie bemühte sich darum, ihren Rock zwischen den Menschenleibern hindurchzuzwängen, und fühlte sich ein bisschen wie Zuckerwatte am Stock auf einer Kirmes. Die oberste Schicht aus schwarzer Spitze war bereits angerissen. Wo war Leah? Sie konnte sie nirgends entdecken, ließ sich von der Menge hin und her schieben, wandte sich immer wieder um, und fand doch kein vertrautes Gesicht. Am besten, sie kehrte zurück zur Bar. Sie könnte abwarten, bis der Barkeeper Feierabend hatte, ihm nach draußen folgen und ihn auf der Straße in Ruhe ausfragen. Ohne Hektik, Stimmengewirr und laute Musik. Er wusste etwas, ganz bestimmt.
    »Hallo, Juna«, tönte plötzlich eine Stimme hinter ihr, laut, um den neu aufgelegten Song zu übertönen, russisch, gänsehautrussisch. »Was für eine Überraschung, dich hier zu sehen.«
    Juna fuhr herum. Sofern es ihr Kleid und die Menschen um sie herum erlaubten. Die Nähte ratschten und die oberste Schicht beschloss, sich endgültig zu verabschieden.
    »Juna?«
    Nein. Unmöglich. In ihrem Kopf stockte und bockte ein uraltes Lied mit der monotonen Stimme von Nautilus Pompilius, einer Gruppe, die ihre Mutter noch auf Vinylplatten gehört hatte. Ein seltsames Lied, das ultimative Wahrheiten über einen gewissen Alain Delon verbreitete.
    »Juna. Erkennst du mich nicht wieder?«
    Diese zwei Falten, die über seiner Nasenwurzel erschienen, sobald er die Augenbrauen zusammenzog, das verwuschelte Haar, die rauchgrauen Augen.
    »Paschik!«, stammelte sie. Natürlich würde sie ihn überall erkennen, auch hier, mitten in … Deutschland.
    »Hier nennt man mich Pawel.« Mit zwei Fingern zog er die Perücke von ihrem Kopf. »Heute ist wohl mein Glückstag!«

11
    Er führte sie in sein Büro im zweiten Stock, wo sie sich auf ein schwarzes Ledersofa setzte. Leise grummelnd senkten sich die mechanischen Außenjalousien und schirmten das Büro von den Feierlichkeiten im Club ab. Das sanfte Licht tat gut – und lullte sie ein wenig ein. Sie ermahnte sich dazu, wachsam zu bleiben. Argwöhnisch beobachtete sie, wie Paschik unruhig durch den Raum streifte und sich sein dunkelblondes Haar an der rechten Seite immer wieder hinter das Ohr schob. Jedes Mal, wenn er sie ansah, fühlte sie seinen Blick auf ihrem Körper, doch sobald sie zu ihm aufschaute, wich er ihr aus.
    »Dein Club, also?«, sagte sie, um dieses nervöse Schweigen zwischen ihnen zu brechen.
    »Ja.« Er kam an den schwarz-rot verglasten Schrank zu seiner Rechten und schob eine der Schiebetüren beiseite. Etwas fiepte. Juna reckte den Hals – und sah einen Glaskasten, in dem sich ein Fellknäuel, offenbar ein Meerschweinchen, in die hintere Ecke drängte.
    Beim Anblick des Tieres wurde ihr eng ums Herz. Sie dachte an Zdenka, die sich in der Baracke genauso in eine Ecke gedrängt hatte. An Pyschka, die vielleicht noch immer irgendwo auf Hilfe wartete. Jetzt musste sie einen klaren Kopf bewahren, wenn sie tatsächlich irgendjemandem helfen wollte.
    Paschik holte Gläser, eine Flasche Macallan-Whisky und schenkte großzügig ein. Anscheinend musste er sich stärken, bevor er mit ihr sprechen konnte. Wie damals in Russland.
    Sie ergriff die Initiative. »Und, wie laufen die Geschäfte?« Sie schmunzelte, als sie an Nick denken musste, doch dies war nicht der Ort

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